Seitdem «Die Helene Fischer Show» im Jahr 2011 das erste Mal zu Weihnachten zu sehen war, hat sie sich über die Jahre zu einem jungen Klassiker gemausert. Für viele Familien ist die Show der aktuell erfolgreichsten deutschen Sängerin mittlerweile ein Muss zum Fest – doch warum ist das so?
Man könnte es darauf herunterbrechen, dass Helene Fischer mit ihrer stetig wachsenden Medienpräsenz aufgrund der Berichterstattung an sich allein in aller Munde ist. Dass sie durch die ewigen Berichte über ihren Erfolg ein Selbstläufer wegen ihres großen Namens zu sein scheint. Das mag zum Teil stimmen, allerdings verkauft sich so ein Name nicht über Jahre hinweg allein des Namens wegen, wenn das Produkt selbst nicht taugt. Worin liegt also das Geheimnis der «Helene Fischer Show»?
Gäste wie vom Fließband
Eros Ramazotti, Luis Fonsi, Kerstin Ott und Howard Carpendale sowie Maite Kelly, Michelle, Ben Zucker, Luca Hänni, Paola Felix und Eli werden unter anderem dieses Jahr die musikalische Gästeliste füllen. Neben Magier Farid und den Comedians Olaf Schubert und Martin Schneider gesellen sich noch einige Akrobaten und Performance-Künstler in die Riege ihrer diesjährigen Gäste. Und genau das ist der Grund für den Erfolg: Das größtmögliche Potpourri an Künstlern und Musikstars, das sich in eine 180-minütige Abendshow in herausragender Studiokulisse pressen lässt. Komme, was wolle. Komme, wer wolle.
Bei der Gästeauswahl fällt wie in den Jahren zuvor auf, dass es keinen roten Faden gibt. Und dieser nicht vorhandene rote Faden ist es, der die Show für alle potenziellen Zuschauer öffnet. Wenn die Familie am Ersten Weihnachtsfeiertag vor dem Fernseher zusammenkommt, dürfte für jeden Zuschauer auf der weihnachtlichen Familiencouch zumindest ein Name dabei sein, der die Programmauswahl für den Abend abnickbar macht. Wäre man böse, würde man sagen: Die Show wird mit so vielen verschiedenen Gästen vollgepumpt, dass unter Garantie der kleinste gemeinsame Nenner dabei herauskommt. Hauptsache, es ist alles wunderschön.
Großartige Produktion
Doch nicht allein die Gästeliste macht die «Helene Fischer Show» jedes Jahr zu dem, was sie ist. Wie wir alle in der «Höhle der Löwen» von Frank Thelen gelernt haben, ist die Verpackung genauso wichtig wie der Inhalt. Daher muss an dieser Stelle unbedingt erwähnt sein, wie herausragend die optische Aufmachung der Show ist. Die Produktion und vor allem das Bühnendesign sind in Zeiten der immer seltener werdenden, großen Showproduktionen im deutschen Fernsehen ein Leuchtturm an optischer und technischer Kunst.
Sie ist ein Phänomen
Der oben erwähnte schier nicht enden wollende Fluss an Gästen hat es auch in diesem Jahr wieder nötig gemacht, die Show an gleich zwei Abenden hintereinander aufzuzeichnen. Zwei Mal ist die Messehalle 6 in Düsseldorf auch 2018 wieder ausverkauft gewesen. Bei eBay wurden die Tickets daraufhin für 400 Euro verhökert. Und das, obwohl zum Verkaufsstart Anfang Juli bei über 30 Grad noch gar nicht feststand, wer genau mit Helene Fischer Anfang Dezember die Weihnachtszeit einläuten wird.
Das Phänomen der Helene Fischer war vor einigen Wochen besonders gut zu erkennen. Als die diesjährige Forbes-Liste der erfolgreichsten Sängerinnen der Welt erschien, rieb man sich verwundert die Augen. Auf Platz acht las man Helene Fischers Namen. Vor Céline Dion und Britney Spears. Gerade Letztere überzeugte mit einer überaus erfolgreichen Show in Las Vegas und vor allem mit einer auskauften Tournee in Amerika und Europa in diesem Jahr. Und dennoch hat sich Helene Fischer einen höheren Platz gesichert. Ihr Weihnachtsalbum 2017, ihre Konzerte und nicht zuletzt ihre Stadiontour in diesem Jahr haben ihr diesen überaus schicken Titel beschert.
