Wrestling – für die einen himmelschreiender Blödsinn und Unfug, doch für die andere Seite große Kunst und sportliche Höchstleistung.
Brennende Tische, durch die muskelbepackte Männer geworfen werden und Käfige, von denen aus schwindelerregender Höhe Menschen heruntergeworfen werden. Selbst Wrestling-Fans müssen zugeben, dass der Sport für Außenstehende zuweilen sehr seltsam aussehen kann. Noch dazu kommt die WWE (World Wrestling Entertainment), die den Sport fragwürdig vermarktet, sich in den vergangenen Jahrzehnten jedoch ein absolutes Monopol im Wrestling aufbauen konnte. Doch aus Japan kommt starke Konkurrenz, die die WWE nicht mehr ignorieren kann.
Zwei Männer liegen erschöpft in der Mitte eines Rings, um sie herum eine Masse aus tausenden von jubelnden Menschen. Dem Mann mit blond gefärbten Haaren werden goldene Gürtel umgeschnallt und er wird gefeiert wie ein Nationalheld. Es sind die Wrestler Kenny Omega und Kazuchika Okada, die beiden größten Superstars des japanischen Wrestling-Unternehmens New Japan Pro-Wrestling>, kurz: NJPW. Omega und Okada gelten als die mitunter besten Sportler ihres Fachs und in Japan ist deren Status durchaus vergleichbar mit dem deutscher Fußball-Nationalspieler.
Doch was ist nun das besondere an NJPW und seiner Bedeutung in der Wrestling-Welt? Das japanische Unternehmen hat sich im Gegensatz zu anderen Organisationen als ernstzunehmender Konkurrent gegen die übermächtig erscheinende US-amerikanische WWE etabliert und gilt als die international zweitgrößte Wrestling-Firma. Die WWE ist dafür bekannt vielversprechende Wrestler aus anderen Organisationen mit verlockenden Geldsummen zu sich zu locken, entweder in die NXT, ihre Newcomer-Sparte, oder aber direkt in große PPVs wie beispielsweise Royal Rumble oder Summerslam.
Doch NJPW hat sich bisher gegen die WWE größtenteils behaupten können und hat sich in Japan als die unangefochtene Nummer eins im Wrestling etabliert. Dies liegt zum Einen daran, dass die Wrestling-Matches qualitativ deutlich anspruchsvoller sind als die, die in den WWE-Ringen stattfinden. Dave Meltzer, der populärste Journalist in der Wrestling-Branche, vergibt ausgewählten Matches eine Wertung, in der fünf Sterne das Maximum sind. Während der WWE jahrelang die volle Anzahl Sterne verwehrt blieb, gab Meltzer den Matches aus Japan regelmäßig fünf und ausnahmsweise sogar sieben Sterne. Die Aktionen in und mit den Ringseilen sind in Japan also deutlich hochwertiger als die, die von der WWE gezeigt werden.
Noch dazu kommt, dass die WWE oftmals das Opfer von Kritik wird, ihre Sportler nicht angemessen zu fördern. Der Wrestler Finn Bálor beispielsweise war eine beliebte Figur in der japanischen Wrestling-Welt, wurde jedoch von der amerikanischen Konkurrenz abgeworben. Seitdem ist sein Status bei Weitem nicht mehr der, der er noch in Japan war. Seine Matches sind seitdem sportlich nicht im Ansatz so beeindruckend wie zuvor und auch seine Persönlichkeit im Ring wurde von einem überzeugenden Bösewicht in die eines weichgewaschenen und nichtssagenden Lederjackenträger umgewandelt. NJPW baut seine Stars besser auf, bietet ihnen regelmäßig die Möglichkeit ihre Qualitäten im Ring zu zeigen und verschenkt deren Potential nicht.
Noch dazu hat NJPW ein PPV etabliert, das das japanische Äquivalent zu WWEs größtem Event Wrestlemania ist. Wrestle Kingdom nennt sich das Gegenstück und geht 2019 bereits in die dreizehnte Runde. Noch sind die PPV-Verkäufe von Wrestlemania deutlich höher, dennoch sind die Verkäufe der WWE in den vergangenen Jahren konstant gefallen und für Liebhaber des qualitativen und technisch anspruchsvollen Wrestlings ist Wrestle Kingdom ohnehin schon seit Jahren der Höhepunkt. Das Monopol der WWE schwindet, wenn auch nur langsam.
Dabei ist NJPW nicht die einzige Konkurrenz, die aktiv am Thron der WWE rüttelt. Am ersten September diesen Jahres fand das Wrestling-Event All In statt, das von mehreren Independent-Wrestlern ins Leben gerufen wurde. Darunter waren auch NJPW-Sportler und sowohl die Reaktion der Fans, als auch die PPV-Verkäufe zeigten, dass sich das Event gegenüber der allmächtigen WWE behaupten konnte. All In II spukt seitdem als Gerücht in der Wrestling-Szene umher und die Erwartungen an den potentiellen Nachfolger sind hoch. Ob ein solches PPV erneut stattfindet bleibt noch abzuwarten, ist jedoch sehr realistisch.
Das Monopol der WWE schrumpft und das aufgrund der Politik des Geschäfts gegenüber seinen eigenen Sportlern und der Matchqualität im Ring. Während sich NJPW auf die sportliche Ebene konzentriert, versucht die WWE immer wieder zwanghaft hanebüchene Storylines zu etablieren, die purer Trash und nur in den seltensten Fällen unterhaltsam sind.
Noch ist der Vorsprung des US-amerikanischen Unternehmens zu groß, um es mit wenigen Veranstaltungen zu überholen. Doch in Zukunft wird sich die WWE entweder grundlegend selbst revolutionieren müssen oder aber der japanischen Konkurrenz weichen.
Der Kampf der Wrestling-Firmen ist wie ein gutes Wrestling-Match: ein wenig absurd, höchst unterhaltsam und spannend bis zur letzten Sekunde.
15.12.2018 11:39 Uhr
Kurz-URL: qmde.de/105894
Martin Seng
Man sollte auch "Lucha Underground" nicht vergessen - leider ist die 1. Staffel bei Tele 5 ja gefloppt, dabei war die wesentlich frischer und überraschender als fast alles, was die WWE in den vergangenen Jahren geboten hat.
kauai 15.12.2018 15:32 Uhr 2
Nun ja. Ich kann weder mit Lucha Underground noch NJPW oder ROH was anfangen. Natürlich ist in der WWE bei Weitem nicht alles Gold was glänzt, aber trotzdem ist das Produkt für mich ne Klasse besser als der Rest!
Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
15.12.2018 14:40 Uhr 1
15.12.2018 15:32 Uhr 2
Nun ja. Ich kann weder mit Lucha Underground noch NJPW oder ROH was anfangen. Natürlich ist in der WWE bei Weitem nicht alles Gold was glänzt, aber trotzdem ist das Produkt für mich ne Klasse besser als der Rest!