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Die Kritiker: «Tatort – Für immer und dich»

Keine Mördersuche, sondern ein vergilbtes Drama über einen Mann jenseits der 40 und der Minderjährigen, mit der er ein Verhältnis hat.

Cast und Crew

  • Regie: Julia von Heinz
  • Drehbuch: Magnus Vattrodt
  • Darsteller: Andreas Lust, Meira Durand, Eva Löbau, Hans-Jochen Wagner, Kim Riedle, Ursula Werner, Antonio Wannek, Luisa-Céline Gaffron, Emma Frieda Brüggler
  • Kamera: Stefan Sommer
  • Schnitt: Saskia Metten
Der neuste «Tatort» aus dem Schwarzwald orientiert sich lose an einem realen Vorfall: 2013 verschwand die 13-jährige Schülerin Maria Henselmann spurlos. Fünf Jahre später tauchte sie wieder auf. Körperlich völlig gesund. Wo sie das halbe Jahrzehnt über gesteckt hatte? Sie ist mit einem Mann in seinen Vierzigern durchgebrannt, von dem sie nach eigener Aussage befand, dass er sie besser versteht als jeder andere Mensch in ihrem Umfeld. Daraus spinnen Regisseurin Julia von Heinz («Ich bin dann mal weg») und Drehbuchautor Magnus Vattrodt («Das Zeugenhaus») nun ein Kriminaldrama, das langsam erzählt und in sommerlichen Farben getränkt von einer kaputten Beziehung erzählt sowie von der jahrelangen Suche nach einem verschwundenen Mädchen, die sich ihrem Ende nähert …

Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) glaubt, er und seine Kollegin Franziska Tobler (Eva Löbau) werden weiter im Dunkeln tappen: Wieder einmal erhalten sie Hinweise, wo die vor zwei Jahren verschwundene Emily Arnold (Meira Durand) sein könnte. Und immer wieder führten diese Hinweise in die Irre. Dieses Mal zeichnen sich aber sanfte Silberstreifen am Horizont auf: Franziska hat im Gespür, dass sie dieses Mal tatsächlich gesichtet wurde und Emilys Mutter Michaela (Kim Riedle) sich das nicht eingebildet hat. Ein Verdacht, der sich bald erhärtet. So entdeckt Franziska auf dem Bild einer Überwachungskamera eine Jugendliche, die Emily sehr ähnlich sieht.

Derweil fährt Emily mit dem über 30 Jahre älteren Martin Nussbaum (Andreas Lust) durch die Weltgeschichte – nun erstmals wieder durch Emilys heimischen Breisgau. Dort verwickelt der in Geldsorgen steckende Mann einen jungen Autoknacker in einen Unfall – und liefert den Ermittlern unwillentlich ihre bislang heißeste Spur, um Emily zu finden …


Regisseurin Julia von Heinz lässt den üblichen «Tatort»-Duktus bei Seite: «Für immer und dich» ist keine Mördersuche, und von Heinz versucht auch nicht, aus dem Stoff durch inszenatorische Mittel einen typischen öffentlich-rechtlichen Krimi zu machen. Viel mehr ist es ein haariges Beziehungsdrama zwischen einer durchgebrannten Jugendlichen und ihrem einzigen dauerhaften Kontakt. Einem Mann, der für sie Ersatz-Vaterfigur, Kumpel und Lover in Personalunion ist. In der einen Szene bevormundet er sie im väterlichen Tonfall, in der anderen drängt er sich ihr oral auf, während sie gelangweilt an die Decke starrt.

Von Heinz lässt nach einem Intro, das nach sommerlicher Idylle klingt, die Szenen rund um die Beiden in einer apathischen bis peinlich berührten Stille ablaufen: Wortkarge Gespräche, kein Filmscore. Erdrückende Umgebungsgeräusche. Es ist eben nicht so, wie sich die Aussteiger es ausmalen. Wenn ihre Szenen mit etwas erfüllt sind, dann mit Popsongs, die gezwungen aus Lautsprechern scheppern.

So lässt von Heinz die Interaktionen zumeist für sich sprechen. Das Skript legt Löbaus Franziska, die aufgrund von privatem Glück den ganzen Fall über mit einem halbverdeckten Grinsen durch die Welt schreitet, aber eine klare Einordnung in den Mund: Emily sei den Indizien nach nicht entführt worden, sondern freiwillig mit dem Mann weggegangen – soweit von Freiwilligkeit gesprochen werden könnte, schließlich war sie erst 13, als sie durchgebrannt ist.

Erklärungen, wieso sich Emily für ihren Lover/Ersatzvater entschieden hat, bleiben unterdessen bewusst aus, um den Vorwürfen, solch eine Beziehung zu romantisieren, erst gar keinen Raum zu geben in diesem Neunzigminüter, der partiell an den berüchtigten «Tatort: Reifezeugnis» von 1977 erinnert. Und während die Ermittler am Rand der Erzählung den Spuren Emilys hinterhertigern, wird sich Emily schleichend selber ihrer Lage bewusst - Meira Durand macht sich diesen Film zu Eigen, ihr Quasi-Entführer ist ein ratloser Verlierer, dessen Maske des starken Beschützers zerbröselt.

Fazit: Eine Beziehung, die nicht sein soll, zerfällt in ihre Einzelteile: Dieser «Tatort» zäumt die schädliche Beziehung eines Mannes, der sich an einer Minderjährigen vergeht, als kaputtes Drama in ausgedörrten Farben und Emotionen auf.

«Tatort – Für immer und dich» ist am 10. März 2019 ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.
10.03.2019 11:33 Uhr Kurz-URL: qmde.de/107801
Sidney Schering

super
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78 %
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Tags

Tatort Ich bin dann mal weg Das Zeugenhaus Für immer und dich Tatort: Reifezeugnis Tatort – Für immer und dich

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