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Fachanwalt Chan Jo-Jun: „Die Bundesregierung wird bei der Umsetzung den Begriff „Uploadfilter“ vermeiden“

Das EU-Parlament hat das Urheberrecht reformiert. Dringend nötig, sagen die einen. Das ist das Ende des freien Internets, sagen die anderen. Was passiert jetzt wirklich? Wie sehr wird sich das Netz verändern? Und welche Konsequenzen hat die Entscheidung für Betreiber von kleineren Blogs oder Foren?

Zur Person: Chan-jo Jun

Chan-jo Jun (*1974) betreibt eine Rechtsanwaltskanzlei für IT-Recht mit neun Anwälten in Würzburg. Der Jurist wurde unter anderem bekannt durch sein juristisches Engagement gegen Hasskriminalität auf Facebook, mit dem er Ermittlungsverfahren gegen Mark Zuckerberg und andere Facebook-Manager ins Rollen und letztlich Facebook vor Gericht brachte. Mit seinem Team arbeitet Jun zudem am Einsatz von künstlicher Intelligenz zur Lösung rechtlicher Aufgaben in Rechtsabteilungen.
Herr Jun, Was ändert sich unmittelbar durch den Beschluss des EU-Parlaments?
Die Richtlinie muss erst in nationales Recht umgesetzt werden. Die Bundesregierung wird bei der Umsetzung den Begriff „Uploadfilter“ vermeiden oder sie sogar für unerwünscht erklären, statt dessen wird man den genauen technischen Mechanismus offenlassen. Trotzdem wird es die Filter aber geben, alleine schon weil sie jetzt schon jetzt existieren.

Hat Artikel 13 (bzw. jetzt 17) aus Ihrer Sicht zwingend zur Folge, dass Medienkonzerne und Seitenbetreiber so genannte Uploadfilter einsetzen müssen?
Ja, eine ernsthafte Alternative hat noch keiner vorgestellt. Die Plattformen sollen sicherstellen, dass die registrierten geschützten Inhalte nicht veröffentlicht werden. Das geht nur mit einer musterbasierten automatisierten Prüfung vor der Veröffentlichung.

Was raten Sie denn kleinen Plattformen, etwa Bloggern oder Privatleuten, die Fanforen betreiben?
Zunächst muss man die nationale Umsetzung abwarten. Privatleute und Startups in den ersten drei Jahren müssen ohnehin keine Filter installieren und danach „nach hohen branchenüblichen Standards Anstrengungen“ unternehmen. Wie diese konkret aussehen, wissen wir heute noch nicht.

Im Vorfeld des Beschlusses wurde von Einigen das Ende des „freien Internets“ herbeigeredet. Befürchten Sie genau das auch?
Wenn das freie Internet darin besteht, dass geistige Inhalte nach Belieben verwertet werden, so wird sich das tatsächlich ändern. Einige Inhalte werden verschwinden, die meisten aber eher pauschal lizenziert werden. Auch YouTube hat ein Interesse daran, dass die User möglichst viel Content hochladen und wird daher weiter Lizenzen einkaufen.

Bis wann ist mit ersten deutschen Gesetzen zu rechnen?
Der Gesetzgeber hat nach der Zustimmung des Rates zwei Jahre Zeit für die Umsetzung, also bis Frühjahr 2021. Da stecken wir aber gerade mitten im nächsten Bundestagswahlkampf, da möchte natürlich keiner zugeben, dass man doch Upload-Filter braucht. Vielleicht überlässt diese Regierung das Thema auch dem nächsten Bundestag.

Sind die Unterschiede zwischen bisher in Deutschland geltendem Recht und dem was nun zu erwarten ist, überhaupt wirklich groß?
Nicht sehr. In Deutschland gilt ohnehin das Prinzip von Notice-and-Staydown. Wenn eine Urheberrechtsverletzung einmal vom Rechteinhaber angezeigt wird, muss der Plattformbetreiber ohnehin schon heute Uploadfilter einsetzen, um eine wiederholte Rechtsverletzung zu unterbinden. Neu ist in diesem Punkt dann nur, dass die Mahnung schon vor der ersten Verletzung erfolgen wird.

Danke für die Antworten.
29.03.2019 10:57 Uhr Kurz-URL: qmde.de/108255
Manuel Weis

super
schade


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