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«Das Traumschiff»: Ein Riese wankt

Das Vorzeigeformat schippert mehr denn je zwischen den Welten: Die Macher halten an Altbewährtem fest, doch sogar direkt Beteiligte verlassen das Schiff und äußern herbe Kritik. Wohin geht die Reise? Eine Analyse mit O-Tönen von Nick Wilder.

Seite 1 Auf den Tag genau heute vor drei Jahre hat Quotenmeter bereits einmal ausführlich über eines der langlebigsten Formate des deutschen Fernsehens berichtet: «Das Traumschiff». Im damaligen Artikel stellten wir Tendenzen fest, die Serie abseits der bekannten Stärken in Einzelbereichen neu zu erfinden. Man denke an den Einsatz von Drohnen, die wunderbare Luftaufnahmen ermöglichten.

Damals schrieben wir dazu: "Doch ist es auch ein Zeichen von Stärke, kleine Veränderungen nicht erst dann anzustoßen, wenn der Abgrund bereits in Sichtweite ist."

Der Artikel schloss mit dem wohlwollenden Fazit: "Solange Menschen träumen wollen und sich nach aufmunternden Antworten auf die nicht ganz so leichten Fragen des Lebens sehnen, darf «Das Traumschiff» gerne fester Bestandteil der Feiertagsunterhaltung bleiben."

Mit Sascha Hehn (als Kapitän Victor Burger) an der Spitze, sowie den beliebten Nick Wilder (Dr. Wolf Sander) und Heide Keller (Beatrice von Ledebur) schien alles in bester Ordnung und das Schiff bereit für eine Fortsetzung der Erfolgsgeschichte.

Voller Stopp!


Drei Jahre später muss man konstatieren: Von der Aufbruchstimmung ist nichts mehr übriggeblieben. Für «Das Traumschiff» gab es seitdem exakt zwei Richtungen: Die eine war die der Einschaltquoten und darf als Abwärtstrend gewertet werden, die andere betrifft die der inhaltlichen Stagnation. Neue Ideen gab es keine mehr, die Drehbücher machten eher einen Schritt zurück und auch an allen anderen Fronten herrschte Stillstand.

Zu den nackten Zahlen muss man fairerweise anmerken: «Das Traumschiff» ist mit den Verlusten nicht allein und befindet sich immer noch in einer luxuriösen Situation. Dass es nicht mehr reicht, den «Tatort» im Ersten konstant zu schlagen, ist die eine Sache. Dass rund sechs Millionen Zuschauer für ein Format aus Großvaters Zeiten eine Wucht sind, jedoch die andere.

Generationenproblem


Dennoch muss man sich eine Sache ganz klar vor Augen führen: Als «Das Traumschiff» 1981 erstmals ablegte, lagen für Deutschland schwere Zeiten zurück und Träume traten stärker in den Vordergrund als Sorgen.

Die Menschen wollten sich von den Möglichkeiten des Lebens beflügeln lassen und ließen sich nur zu gerne auf dieses übermenschlich große Fenster in die Welt ein. Das Traumschiff zeigte eine Welt, die für Otto-Normal-Familien nicht erreichbar war. Wo heute das Reisen zu exotischen Zielen für viele Deutsche zur Selbstverwirklichung gehört, war es damals pure Träumerei.

Deutschland dankte es dem Format mit Sensationsquoten. Doch machen wir uns nichts vor: Wir sprechen vom Beginn der 80er-Jahre! Der Siegeszug der Privaten begann erst 1984! Als Rademanns Dampfer in See stach, besaßen die öffentlich-rechtlichen Sender noch ein Monopol auf Unterhaltung.

Ein zweiter Punkt betrifft das Generationenproblem. Die Menschen, die damals vom Traumschiff gefesselt wurden (sei es mangels Alternative oder aus den anderen genannten Gründen), gehörten allen möglichen Altersschichten an und wuchsen über die Jahre und Jahrzehnte mit. Die heutige Ü40-Generation ist vermutlich die verbliebene mitgewachsene Kernzielgruppe der damaligen Kinder. Alle Jüngeren haben mit dem Format nicht mehr viel am Hut und sind zudem viel mehr als die Älteren durch die neuen Verwertungsformen in den Bereichen Film und Serie geprägt. «Das Traumschiff» ist für diese Altersgruppe ein Fossil, maximal noch Kult, wird aber dramaturgisch in jedem Fall nicht mehr ernstgenommen. Dass die Älteren aus der Anfangszeit zu Beginn der 80er-Jahre heute teilweise versterben ist der Gang des Lebens. Somit verliert sich das, was man über Jahrzehnte als harten Kern bezeichnen konnte, immer mehr; nachkommen wird aber eher nichts, da sich das Gros der Gruppe unter vierzig nicht mehr mit der Machart identifizieren kann.

Clevere Ansätze, auch das jüngere Publikum an Bord zu holen, ohne die Älteren zu vergraulen, wären also durchaus notwendig. Womit wir uns von den Zahlen lösen und tiefer in die inhaltlichen Fragen eintauchen wollen.

