Die zuerst mystisch angehauchte Geschichte um Ophelia-gleiche Frauenleichen im Schwarzwald degeneriert mit einem kruden Nachkriegsplot bald zur plakativen Geschichtsklitterei.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Jessica Schwarz als Maris Bächle
Max von Thun als Konrad Diener
Nadja Bobyleva als Bernadette Ramsperger
David Zimmerschied als Andreas Zollner
Rüdiger Vogler als Hans Katrein
Roeland Wiesnekker als Achim Brugger
Rike Schmid als Claudia Diener
Hinter der Kamera:
Produktion: all-in-production GmbH
Drehbuch: Anna Tebbe
Regie: Marcus O. Rosenmüller
Kamera: Stefan Spreer
Produzentin: Annette ReekerEne mene muh: So hat der kleine Hans Katrein in den ersten Tagen nach dem Einmarsch der französischen Truppen im Schwarzwalddorf Klosterbach in einem ranzigen Verschlag mit verbundenen Augen die Frauen aussuchen müssen, die die dezimierte Nazi-Elite des Ortes den Franzosen (und sich) zum Vergewaltigen und Abmurksen präsentierte. Unter den Opfern waren auch die im schwäbischen Inzestdorf verhasste „kleine Baronesse aus Pommern“, die schon von den Russen vergewaltigt worden war („Dann weiß sie ja, wie’s geht!“), und (mutmaßlich) die Elsässer Zwangsarbeiterin, die aus Mangel an reichsdeutschen Alternativen den Schulbetrieb auch in Zeiten des allgemeinen Zusammenbruchs aufrechterhalten sollte.
Heute, über siebzig Jahre später, kommt in der Schwarzwaldgemeinde wieder ein Haufen junger Frauen zu Tode. Katrein (Rüdiger Vogler), mittlerweile ein gutmütiger steinalter Mann und Theologieprofessor, scheint zu wissen, was vor sich geht, doch er schweigt und versucht im Stillen, irgendwie das Schlimmste zu verhindern.
Die Ophelia-gleich im See aufgefundenen Frauenleichen wecken derweil bei Ermittlerin Maris Bächlein (Jessica Schwarz) Erinnerungen an alte Schwarzwälder Sagen. Auch ihre Figur wird mit einer üppigen Backstory ausgestattet: Sie war vor Jahrzehnten als traumatisiertes Findelkind in den Ort gekommen, hatte lange Zeit nicht mehr gesprochen und noch heute plagen sie die seltsamsten Albträume. Dass ein Stück Katharsis im Fall der dahingemordeten Frauen wartet, ist den perfekt ineinander greifenden Zufällen geschuldet, die diesem Film seinen Rhythmus geben.
Die erst ausladend aufgebaute Mystik bleibt derweil Kulisse; ebenso die Rückgriffe in die unmittelbare Nachkriegszeit, die sich nicht in einer historischen Dimension würdigen lassen wollen: Die französischen Befreier sind im Schwarzwalddorf größtenteils viehische Scheusale, die den NS-Verbrechern in ihrer schier bestialischen Brutalität in nichts nachstehen. Bereitwillig verbrüdern sie sich mit den Resten des Nazi-Regimes, wenn sie dadurch an teure örtliche Spezialitäten und Frauen zum Vergewaltigen kommen können. Die verschlagenen Deutschen machen den Deal bereitwillig mit: In ihrer Logik sind die Franzosen nichts als Halbaffen – eine Charakterisierung, der der Film hinsichtlich seiner Zeichnung der linksrheinischen Figuren recht zu geben scheint.
So grobschlächtig wie die deutsch-französischen Täter dargestellt werden, werden auch die (weiblichen) Opfer präsentiert. Die Nachkriegsmänner entwürdigen und traktieren sie (mit der einzigen Ausnahme eines kleinen Jungen) systematisch – und dieser Umstand ist ihr einziger erzählerischer Zweck. Nur eine Intrigen spinnende Französin darf ausbrechen aus der Opferrolle, und auch sie kommt nur unter Einsatz ihrer sexuellen Reize zum Ziel.
All diese schwer erträglichen Figurenzeichnungen sind der penetranten Vereinfachung der Sach- und Charakterzusammenhänge geschuldet, die notwendig waren, um den Krimi mit seiner bemühten Salamitaktik-Dramaturgie die Hauptrolle in diesem Zweiteiler spielen zu lassen. Dabei hätte «Und tot bist du» als Nachkriegsdrama um Schuld, Rache und Leid sehr viel besser funktioniert und am besten auch auf sein zu plakatives titelgebendes Leitmotiv verzichtet. Ebenso missfällt, dass die NS-Verbrecher und -Verbrechen, obwohl eigentlich Stein des Anstoßes der gesamten erzählerischen Ausgangssituation, seltsam abwesend sind.
Das ZDF zeigt den ersten Teil von «Und tot bist du» am Montag, den 8. April um 20.15 Uhr. Der zweite Teil folgt am Mittwoch, den 10. April, ebenfalls um 20.15 Uhr.
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