Die Serie über die Zombie-Apokalypse war lange Zeit ein ganz heißes Eisen. Doch dann bröckelte die Zuschauergunst in fast schon schwindelerregendem Tempo. Umso erstaunlicher, dass das Format aktuell wieder zu Höchstform aufläuft.
From zero to hero (and back)
«The Walking Dead» begann 2010 als kleine Genreserie des amerikanischen Senders AMC unter der Führung von Frank Darabont, der mit Filmen wie «The Shawshank Redemption» («Die Verurteilten») und« The Green Mile» nachhaltig auf sich aufmerksam gemacht hatte. Er setzte die Comics von Robert Kirkman auf eine Weise um, die aus dem Stand Aufmerksamkeit und eine Fanbase generierte.
Bereits in der zweiten Staffel war Darabont zwar nicht mehr an Bord, die Einschaltquoten stiegen aber bereits hier merklich an. Mit der dritten Staffel durchbrach das Format in den USA die Zehn-Millionen-Grenze und steigerte sich in den beiden Folgejahren sogar auf einen Schnitt von fast 15 Millionen Zuschauern!
Für einen Sender wie AMC war das eine Sensation. Man zeigte ausgerechnet mit einer dystopischen Zombie-Serie den etablierten Playern die lange Nase; ein Ende des Erfolgs war nicht abzusehen.
Als 2015 die Ableger-Serie «Fear the Walking Dead» hinzukam, bröckelten die Werte zunächst leicht, dann immer erdrutschartiger. Auch der Ableger hatte vom Start weg große Probleme, auf ähnliche Werte zu kommen, wie das Original. Heute schauen dort nur noch knapp über zwei Millionen Fans zu. Hatten die Macher die Situation am Markt vielleicht schlicht falsch eingeschätzt? Es scheint so. Bei «The Walking Dead» bewegt man sich in der aktuell neunten Staffel wieder auf dem Quoten-Level des ersten Jahres. Eine wahre Achterbahnfahrt!
Nun könnte man meinen, dass zum gleichen Zeitpunkt, an dem die Quoten nachließen, auch die inhaltlichen Aspekte ins Fadenkreuz gerückt wären. Doch weit gefehlt! Genaugenommen musste die Serie sich bereits im zweiten Jahr mit starker Kritik auseinandersetzen. Zu sehr wurde für viele Fans die Storyline auf Hershels Farm ausgewalzt, zu deutlich betonte man die Soap-Elemente.
Auch im dritten Jahr rissen die Beschwerden nicht ab: Diesmal störte man sich an der zum Stillstand tendierenden Handlung im Gefängnis. Das alles konnte den Quoten indes (noch) nichts anhaben. Mit dem Handlungsstrang um den Governor lieferte die Serie schließlich auch einen der bisherigen Höhepunkte ihrer Laufzeit ab.
Dass die Einschaltquoten dann aber zuletzt doch so abrupt sanken, muss also andere Gründe haben. Ist es pure Zombie-Müdigkeit? Hat das Format sich abgenutzt?
Kuchen essen und behalten
Die Macher haben in jedem Fall einen Fehler immer wieder begangen – bis heute. Sie haben Storylines, die ihnen wichtig erschienen, durchweg über Gebühr beansprucht. Dabei ist es nachvollziehbar, dass man in gewisser Weise Zeit schinden und nicht durch die Comic-Vorlage rasen wollte. Etwas weniger wäre hier und da aber definitiv mehr gewesen.
Am deutlichsten wird dieser Faktor anhand von Negan, der nun bereits seit der sechsten Staffel sein Unwesen treibt. Keine Frage: Jeffrey Dean Morgan ist spektakulär in der Rolle, man hat ihn und seine Geschichte jedoch ohne Frage weit über den Zenit gemolken. In dieser Figur manifestiert sich dann auch einer der Hauptgründe für den Niedergang.
Dabei ist es ebenso nachvollziehbar, dass die Autoren nicht ständig nur die bösen Jungs auswechseln, sondern lieber vorhandene Antagonisten langsam aufbauen wollten. Die richtige Dosierung haben sie dabei jedoch nicht gefunden. Erst unter dem Eindruck der drastisch wegbrechenden Zuschauer leitete man zuletzt spürbare Veränderungen ein, die sich im neunten Jahr deutlicher als jemals zuvor zeigen.
