Charlotte Lindholm wird nach Göttingen strafversetzt. Es dauert nicht lange, bis es mit ihrer neuen Kollegin knallt. Buchstäblich.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Maria Furtwängler als Charlotte Lindholm
Florence Kasumba als Anais Schmitz
Emilio Sakraya als Nino Brehmer
Lilly Barshy als Julija Petkow
Oliver Stokowski als Ralf Schmölke
Merab Ninidze als Vater Petkow
Steve Windolf als Johannes Grischke
Hinter der Kamera:
Produktion: Filmpool Fiction GmbH
Drehbuch: Franziska Buch, Jan Braren und Stefan Dähnert
Regie: Franziska Buch
Kamera: Konstantin Kröning
Produzentin: Iris KieferIn diesem «Tatort» kommt der Zufall immer zur rechten Zeit: Just am ersten Tag ihrer Strafversetzung zur Kripo Göttingen wird Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) in eine blutverschmierte verfallene ehemalige Sportanlage auf dem Gelände des örtlichen Gymnasiums beordert, wo sie aus einer verstopften Toilette eine Plazenta samt stümperhaft abgetrennter Nabelschnur zieht. Dass sie ihre neue Kollegin Anaïs Schmitz (Florence Kasumba) zuerst für die Putzfrau hält (natürlich wegen ihrer Putzhandschuhe an den Händen und nicht wegen ihrer schwarzen Hautfarbe), lässt die Zusammenarbeit holprig beginnen. Dass Lindholm ob der knappen Ressourcen und zu zögerlichen Ermittlungsarbeit der Göttinger aufbrausend wird und Schmitz ihr daraufhin impulskontrollverlustig eine knallt, macht das Teambuilding nicht erfolgversprechender.
Während Lindholm also eine im wahrsten Sinne des Wortes zupackende Partnerin gefunden hat, werden wir Zeuge, wie sich eine junge Frau, vor Schmerzen krümmend und mit vom Blutverlust rotgefärbten Jeans, durch die Stadt schleppt und schließlich zur Wohnung ihres Bruders durchschlägt, der seit seinem Knastaufenthalt eigentlich mit einer Kontaktsperre zum Rest der Familie belegt ist, sich aber rührend um seine Schwester kümmert. Die will jedoch wieder zurück zu ihrem herrschsüchtigen, befremdlich-religiösen Vater – wohl auch, damit ihre kleinere Schwester den übergriffigen, wenn auch gut gemeinten Tyranneien des Mannes nicht völlig schutzlos ausgeliefert ist.
Lindholm und Schmitz haben sie bald als die fünfzehnjährige Julija Petkow (Lilly Barshy) identifiziert. Während sie nach einem völligen körperlichen Zusammenbruch gerade noch rechtzeitig in der Klinik gelandet ist, dauert die Suche nach ihrem neugeborenen Kind an – bisweilen ohne Erfolg. Der Zufall will es, dass sie bei ihrer Einlieferung nur verklausulierte Phrasen von sich geben kann, genau wie Ärztinnen und Sozialarbeiterinnen zufallsgetreu die Befragungen immer dann abbrechen lassen, wenn endlich einmal etwas Substanzielles dabei rumkäme, das dann aber den Plot weiter vorantriebe, als es den Autoren recht war.
Mit aller Gewalt wird dieses Handlungsgerüst in ein Rätselspiel um den Verbleib des titelgebenden „verschwundenen Kindes“ und die Identität dessen Vaters gepresst. Die junge, möglicherweise missbrauchte Mutter bleibt dabei unangenehmerweise Kulisse und hat vielmehr als auslösendes Moment zu fungieren, um ihren muskelbepackten knasterfahrenen Bruder auf einen ehrwürdigen Rachefeldzug zu führen. Gerade von einem «Tatort», in dem zwei starke Frauenfiguren die Ermittlungen leiten, hätte man mehr erwartet; ebenso dass er die Konflikte und Rivalitäten zwischen seinen beiden Hauptfiguren mit psychologischer Nuanciertheit betrachtet denn als überkandidelt theatralischen Bitchfight.
Das Erste zeigt «Tatort – Das verschwundene Kind» am Sonntag, den 3. Februar um 20.15 Uhr.
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