"Es gibt echt nur noch Filmen über Frauen, was soll der Dreck?", fragt der Uninformierte. Unser Kinokolumnist zählt dagegen nach.
Die Forschung kennt ein Phänomen, laut dem sehr viele Männer denkbar schlecht darin sind, einzuschätzen, ob Frauen genau so sehr zum Zug kommen wie sie. In größeren Gruppen denken Männer oft, die Gruppe sei 50/50 aufgeteilt, wenn Frauen eigentlich in der Minderheit sind, während Frauen dies korrekt einschätzen. Und in Experimenten darüber, wie gut Menschen den Redeanteil an einer Diskussion einordnen können, überschätzen Männer zuhauf den Redeanteil der Frauen.
Selbstredend darf sich an dieser Stelle, wer auch immer mag, seinen Teil von wegen "Glaube keiner Studie, die du nicht selber gefälscht hast" denken. Dennoch ist dies ein wichtiger Denkanstoß, der so einige gallig verlaufende Debatte zwischen den Geschlechtern ansatzweise erklären könnte. Und sie gibt mir einen Erklärungsansatz, weshalb ich oft von Bekannten, Kollegen, "Kollegen" und Wildfremden (sei es in der Kino-Warteschlange oder im Internet) zu hören bekomme: "Ich hab ja nichts gegen Frauen, aber es stört mich, dass sich Filme fast nur noch um sie drehen – wir Männer werden völlig an den Rand gedrängt."
Um die Gegenprobe zu liefern, habe ich die 75 erfolgreichsten Filme, die 2018 in Deutschland gestartet sind, auf ihre Hauptfiguren abgeklopft.
Filme mit männlicher Hauptfigur: «Phantastische Tierwesen – Grindelwalds Verbrechen», «Avengers | Infinity War» (wahlweise ist Thanos die Hauptfigur oder es ist ein Avengers-Ensemblefilm, in dem Fall wäre eine überwiegend männliche Gruppe die Hauptfigur), «Bohemian Rhapsody», «Deadpool 2», «Der Grinch», «Jim Knopf & Lukas, der Lokomotivführer», «Black Panther», «Peter Hase», «Venom», «Solo: A Star Wars Story», «Mission: Impossible – Fallout», «Wunder», «Klassentreffen 1.0 – Die unglaubliche Reise der Silberrücken», «Der Vorname», «Sauerkrautkoma», «Aquaman», «Hilfe, ich hab' meine Eltern geschrumpft», «25 km/h», «The Equalizer 2», «Greatest Showman», «Der Junge muss an die frische Luft», «Smallfoot - Ein eisigartiges Abenteuer», «The First Purge», «Ready Player One», «The Commuter», «Maze Runner – Die Auserwählten in der Todeszone», «Meg», «Petterson und Findus – Findus zieht um», «Fünf Freunde und das Tal der Dinosaurier», «Das schönste Mädchen der Welt» (dem Titel zum Trotz), «Hot Dog», «Papst Franziskus - Ein Mann seines Wortes», «Die dunkelste Stunde», «Pacific Rim: Uprising», «Christopher Robin», «Tabaluga – Der Film», «Skyscraper», «Gunderman», «Das Haus der geheimnisvollen Uhren», «Rampage – Big Meers Bigger».
Filme mit weiblicher Hauptfigur: «Fifty Shades of Grey – Befreite Lust», «Mamma Mia! Here We Go Again», «Die Unglaublichen 2», «Die kleine Hexe», «Die Verlegerin», «Halloween», «Der Nussknacker und die vier Reiche» (dem Titel zum Trotz]], «Red Sparrow», «The Nun», «Three Billboards Outside Ebbing, Missouri», «Ocean's 8», «Mary Poppins' Rückkehr», «Tomb Raider», «Shape of Water – Das Flüstern des Wassers», «Insidious – The Last Key», «Liliane Susewind - Ein tierisches Abenteuer», «Bumblebee», «Wendy 2 – Freundschaft für immer», «Der Sex Pakt», «A Quiet Place», «Book Club – Das Beste kommt noch», «I Feel Pretty», «Die Biene Maja – Die Honigspiele», «Mortal Engines - Krieg der Städte».
Filme, in denen es unklar ist: «Hotel Transsilvanien 3 – Ein Monster Urlaub» (Dracula und seine Tochter stehen im Fokus, wer wichtiger ist, lässt sich ausdiskutieren – ich tendiere zu Dracula, aber wofür haben wir die Kommentarfunktion?), «Jurassic World – Das gefallene Königreich» (Chris Pratts oder Bryce Dallas Howards Rolle?), «A Star Is Born» (im Mittelpunkt steht ein Paar – wenngleich es fast nur männliche Bekannte hat, packe ich das hier mal großzügig in die Sparte 'Unentschieden'), «Ant-Man and the Wasp», «Ballon», «Wahrheit oder Pflicht», «Das Leben ist ein Fest», «Game Night».
Wir sehen: 40 Filme sind primär männliche Erzählungen, nur 24 haben weibliche Hauptfiguren, der Rest der Top 75 des deutschen Startjahres besteht aus Streitfällen. Aber, klar: Vor lauter Frauen gibt es keine Männergeschichten mehr im Kino zu sehen …
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