Eine NBC-Serie, die in einer Bar spielt. Das weckt Erinnerungen. Die sind zwar tonal nicht sonderlich deckungsgleich mit dem Neustart – und trotzdem ist hier ein richtig süßes Format gelungen.
Cast & Crew
Produktion: Waila Inc. Productions, Fremulon, 3 Arts Entertainment und Universal Television
Schöpfer: Josh Malmuth
Darsteller: Natalie Morales, Nelson Franklin, Jessica Chaffin, Leonard Ouzts, Kimia Behpoornia, Neil Flynn u.v.m.
Executive Producer: Josh Malmuth, Michael Schur, David Miner und Pamela FrymanIrgendwann hatte Ex-Soldatin Abby (Natalie Morales) genug von ihren Afghanistan-Einsätzen und beschloss, in ihrem Gärtchen hinterm Haus eine Bar zu eröffnen. Mittlerweile ist daraus in der Nachbarschaft eine Institution geworden. Weil die Inhaberin wie ihre bierselige Klientel etwas exzentrisch sind, haben sich ein 162 Punkte umfassendes Regelwerk mit Benimmvorschriften und ein systematischer Mechanismus zum Aufstieg innerhalb der Gäste-Hierarchie entwickelt. Die schlagfertige Abby hat nahezu ausschließlich schräge, aber liebenswürdige Typen angezogen: den versoffenen, warmherzigen besten Freund ihres Vaters, eine überforderte Mutter, der jede Gelegenheit recht ist, um von ihren Söhnen wegzukommen, und einen beleibten Türsteher, dem nichts so zuwider ist wie zwischenmenschliche Konfrontationen. Abends um den Grill stehen, in der heimeligen Outdoor-Bar ein paar Drinks ausschenken und in lauen San-Diego-Wüsten-Nächten mit den Gästen schnacken. Es könnte so schön sein.
Wenn nicht Abbys Vermieterin vor kurzem von uns gegangen wäre und bald darauf deren Neffe Bill (Nelson Franklin), ein überkorrekter Ingenieur, in der Garten-Schenke auftauchen würde, den ob der illegalen Außengastronomie das blanke Entsetzen packt. Denn wenn jemand einen ordentlichen Versicherungsschutz und allerhand Genehmigungen braucht, um nicht in Teufels Küche zu kommen, dann diese Chaoten-Gang, die kaum eine halbe Stunde in der Nähe von glühender Grillkohle stehen kann, ohne dass einer von ihnen Feuer fängt. Und dann verlangt der Mann auch noch von Abby, dass sie ihm als Teil eines Kompromisses einen Mai Tai mixt. Mit Cocktailkirschen. Urghs.
Aber Bill ist ja kein Unmensch, sondern wie alle anderen Figuren – zumindest unter seiner aufdringlichen Klugscheißerei – ein guter Kerl, der sich mit Abby auf einen Deal einigen kann. Die Bar darf weiterbestehen – und dafür können ihm alle Sitcom-Liebhaber von Herzen danken. Denn mit «Abby’s» ist NBC ein ganz besonders warmherziger Halbstünder gelungen, der mit großem Gefallen an seinen Figuren schon im Piloten viele Geschichten anzustoßen weiß. Vor allem die Hauptfigur scheint besonders ergiebig: Als bisexuelle Latina-Ex-Soldatin aus nicht ganz einfachen Familienverhältnissen und mit nicht sonderlich rosigen wirtschaftlichen Aussichten hat die Serie einerseits ein breites Feld zu beackern; zugleich sind die Autoren und die der Rolle auf den Leib gecastete Hauptdarstellerin Natalie Morales klug genug, sie mit dieser Vielzahl an Attributen nicht zu überfrachten. Die knuffig ausgestalteten Nebenfiguren lassen ebenso bereits in den ersten zwanzig Minuten viel Potential für Komik und bittersüße Zwischentöne erkennen.
Ob daraus ein modernes «Cheers» wird, nur eben im sonnigen Kalifornien statt im nasskalten Massachusetts mit einem Live Outdoor [sic!] anstelle eines Live Studio Audience, muss wohl im Auge des Betrachters liegen – und hängt zuvorderst davon ab, wie radikal man sich ein Update vorstellen muss, um in die heutige Zeit zu passen. Was vor fast vier Jahrzehnten die verrauchte Schenke in der Innenstadt mit einem alkoholkranken Ex-Baseball-Spieler hinterm Tresen war, ist heute die unkomplizierte Gartenschenke, bei der die ehemalige Soldatin mit
wisecracks um sich wirft und den Vermieter besänftigen muss. Beides macht richtig viel Spaß.
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