Selbst bei Helene gilt: Es ist nicht alles wunderbar
Bei all den Superlativen lässt sich aber eins nicht unterschlagen: Auch, wenn die Show jedes Jahr zwischen fünf und sechs Millionen Zuschauer vor den Fernseher lockt und auch, wenn die Show mittlerweile ein fester Termin für viele Familien ist: Spektakulär ist die Show nun nicht. Spektakulär mögen die sieben Minuten sein, die die Artisten auf der Bühne herumschlawenzeln und sich ihre Körper am Seil unter der Hallendecke verbiegen, allerdings gilt dies nicht für die Show an sich.
Es wird gesungen, es wird erzählt. Sicher, die Auftritte selbst sind unterhaltsam, es ist nett anzusehen – doch liegt über den gesamten Showabend ein Nebel der Durchschnittlichkeit. Wäre es nicht Helene Fischer, die dort mit allerlei Gästen auf der Bühne singt und musiziert, wäre der Reiz komplett verflogen. Denn: Die unglaubliche Schlagzahl an Gästen für eine Show lässt sich nur stemmen, wenn man bei der Stardichte Abstriche macht. Die beiden großen Namen in diesem Jahr sind Kiefer Sutherland und Eros Ramazotti. Vielleicht auch noch Luis Fonsi, der 2017 mit «Despacito» den Sommerhit des Jahres landete. Ansonsten reicht man dem Zuschauer auch in dieser Abrechnungsperiode maximal B-Ware wie den Gewinner von «Deutschland sucht den Superstar» von 2012, Luca Hänni. Oder Kerstin Ott, deren erster und größter Hit aus dem Jahr 2016 stammt und auf den Namen "Die immer lacht" hört. Geübte Schützenfestbesucher aus dem Sauerland und Ruhrgebiet fürchten sich bereits jetzt, dass sie das Stück nun auch an Weihnachten hören müssen.
Man könnte hinter vorgehaltener Hand sagen, dass 2018 ein schlechter Jahrgang der Show ist. Aber bei genauer Betrachtung fällt auf, dass es in den vorherigen Jahren nicht anders war. Genug große Namen für die Werbung, zu wenig für einen pompösen Starauflauf – den Rest der Sendezeit rettet das Kanonenfutter.
Alles ist wunderschön
Aber sei’s drum, es braucht nicht ein ganzes Dutzend an Stars, damit die Show funktioniert. Der Star der Show ist ja das Vorzeigeprodukt deutscher Musikgeschichte selbst: Helene Fischer. Und wie sie durch den Abend führen wird, wissen wir auch. Helene Fischer ist entweder „total stolz“, dass sie den folgenden Gast „begrüßen darf“ oder es ihr „bedeutet es viel“ oder es „ist ihr eine Ehre“, dass sie jemanden auf der Bühne stehen hat. Die Floskeln sind austauschbar, allerdings im Tenor identisch: Kleine Brötchen backen, anbiedern, bloß nicht anecken. Und bitte, bitte, bloß so freundlich wie möglich. Es ist ja Weihnachten.
Das kann man mögen und sympathisch finden. Das ist auch völlig in Ordnung. Man kann es jedoch auch als zu glatt und zu langweilig empfinden. Beiden Lagern dürften genug Stimmen zuteil werden. Und das ist auch völlig in Ordnung.
Womöglich ist es der Jahreszeit geschuldet, dass wir alle wenigstens für drei Stunden oder mehr eine perfekte Welt erleben wollen. Eine Welt, in der dort im Fernsehgerät alles in Ordnung ist, in der alles schön ist. Sich jeder lieb hat. Sich jeder küsst und umarmt. Man weiß ja auch nicht, wie schlimm die Familie in den Stunden zuvor zu ertragen war. Womöglich ist die Sendung für viele Zuschauer das friedlichste Ereignis, das sie über die Weihnachtsfeiertage erleben. Und wenn dem so ist, hat die «Helene Fischer Show» schon allein deswegen ihre Daseinsberechtigung erfüllt. Denn es ist ja alles wunderschön.
Die «Helene Fischer Show» sehen Sie am Ersten Weihnachtsfeiertag um 20.15 Uhr im ZDF.
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