Ein Teenager wird Zeuge eines Mafiamordes und muss mit seiner Familie ins Zeugenschutzprogramm. Es folgt einer der hirnlosesten Filme der aktullen Saison.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Anna Bederke als Sarah Brandt
Anja Kling als Nikola Walter
Oliver Masucci als Mario Lobeck
Gregor Bloéb als Klaus Witt
Johannes Allmayer als Jürgen Decker
Aaron Hilmer als Miki Witt
Erdal Yildiz als Emin
Hinter der Kamera:
Produktion: Lucky Bird Pictures und Viola Film srl
Drehbuch: Holger Karsten Schmidt
Regie: Florian Baxmeyer
Kamera: Eva Katharina Bühler
Produzent: Oliver SchündlerDer 16-jährige Miki Witt (Aaron Hilmer) schleicht sich in einen zwielichtigen Puff, um dort Alkohol für seine Freunde zu schnicken. Dabei beobachtet er einen Mord. Weil der Mörder ihn dabei ertappt hat und Zeugen einen immer in allerhand Schwierigkeiten bringen, machen die Verbrecher Jagd auf ihn. Bei der anschließenden Schießerei muss die erste Polizistin dieses Films als Kollateralschaden dran glauben, aber Miki kämpft sich bis zum LKA durch. Die nächsten zwei Wochen soll er – samt seinen getrennt lebenden Eltern Nikola (Anja Kling) und Klaus (Gregor Bloéb) – im Zeugenschutzprogramm an einem geheimen Ort verbringen, bis er seine Aussage vor dem Richter gemacht hat. Danach ist alles wieder vorbei.
Schon hier beginnen die eklatanten Logikfehler, die sich durch diesen Film ziehen, als wären sie sein eindrücklichstes Leitmotiv: Warum kann der Junge nicht gleich seine Aussage machen, wenn sich dadurch die Dauer seiner Todesgefahr begrenzen ließe? Und wie kann danach überhaupt je wieder Ruhe einkehren – als seien arabische Großfamilien-Clans nicht dafür bekannt, auch dann noch mit großer Freude Blutrache zu nehmen, wenn das Kind für sie schon in den Brunnen gefallen ist?
Aber damit hält sich «Der Auftrag» nicht auf. Stattdessen verbringen drei LKA-Beamte – darunter die frischgebackene und dementsprechend unerfahrene Sarah Brandt (Anna Bederke) und der geistesgegenwärtige Pegeltrinker Mario Lobeck (Oliver Masucci) – die Familie nach Italien, in ein altes Anwesen etwas außerhalb von Rom. Was absolut Sinn macht, schließlich kann eine Handvoll Polizisten eine opulente Villa wesentlich besser abschirmen als ein kleineres
Safehouse in unauffälligerer Lage. Aber man will ja den Zuschauern auch ein bisschen Ästhetik bieten.
Nun aber zum erstaunlichsten Charakteristikum dieses Films, das schnell sein wesensbestimmendes Merkmal wird: All seine Figuren verhalten sich ohne Unterlass so doof, dass die Truppe aus den «Scary-Movie»-Filmen neben ihnen wie wohlüberlegte, stets vorausschauend handelnde, geistesgegenwärtige Asse aussieht. Der Hellste im Bunde ist natürlich Zeuge Miki, der sein Privathandy in den italienischen Compound schmuggelt, um trotz Lebensgefahr mit seiner Freundin in Deutschland in Kontakt bleiben zu können, bevor er sich mehr als einmal aus der LKA-Obhut davonschleicht, stets aus den bescheuertsten Gründen. Sollte er dabei einmal das Zeitliche segnen müssen, wäre das eigentlich ein Fall von natürlicher Auslese.
Mario Lobeck gesteht seiner Kollegin derweil sein langjähriges Alkoholproblem. Die tut daraufhin ausnahmsweise das Richtige, aber ihr Vorgesetzter wiegelt ab. Er hält Lobeck weiterhin für den richtigen Mann für den Job, obwohl der peinlich genau darauf achten muss, immer genug Schnaps in seinen Kreislauf zu pumpen, damit bei ihm nicht plötzlich die Lichter ausgehen. Bei seinem letzten Zeugenschutzeinsatz ist übrigens die gesamte Crew erschossen worden – außer ihm. Das macht Hoffnung.
Natürlich dauert es dann nicht allzu lange, bis draußen die Grillen aufhören zu zirpen, der Strom gekappt wird, und der lange Arm der arabischen Großfamilie die Bude zusammenschießt. Nachdem eine verschlossene deutsche Polizistin und ihr italienischer Kollege beim Knattern dem Kugelhagel zum Opfer gefallen sind, kann der Rest evakuiert werden. Die Schwerverletzten werden in der Klinik abgeladen, die anderen blutverschmierten Gestalten landen irgendwann an der Mittelmeerküste, wo Sarah Brandt einen Hilferuf nach Deutschland absetzt und ihre Situation mit gebotenem Nachdruck schildert: „Ich bin angeschossen worden und Lobeck ist besoffen.“ Da würde wohl jeder ein bisschen hysterisch.
Zurück in der Heimat wird zwar wenigstens der Anhörungstermin vorverlegt; doch die Tragödie geht weiter. Ein Maulwurf wird enttarnt, Sarah Brandts Vater gekidnappt, und obwohl sie ihren Schützling zunächst den Vollstreckern der Clan-Familie ausliefern will (die wollen, versichert man ihr, ja „nur reden“), findet sie doch in buchstäblich letzter Sekunde auf den rechten Weg zurück. Eine abschließende Schießerei gibt’s als Gimmick obendrein.
Leider sind diese Figuren nicht allesamt so unfassbar dumm und begriffsstutzig, weil Autor Holger Karsten Schmidt und Regisseur Florian Baxmeyer hier eine launige Persiflage auf all die seelenlos heruntergekurbelten Zeugenschutz-Action-Stoffe vorführen wollen. Die konsequente Hirnlosigkeit der Charaktere ist vielmehr unabdingbare Voraussetzung, damit die hanebüchene Dramaturgie wenigstens irgendwie funktioniert und der Handlungsverlauf von A nach B kommt: von der Schießerei zur tränenreichen Rekapitulation und wieder zurück. Anstatt in Form einer differenzierten Milieustudie um in deutschen Großstädten operierende arabische Clans oder als ergreifende Geschichte um die mittelbaren Opfer eines schlimmen Verbrechens erzählt «Der Auftrag» den Zeugenschutz als ergiebige Familientherapie samt zweckdienlicher Erlebnispädagogik mit allerhand konfusen Vorwänden, damit verschrobene Männer Branntwein trinken und drauflos ballern können. Dass der Film ein unerwartet tragisches Ende wählt, macht ihn erzählerisch nicht mutiger.
Das Erste zeigt «Der Auftrag» am Samstag, den 30. März um 20.15 Uhr.
Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
28.03.2019 23:28 Uhr 1
29.03.2019 08:15 Uhr 2