Mit dem bereits fünften «Zürich-Krimi» wagt sich die Reihe in ein neues Gewässer. Ob die Mischung aus Angst vor ausländischem Extremismus und der persönlichen Geschichte Borcherts gelungen ist, sagt die Quotenmeter-Kritik.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Christian Kohlund ist Thomas Borchert
Ina Paule Klink ist Dominique Kuster
Felix Kramer ist Marco Furrer
Thomas Kügel ist Beat Wenger
Robert Hunger-Bühler ist Reto Zanger
Hinter der Kamera:
Regie: Roland Suso Sichter
Drehbuch: Wolf Jakoby
Schnitt: Bernd Schlegel
Kamera: Max Knauer
Musik: Michael Klaukien/ Andreas LonardoniDer Fernsehfilm beginnt mit dem Motorradunfall eines jungen Kunststudenten, der daraufhin in ein Koma fällt. Zuvor hatte der Junge eine Nachricht bei einer Kanzlei hinterlassen, dass etwas Schreckliches passiert sei und er auf dem Weg zu ihnen sei. Der titelgebende Anwalt Thomas Borchert wird kurz darauf Zeuge des Unfalls und wird unweigerlich an den tödlichen Unfall seines eigenen Sohnes erinnert. Er fühlt sich dem Verunglückten verpflichtet und stellt Nachforschungen auf eigene Faust an, während er im Krankenhausbett liegt. Dabei kommt Borchert schnell auf die Verbindungen des Jungen zum islamischen Glauben und seine Vorliebe für orientalische Einflüsse in seine Kunst. In seinen weiterführenden Ermittlungen findet er heraus, dass der Junge in letzter Zeit mehrfach in den nahen Osten geflogen ist und sich mysteriöse muslimische Männerchöre anhört, die für ihn wie Propaganda wirken. Borcherts Verdacht, dass es sich bei dem Jungen um einen potentiellen Extremisten handeln könnte, erhärtet sich. Als man in der Kanzlei erkennt, dass in dem Unfall auch noch der Wagen eines israelischen Diplomaten verwickelt ist, kommen noch weitere Facetten in das verworrene Geschehen.
Dass das Thema des überall gegenwärtigen Terrorismus und Extremismus parallel zur Flüchtlingssituation aufgegriffen wird, ist natürlich kein Zufall. Umso erfreulicher ist es jedoch, dass «Der Zürich-Krimi: Borchert und die mörderische Gier» dieses Thema nicht auf plumpe Weise ausschlachtet, sondern die Hintergründe differenziert und vielschichtig behandelt, auch wenn es anfangs auf den Zuschauer anders wirken mag. Denn der fünfte «Zürich-Krimi» spielt ein interessantes Spiel mit seinem Publikum. Durch die Hinweise, die Borchert findet, fällt es leicht zu glauben, dass sich der Student radikalisiert hat und ein muslimischer Fanatiker geworden ist. Vorurteile finden sich somit nicht nur auf der Seite des Anwalts, sondern werden zugleich auf das Publikum projiziert.
Sollte man von vornherein mit einer kritisch behafteten Meinung gegenüber dem Islam an den Film herangehen, wird man in der ersten Stunde noch bestätigt. Ungeachtet der persönlichen Ansichten, mit denen man an den Film herantritt, muss Borchert seine Ansichten im Laufe des Falls ändern. Denn der Film nähert sich dem heiklen Thema des extremistischen Islamismus sehr fair, ohne ihn zu verunglimpfen, aber auch ohne ihn als das bösartige darzustellen, dem alle Muslime angeblich anhaften. Ohne zu viel vorweg zu nehmen, was letztendlich die Wendung im «Zürich-Krimi» ist: der Verdacht des Terrorismus sollte sich nicht erhörten, nur weil er in einem muslimischen Umfeld auftaucht.
Abseits der Ermittlungen um den Unfall des Jungen wird versucht noch eine zwischenmenschliche Komponente zwischen zwei Kollegen rund um Borchert aufzubauen. Obwohl der Film selbst die Beziehung zwischen den Charakteren aufbaut, schenkt er den beiden kaum Zeit diese auch auszubauen. Borchert und seine Nachforschungen rund um den verunglückten Jungen und sein Umfeld stehen klar im Vordergrund. Und das ist auch die starke Seite des Krimis.
Denn Christian Kohlund macht als Thomas Borchert wie schon in den vorherigen Teilen schauspielerisch eine gute Figur. Mit markanter und rauchiger Stimme diskutiert und analysiert er die Geschehnisse rund um den Kunststudenten und wird sogar in physische Auseinandersetzungen verwickelt, ohne seine Glaubwürdigkeit als ermittelnder Anwalt zu verlieren. Die persönliche Ebene, dass Borcherts Sohn selbst in einem Unfall tödlich verunglückt ist, trägt nur zum tieferen Verständnis von Kohlunds Charakter bei.
Auch einige Rückblenden sind Teil der Inszenierung des «Zürich-Krimis», nur sind diese von vergleichsweise sehr hellen Farben und einem leichten Weichzeichner gekennzeichnet. So kommt es, das man zu Beginn meist kurz irritiert ist, dass sich der Film stilistisch so schnell ändert. Hinzu kommen einzelne wilde Kamerafahrten, die nicht zu der restlichen ruhigen Inszenierung passen. Durch die Beleuchtung dieser Fahrten bekommt die Szenarie eine fast schon künstlerisch angehauchte Wirkung. Dadurch stehen diese Szenen in einem noch stärkeren Kontrast zu den restlichen. Die Regie hätte sich hier konsequent entscheiden müssen, ob man die Kamerafahrten nicht reduzieren oder eben die Inszenierung die vollen 90 Minuten durchziehen sollte.
Borcherts fünfter Einsatz in Zürich ist spannend, hat eine starke Handlung und behandelt seine angesprochenen Themen intelligent und politisch korrekt. Abseits von einem uninteressanten Handlungsstrang und der wechselhaften Inszenierung ist «Der Zürich-Krimi: Borchert und die mörderische Gier» ein starker Krimi und eine sehr gelungene Abendunterhaltung.
«Der Zürich-Krimi: Borchert und die mörderische Gier» läuft am Donnerstag, den 28. Februar 2019, um 20.15 Uhr auf dem ARD.
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