Das zweite Feuerwerk
Anfänge dessen, was die Serie inzwischen wieder auszeichnet, konnte man bereits im achten Jahr erkennen. So orientierten sich die Figuren mehr in Richtung Zukunftsplanung und dachten auch vermehrt darüber nach, Handel zu betreiben. Nun geht man jedoch in vielerlei Hinsicht weiter. Pferde wurden als Fortbewegungsmittel wiederentdeckt, die verschiedenen Orte stehen in Kontakt und alle bemühen sich darum, in ein geregeltes Leben zurückzufinden. Auch ist der Umgang mit Negan bemerkenswert, da man ihn explizit nicht hinrichtet, sondern als Symbol dafür ansieht, dass die Gesellschaft wieder zu Werten und Regeln zurückkehrt.
Fast schon ein Witz ist, dass die Macher die Zombies als Gefahrenherd wiederentdeckten. Diese hatten insbesondere zu Beginn der Serie allein durch ihre Anwesenheit Angst und Schrecken erzeugt, wurden aber nach und nach in den Hintergrund gedrängt und besser in Schach gehalten. In Sachen Story war es vollkommen nachvollziehbar, dass man mehr und mehr zeigen wollte, dass es sich bei den Überlebenden um die wahre Bedrohung handelte. Diesen Aspekt überzeichnete man jedoch und fuhr die Untoten viel zu weit zurück. Im neunten Jahr sind sie plötzlich wieder furchteinflößend, unberechenbar und ein Faktor der Unsicherheit. Diese Kehrtwende kommt der Spannung enorm zugute.
Auch ist der Ausstieg von Lauren Cohan (Maggie) und Andrew Lincoln (Rick) sowie das Ableben oder Herausschreiben diverser langjähriger (und auserzählter) Figuren (Morgan, Jadis, Carl, Dwight, Jesus) eher vorteilhaft zu werten. Die Macher haben sich in jeder Hinsicht immer wieder zu lange an Eckpunkten festgehalten, die nicht ergiebig waren. Auch war der Cast über die Jahre ohnehin so groß geworden, dass man keiner Figur gerecht werden konnte. Hier ein paar klare Einschnitte vorzunehmen ist konsequent, mutig und gibt Raum für andere Figuren, die bisher vernachlässigt wurden.
Dank all dieser Kniffe ist aus der altehrwürdigen Serie über Nacht ein ziemlich rüstiger Rentner geworden, der es versteht, seine eigenen Klischees und Konventionen besser zu umschiffen, als man das in den vorigen Jahren erleben durfte. Manchmal ist es eben doch nötig, auf die Nase zu fallen, um seine Umwelt wieder etwas klarer wahrzunehmen. Wenn der Quotenbauchklatscher also am Ende für einen inhaltlichen Aufschwung herhalten konnte, dürfen wir im Nachhinein froh sein.
Quo Vadis?
Doch bringen all diese positiven Veränderungen der Serie einen erneuten Aufschwung ein? Es ist fast nicht anzunehmen. Der Zenit der Show scheint trotz der neuen Stärke überschritten, der Hype ist vorbei. Vielleicht gelingt eine Stabilsierung der Werte und somit die Basis für ein paar weitere, gute Jahre. Denn sind auch die aktuellen Zahlen für AMC fraglos eine Freude. Da man zudem immer mal wieder Schauspieler aus dem Mix nimmt, die irgendwann zu teuer werden könnten, steht einer Fortsetzung der Serie eigentlich nichts im Wege. Bleibt nur zu hoffen, dass man den eingeschlagenen Weg weitergeht und sich nicht erneut in einer Sackgasse verrennt. Diese sind nämlich innerhalb der Serie oft dunkel und äußerst gefährlich.
The Walking Dead läuft mit acht neuen Episoden der neunten Staffel ab 10. Februar 2019 in den USA und wird bei uns per Fox Channel auf die Fernsehschirme gebracht. Die neuen Episoden laufen jeweils Montags um 21.00 Uhr. Los geht es am 11. Februar 2019.
Es gibt 4 Kommentare zum Artikel
09.02.2019 21:28 Uhr 2
Und sie ist der Beweis, dass sich ne Serie auch nach 1 oder 2 schwächeren Staffeln, z. B. durch ne neue Headautorin, wieder regenerieren kann. RTL hätte natürlich lääängst abgesetzt ...
09.02.2019 22:51 Uhr 3
10.02.2019 12:41 Uhr 4