Raue See


Auch wenn heutzutage andere Stoffe hip sind, gibt es keinen Zweifel: Die Sehnsucht der Menschen nach Wohlfühl-TV ist immer noch groß. In diesem Sektor hat eine Produktion wie «Das Traumschiff» eigentlich alle Trümpfe in der Hand.

Wunderbare Orte, malerische Bilder, Geschichten zum Schwelgen, positive Gefühle und anrührende Fragen des täglichen Lebens dominieren die Abenteuer der wackeren Crew. Dazu gesellt sich ein nicht minder relevanter Kultfaktor. «Das Traumschiff» hat alles überlebt. Wer heute noch mit Opa und Oma über Fernsehen plaudern möchte, hat dank der ZDF-Produktion immer eine gute Chance. So schwer das Generationenproblem also auch zukünftig wiegen dürfte, so generationenverbindend ist das Format aktuell noch. Doch was ist in zehn oder zwanzig Jahren?

Sorgen bereiten daher auch eher die inhaltlichen Fragen. Dass man ein funktionierendes Konzept nicht aus reinem Aktionismus verändert ist nachvollziehbar. Weniger nachvollziehbar ist allerdings, warum offenbar selbst der geringste Impuls fehlt, etwas Gutes noch besser zu machen.

Das sah auch Frontmann Hehn so, der sich bis vor zwei Jahren in den Medien noch durchaus zufrieden äußerte, seitdem aber Tendenzen erkannte, die ihm nicht gefielen. Der als Querkopf verschriene Routinier mahnte in verschiedenen Bereichen intern Mut zu Veränderungen und neuen Wegen an; fand offenbar aber nie Gehör. Was die Macher dabei nicht bemerkten: Hehn ist weniger Querkopf, denn vielmehr Querdenker. Er gehört zu einer seltenen Spezies innerhalb der Szene, die genau beobachtet, reflektiert und den inneren Antrieb besitzt, Missstände mit offenem Visier anzusprechen und anzugehen.

Eine fast schon alberne, aber bezeichnende, Anekdote ist, dass Hehn von Beginn an gern ein maßgeschneidertes Uniformhemd gehabt hätte, wie es bei erfolgreichen ausländischen Formaten für Protagonisten üblich ist. Stattdessen musste er mit Marine-Standard Vorlieb nehmen und fühlte sich darin stets unwohl. Überlegt man sich, dass mit rund 200 Euro das Problem zur Zufriedenheit des Hauptdarsteller gelöst hätte werden können, darf man schon irritiert die Stirn runzeln. Die öffentlich-rechtlichen Sender waren, sind und bleiben eben verlässlich bewegungsresistent.

Wenn man jemandem wie Hehn also die simpelsten Wünsche abschlägt, ist das Ergebnis nach einer gewissen Zeit des Brütens nicht verwunderlich: Der Star checkte aus. Die beiden Episoden, die traditionell am zweiten Weihnachtstag (Hawaii) und Neujahr (Japan) laufen werden, hatte er vor seinem Abgang noch beendet. Für eine Abschiedsszene reichte es indes nicht mehr. Das mag man dem Publikum gegenüber unfair finden, zeigt letztlich aber nur absolute Konsequenz und ist eine Seltenheit im TV-Business geworden.

Sascha Hehn hat für sich den einzig passenden Abgang gewählt, die vereinbarte Arbeit professionell beendet und dann einen endgültigen Schlussstrich gezogen. Ein Mann, ein Wort. Dafür gebührt ihm mehr Lob denn Kritik.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie es mit dem Traumschiff nach dem Abgang von Hehn weitergehen kann und was Kollege Nick Wilder alias Doc Sander zum Status Quo sagt.
weiter »
25.12.2018 10:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/106095
Björn Sülter

super
schade

69 %
31 %

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Tags

Das Traumschiff Tatort

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Es gibt 7 Kommentare zum Artikel
Quotermain
26.12.2018 08:55 Uhr 5


Natürlich ist seine Formulierung "unelegant", aber bevor Sie ihn versuchen zu maßregeln, sollten Sie vielleicht die eigenen Postings nochmal lesen, Frau Kaitänin.



Müssen Sie eigentlich immer schreien?

Netiquette Zitat Wikipedia: "Das Schreiben in GROSSBUCHSTABEN oder andauernde Fettschrift gilt nicht nur als unschön, sondern wird in der Regel als aggressives Schreien interpretiert und sollte daher unterbleiben. Zudem gilt es als aufdringlich und unhöflich, mehrere Satzzeichen hintereinanderzureihen."



Zum Thema, selbst in der Omma-Generation scheiden sich an Frau Wussow die Geister und ohne den bekannten Brinkmann wäre aus dieser vielleicht auch weniger geworden.
Fabian
26.12.2018 09:01 Uhr 6
So, jeder liest an Weihnachten noch mal durch, was er geschrieben hat. Wenn ihr wollt, dass eure Kinder mal wissen, was ihr so geschrieben habt, dann ändert es. Ich würde mich für so was schämen.



Fröhliche Weihnachten
Quotermain
26.12.2018 14:53 Uhr 7


Urbi et Orbi am zweiten Weihnachtstag.

Amen.
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