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Die Kritiker: «Gegen die Angst»

Eine Staatsanwältin will in Berlin die Araber-Clans hinter Gittern bringen. Damit kommt sie nicht weit. Der Film macht daraus einen Skandal. Doch der eigentliche Skandal liegt bei ihrer Inkompetenz.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Nadja Uhl als Judith Schrader
Dirk Borchardt als Jochen Montag
Andreas Pietschmann als Jan Wiegand
Sabrina Amali als Leyla Sharif
Atheer Adel als Mahmoud Al-Fadi
Burak Yigit als Hisham Al-Fadi
Judith Engel als Andrea Marquardt

Hinter der Kamera:
Produktion: Real Film Berlin GmbH
Drehbuch: Robert Hummel
Regie: Andreas Herzog
Kamera: Lars R. Liebold
Produzentin: Heike Streich
Staatsanwältin Judith Schrader (Nadja Uhl) will in Berlin so richtig aufräumen und die Führungskriminellen der Araber-Clans hinter Gittern bringen. Damit macht man sich im Milieu freilich keine Freunde – und spätestens nachdem bei einem Zugriff der Polizist Jan Wiegand (Andreas Pietschmann) kaltblütig abgeknallt wird, kennt Schraders Motivation keine Grenzen mehr: Sie hatte mit dem Opfer heimlich ein Verhältnis gehabt.

Blöd, dass die einzige Zeugin aus den Reihen der Polizei, Leyla Sharif (Sabrina Amali), zugleich die Cousine des Schützen ist: Hisham Al-Fadi (Burak Yigit) gilt intern wie extern zwar als der Trottel des Clans, aber der Kopf der Bande kann ihn nicht fallen lassen: zum einen aus arabischer Familiensolidarität, zum anderen weil das die gesamte kriminelle Organisation gefährden würde.

Obwohl der Film ein bisschen so tun will, als sei Judith Schrader eine überaus kompetente Staatsanwältin, liegt ihr wichtigstes Talent bei einem ganz anderen Aspekt: Sie kann ganz toll mitfühlen – mit den Opfern wie mit der Zeugin, die nun ewige Loyalitäts- und Identitätskonflikte vor sich hat und natürlich nie so ganz außer Todesgefahr gerät.

Mit dieser warmherzigen Empathie steht Schrader noch dazu in frappierendem Gegensatz zur Stammverteidigerin der Al-Fadi-Brüder: Die ist zugeknöpft, schnippisch, extrem professionell, spielt jede Karte aus und bringt mit ihrer Eiseskälte den ganzen Film lang kein sanftes Wort über die Lippen. Will man die Klischees, mit denen solche ethisch einfach gestrickten Produktionen hantieren, noch weiterspinnen, soll unter dem Dualismus aus liebevoll-empathischer Staatsanwältin und berechnend-justiziabler Strafverteidigerin wohl jener aus emotions-zentrierter Weiblichkeit und intellektuell kalter, landläufig dem Maskulinen zugeordneter Professionalität subsumiert werden. Aber für «Gegen die Angst» ist das wohl schon mehrere Ecken zu weit gedacht.

Denn in erster Linie will dieser Film empören und wachrütteln. Dazu müsste aber erst einmal klar werden, weshalb er so empört ist: Er erzählt etwas von arabischen Großstadt-Clans, die Berlin unter sich aufgeteilt haben und die Strafverfolgungsbehörden an der Nase herumführen, weil der Rechtsstaat zu lasch und zu schwach sei und keine wirksamen Waffen gegen sie in der Hand habe. Doch das ist – erst recht in dieser radikalen Verzerrung – nicht nur falsch, sondern im Kontext, den dieser Film wählt, sogar lächerlich.

Denn um sich über das unzureichende Arsenal des juristischen Apparats zu empören, müsste man zuerst einmal vorführen, welche Mittel ihm tatsächlich zur Verfügung stehen. Doch darauf verzichtet dieser Film nahezu vollends, wahrscheinlich mit Absicht. Die Dramaturgie kastriert den Rechtsstaat um all seine vielfältigen Möglichkeiten, um dann sagen zu können, er habe keine. Stattdessen landet «Gegen die Angst» bei Binsenweisheiten vom Stammtisch, die so deppert wie gefährlich sind: Um das Recht durchzusetzen, muss der Staat es brechen.

„Wer hat Angst vor eurer Polizei? Wer hat Angst vor eurem Gericht?“, macht sich der Wohlsprechendere der Al-Faid-Brüder über Polizei und Justiz lustig. Das Perfide ist nicht nur, dass dieser Film hier der schäbigen Logik eines Mörders folgt, sondern dass er diesem trotteligen Animus gänzlich auf den Leim geht und in seiner Argumentation um ein paar Jahrhunderte hinter die Entwicklung der Zivilgesellschaft zurückfällt. Denn die Frage, wie sich das Konstrukt eines mündigen Bürgers mit dem einer alles durchdringenden Angst vor dem Staat vereinen ließe, stellt er nicht einmal.

Das Scheitern des Drehbuchs an seinem Thema wird noch erweitert um die Einfallslosigkeit der Inszenierung: Alberne Slowmotions sollen Dramatik suggerieren, und wenn es laut und ungehalten wird, übernehmen pathetische Streichermelodien. Der Fokus liegt ganz auf einer überstilisierten Emotionalisierung, deren Wirkmechanismen und Stilmittel so billig ausfallen wie die Goldkettchen der Araber-Clan-Brüder.

Das ZDF zeigt «Gegen die Angst» am Montag, den 25. März um 20.15 Uhr.
23.03.2019 11:20 Uhr Kurz-URL: qmde.de/108127
Julian Miller

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Gegen die Angst

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Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Sentinel2003
23.03.2019 12:53 Uhr 1
Tja, auch, wenn du den Film fast zerrisen hast, werde ich ihn mir Aufnehmen, da ich Nadja Uhl und Dirk Borchert sehr gerne sehe.
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