Disney und Jerry Bruckheimer wollen einen neuen «Pirates of the Caribbean»-Film, doch ob es eine Fortsetzung oder ein Reboot wird, ist unklar. Geht Johnny Depp alias Käpt'n Jack Sparrow etwa von Bord?
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Einfach weiter segeln
Nachdem all das geklärt ist, kommen wir zur anderen brennenden Frage. Und da ist meine Antwort ein großes, lautes: "Nein. Bitte kein Reboot!" Denn selbst wenn sich die öffentliche Wahrnehmung der «Pirates of the Caribbean»-Reihe gemeinhin auf Jack Sparrow beschränkt, ist er bei weitem nicht das alleinige Erfolgsgeheimnis dieser Filme. Das erkennt man allein schon daran, wie sich über die Jahre hinweg die Meinung bezüglich Will und Elizabeth gewandelt hat und Fans in den sozialen Netzwerken verstärkt darum bitten, mehr von ihnen zu sehen, nachdem sie einst noch von vielen eher als Beiwerk betrachtet wurden. Die «Pirates of the Caribbean»-Filme leben nicht von Jack Sparrow und Jack Sparrow allein. Sie leben von der Welt, von der sie erzählen, sowie vom Tonfall, in dem sie von ihr erzählen. Es geht um bombastisch umgesetzten Seemannsgarn mit Humor und Drama, gewürzt mit epochaler Instrumentalmusik, die eine leicht rockige Attitüde mit sich bringt.
Nur, weil der fünfte Film innerhalb dieser Filmreihe in den USA unter den Erwartungen abschnitt und wir uns (möglicherweise) vom bisherigen Publikumsliebling unter den Figuren trennen, muss man da doch nicht direkt auf "Alles löschen" drücken und einen kompletten Neustart anordnen. Wir haben eine große, eklektische Auswahl an bereits eingeführten Figuren und ein großes Filmuniversum mit zahlreichen erzählerischen Möglichkeiten. Erzählt in einem sechsten Film einfach von Keira Knigthley als Elizabeth Swann, Orlando Bloom als Will Turner, Brenton Thwaites als deren Sohn Henry sowie Kaya Scodelario als Astronomin und Abenteurerin Carina.
Misst euch dann nicht mit den Marvel-Blockbustern und deren Trittbrettfahrern, sondern nehmt weiter stolz die Fantasy-Abenteuer-Marktlücke für euch ein. Erzählt ein launiges, gleichermaßen epochales neues Kapitel im Leben dieser Figuren, wie sie gegen Golshifteh Farahani als Seehexe Shansa und Penélope Cruz als unberechenbare Piratin Angelica antreten müssen. Wenn dann noch die «Pirates of the Caribbean – Fremde Gezeiten»-Rückkehrer Sam Claflin als Philip Swift und Àstrid Bergès-Frisbey als Meerjungfrau Syrena in diesem Abenteuer als neutrale, dritte Partei eingreifen sowie Lee Arenberg und Mackenzie Crook als das exzentrische Piraten-Duo Pintel und Ragetti für Chaos sorgen, führt Teil sechs die bisherigen Filme zusammen und hat so das große Figureninventar, um erneut so ein famoses, Haken schlagendes Stück Fantasybombast zu werden wie «Pirates of the Caribbean – Fluch der Karibik 2», der schließlich noch immer der erfolgreichste Teil der Reihe ist.
Vielleicht streiten all diese Parteien um Macht im piratigen Rat der Bruderschaft. Oder das im fünften Teil gezeigte Lüften sämtlicher Flüche hat die Karibik in Unruhe gestürzt. Oder bedingt das Eine gar das Andere? Und wer will Elizabeth und Will glauben lassen, Davy Jones sei noch am Leben und hinter ihnen her? Erzählt davon, und das mit enormer Bandbreite. Da geschieht so viel, dass gar keine Zeit bleibt, um Jack Sparrow zu vermissen. «Fluch der Karibik» war ein Überraschungserfolg, die nächsten beiden Teile waren ein popkulturelles Phänomen, ganz egal, ob die US-Kritiken negativer waren als zu Beginn der Reihe. «Pirates of the Caribbean» funktioniert als rockig-süffisanter Fantasy-Abenteuerstoff, und so einer lebt von Figurenvielfalt, Fallhöhe, Storytelling und Weltenbildung. Wozu also einen Neustart, wenn wir den Stoff für ein neues, gigantisches Abenteuer bereits vor uns haben und daraus bloß die richtige Erzählung spinnen müssen?
Und wenn die erste Trilogie sowie Teil vier und fünf zu einem großen Finale zusammenfinden, zu einem Clash jener, die Jack Sparrow auf irgendeine Weise beeinflusst hat und die nun ohne sein Dazutun auskommen müssen … Tja, dann sind für Teil sieben und weitere Fortsetzungen alle Seewege offen. Und die können sich auch eines Tages wieder mit Jack Sparrows Kurs kreuzen, wenn «Pirates of the Caribbean» bewiesen hat, nicht von ihm abhängig zu sein und es sich zudem wieder mit Johnny Depp arbeiten lässt. Und bis dahin lässt sich das Filmuniversum noch immer munter in diverse Richtungen erkunden. Es wäre halt nur schade, diese packende Filmwelt weiter in seinem Schatten verharren zu lassen. Oder sie gar wegzuschmeißen, bloß weil man sich von ihm trennen möchte.
Es gibt 5 Kommentare zum Artikel
31.10.2018 13:16 Uhr 3
@ Vittel: Wenn's eine Frau sein soll, könnte man halt einfach Elizabeth und Co. in den Fokus nehmen. Und ich wäre da eher gegen die "Deadpool"-Autoren, aber vielleicht bin ich da einfach ihnen gegenüber zu negativ gestimmt.
31.10.2018 14:27 Uhr 4
Die Zielgruppe für PotC ist aber auch recht jung, die wollen keine "Oma"
Ob Keira noch Lust auf weitere Filme hat, ich wage es zu bezweifeln.
Zudem würde durch Anwesenheit bekannter Hauptcharaktere die Abwesenheit anderer Hauptcharaktere um so mehr auffallen, insbesondere halt Jack Sparrow.
Ne, das müsste eine vom Schlage Alicia Vikander übernehmen, allerdings nicht sie selbst, denn ihre Rolle scheint zumindest in diesem Genre gesetzt.
Oder eine Neuentdeckung wie Emilia Clarke oder Sophie Turner oder Daisy Ridley. (btw. alles Britinnen, Zufall?)
PS: Jedes Mal, wenn ich über britische Schauspielerinnen nachdenke: Wo sind denn die deutschen Equivalente zu den o.g. und weiteren wie Emiliy Blunt, Gemma Arterton, Kate Beckinsale, Lena Headey, Emma Watson, Felicity Jones, Catherine Zeta Jones, Hayley Atwell, Rachel Weisz, Rosamund Pike, Rose Leslie, Sienna Miller, Elizabeth Hurley
Das kann doch nicht nur die leichtere Zugänglichkeit zum Filmbusiness aufgrund der Sprache sein. Das ist das fast ein Nest
31.10.2018 17:23 Uhr 5