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«Chernobyl» von HBO und Sky: Verstörend.

Es ist klar, worum es geht bei diesem Titel: um den 26. April 1986. Um den Tag, an dem sich eine der größten Nuklearkatastrophen aller Zeiten ereignete. Über die erste gemeinsame Serienproduktion von HBO und Sky.

Cast & Crew «Chernobyl»

  • Idee und Drehbuch: Craig Mazin
  • Darsteller: Jared Harris, Stellan Skarsgård, Emily Watson u.a.
  • Regie: Johan Renck
  • Produktion: Sister Pictures, The Might Mint für HBO und Sky
  • Folgen: 5 (je ca. 60 Min.)
Das Gift schlummert weiter. Noch 2016 wurde radioaktives Cäsium nachgewiesen, in vielen Pilzarten in Süddeutschland. Die Ursache: Radioaktiver Regen, kurz nach der Katastrophe von 1986. Klar, es geht um Tschernobyl, um den Reaktorunfall am 27. April desselben Jahres, besser gesagt: um den Super-GAU, der in Folge tausende Todesopfer forderte.

Interessanterweise nahmen sich vergleichsweise wenige Medienstoffe dieses Themas an, ein paar Spielfilme, aber keine Serie. Vielleicht, weil diese Katastrophe keine plakativen Bilder kennt, keine einstürzenden Zwillingstürme oder lodernde Ölbohrinseln, die stundenlang in jedem Nachrichtensender der Welt ins kollektive Gedächtnis der Menschheit gebrannt wurden. Nein, die Katastrophe von Tschernobyl kam schleichend mit dem unsichtbaren Gift, der Radioaktivität. Die desaströsen Folgen des Reaktorunfalls konnte man kaum schnell absehen, erst schleichend begriff die Welt, was sich dort ereignet hatte. Und wie gefährlich dieser Unfall nachwirkt.

Insofern steht die Serie «Chernobyl» vor der großen Herausforderung, das kriechende Grauen ausgehend vom 26. April 1986 in Bilder zu pressen – und in Worte. Und in Charaktere. Es sind symbolische Bilder, die dieses Grauen verdeutlichen sollen, bereits in Folge eins: Da stehen ein paar Bewohner von Prypjat an einer Brücke, es ist Nacht, sie alle schauen in die Ferne auf die Flammen am Horizont. Es sind die Flammen des Kernkraftwerks von Tschernobyl. Rauchwolken liegen über der Stadt, Ascheflocken rieseln im Laternenlicht auf die faszinierten Schaulustigen herab. Und Regen. „Die Luft glüht“, sagt einer. Es ist eine von vielen extrem verstörenden Szenen, die «Chernobyl» liefert, ein Kunstwerk, das Schock und Schönheit in diesem Moment skurril verbindet. Denn wir alle wissen, dass die Schaulustigen dort gerade ihren Tod einatmen. Prypjat ist heute eine Geisterstadt. Einwohnerzahl: null.

«Chernobyl» von HBO und Sky: Wissenschaft gegen Politik


Die Serie betrachtet das Schauspiel aus verschiedenen Perspektiven: im klassischen Hollywood-Stil aus der Perspektive der vermeintlichen „Helden“, der Leute, die im Inneren des Reaktors das Ausmaß der Katastrophe ergründen. Um Verschüttete, die in Trümmern ihre letzten Stunden erleben. Aber auch aus der Perspektive der Entscheider, derjenigen, die den Unfall anfangs herunterspielen. Die die Öffentlichkeit täuschen und nur sich selbst retten wollen. Es geht auch viel um Politik, Russlands Präsident Michail Gorbatschow mittendrin. Um sehr viel Politik sogar. Es geht abstrakt auch um den Konflikt zwischen schonungsloser Wahrheit und Lügen-Regime – in Form eines unabhängigen Wissenschaftlers, der die Erkenntnisse seiner Forschungen als Leiter des Tschernobyl-Untersuchungskommitees in die Öffentlichkeit tragen will. Und in Form staatlicher Politiker aus Russland und dem Westen, die die Katastrophe unbedingt verharmlosen wollen.

Genau dieser Konflikt bildet die Basis für den roten Story-Faden von «Chernobyl». Viele Bilder wirken wie aus einer alternativen Realität oder aus einer düsteren Zukunft, andererseits sind die Ereignisse in den Hinterzimmern angesichts von Fake-News und undurchschaubaren Präsidenten bestimmter Weltmächte aktueller denn je: Verschiedene Wahrheiten prallen heute wieder aufeinander.

Die erste HBO-Produktion, die in Kooperation mit Sky entsteht, brennt die Nuklearkatastrophe auf verstörendste Weise wieder in unser Gedächtnis. Das liegt an den großartigen Schauspielern, die uns diese ferne Welt aus alten Zeiten authentisch näher bringen. Aber zuallererst an den Bildern, die Regisseur Johan Renck hier umsetzt. Nirgends hat man radioaktiven Regen schöner betrachten können als hier. Und nirgends verstörender.

Die Serie «Chernobyl» läuft seit dem 14. Mai 2019 auf Sky Atlantic.
17.05.2019 10:23 Uhr Kurz-URL: qmde.de/109399
Jan Schlüter

super
schade

96 %
4 %

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Tags

Chernobyl

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Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Kingsdale
17.05.2019 18:01 Uhr 1
Ich habe die erste Folge gesehen und sie ist tatsächlich sehr Verstörend. Das die Verantwortlichen nicht verstanden haben, was da passierte und wie es verharmlost wurde ist Erschreckend. Ich weiss nicht, wohin sich die Serie bewegt, ein Happy End wird es nicht geben und bestimmt auch keine weitere Staffel. Aber ich werde sie weiterschauen und interessant ist sie allemal. Mehr kann ich bisher nicht dazu sagen.
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