Die neunte Ausgabe von «Nord Nord Mord» ist zugleich die erste Folge der Ära nach Robert Atzorn alias Theo Clüver. Wie sich sein Nachfolger schlägt? Wir verraten es …
Cast und Crew
- Regie: Thomas Jauch
- Darsteller: Peter Heinrich Brix, Julia Brendler, Oliver Wnuk, Sinja Dieks, Adina Vetter, Angelika Thomas, Ralph Herforth, Victoria Trauttmansdorff, Timo Jacobs
- Drehbuch: Stefan Cantz & Jan Hinter
- Kamera: Rodja Kükenthal
- Schnitt: Friederike von Normann
- Musik: Christoph Zirngibl
Hinnerk Feldmann (Oliver Wnuk) träumt von der Beförderung, sieht sich im Land des Schlummers schon als Herrscher über die Dienststelle der Sylter Kriminalpolizei – aber daraus ist nichts geworden. Genauso wie seine emsige Kollegin Ina Behrendsen (Julia Brendler) reichte er vergeblich eine Bewerbung auf den Posten ein, den Theo Clüver hinterlassen hat. Stattdessen fiel die Wahl auf Hauptkommissar Carl Sievers (Peter Heinrich Brix) – ein eher kurz angebundener Kieler, dem die Hochnäsigkeit vieler Sylter ebenso suspekt ist wie die Lebenserhaltungskosten und Mietpreise. Sievers wollte den Posten gar nicht – entsprechend frostig fällt das Kennenlernen zwischen ihm, Behrendsen und Feldmann aus, zumal Sievers Dinge zumeist wörtlich nimmt und mit Feldmanns Humor entsprechend wenig anzufangen weiß.
Während die Sylter 'Veteranen' rätseln, weshalb Sievers von Kiel nach Sylt versetzt wurde, und immer wieder in einer Sackgasse landen, muss sich das Dreiergespann wider Willen zusammenraufen, um einen echten Fall zu lösen: Kurz nach Sievers' Dienstantritt wird in einem Auto auf Sylt eine Leiche gefunden. Der Tote ist Gunnar Schneider, ein Oberkommissar der Kieler Schutzpolizei, in dessen Hotelzimmer die Kommissare 30.000 Euro und eine Kamera mit Fotos des Gastronomen Oliver Kruse (Ralph Herforth) finden. Kruse wiederum steht unter Verdacht, in seinen Lokalen auf Sylt und in Kiel mit Drogen zu dealen. Hat Schneider ihn etwa erpresst?
© ZDF/Marion von der Mehden
Die Kieler Hauptkommissarin Elke Börner (Adina Vetter) informiert den neuen Leiter des Sylter Kommissariats, Carl Sievers (Peter Heinrich Brix), von der Verwicklung des toten Polizisten in illegale Wettgeschäfte.
8,87 Millionen Menschen sahen im Januar zu, als Robert Atzorn zum letzten Mal in «Nord Nord Mord» aufgetreten ist und damit zudem seinen Abschied vom Fernsehen genommen hat. Große Fußstapfen, die der Neuanfang der Krimireihe zu füllen hat. Schade, dass «Nord Nord Mord – Sievers und die Frau im Zug» ein Fernsehkrimi von der Stange ist. Das Skript von Stefan Cantz und Jan Hinter könnte mit geringen Anpassungen für fast jede andere Krimireihe im deutschen Fernsehen herhalten – sowie für Auftaktfolgen vieler weiterer, neuer Krimireihen: Das eingespielte, humorvolle Team muss sich an den humorlosen, neuen Vorgesetzten gewöhnen, der wiederum muss sich an seinen neuen Arbeitsplatz gewöhnen. Und natürlich gibt es Mini-Culture-Clash, hier über die hohen Lebensmittelpreise. Das könnte auch ein Dorfpolizist, der nach Köln versetzt wird, genervt feststellen. Oder ein Aachener Kommissar, der nach München zieht. Und so weiter …
Vom humoristischen, quirligen Touch des Autoren-Duos, das ja immerhin den Münsteraner «Tatort» wie ihn mehrere Millionen von Fernsehenden kennen und lieben erfunden hat, ist diesem Fall nur bruchstückhaft anzumerken. Dass er überhaupt zu spüren ist, ist primär Oliver Wnuks gewohnt gutem komödiantischen Timing anzumerken – sowie Peter Heinrich Brix' trocken-nordischer Art, die sich mit Wnuks Scherzhaftigkeit reibt. Die Szenen, wenn Wnuk versucht, mit lockeren Sprüchen eine Brücke zu seinem neuen Chef aufzubauen, dieser die Witzlein aber auflaufen lässt, sind daher die raren Glanzlichter dieses Neunzigminüters.
Umso forcierter kommen derweil die Szenen mit Victoria Trauttmansdorf als Sievers flirtende Heilpraktikerin daher – ihnen steht "Potential für eine Werden-sie-oder-werden-sie-nicht-Dynamik, sowas kommt doch immer gut an!" auf die Stirn geschrieben, und es könnte kaum ermüdender sein. Auch der zu lösende Kriminalfall ist austauschbar: Völlig routiniert werden Menschen befragt und Indizien zusammengesetzt, Irreführungen im Skript sind ebenso überdeutlich wie Hinweise auf die Lösung. Thomas Jauchs Inszenierung spielt auf ähnlichem Niveau – solide, funktional, ohne nennenswerte stilistische Markenzeichen, vom anfänglichen, humoristisch überspitzten Traum Feldmanns zu Beginn abgesehen.
Fazit: «Nord Nord Mord – Sievers und die Frau im Zug» hält die Reihe nach Atzorns Ausstieg am Laufen und führt Brix als humorloser neuer Chef der Sylter Dienststelle ein – auf uninspiriert-routinierte Weise. Kommende Ausgaben brauchen dringend neue Ideen.
«Nord Nord Mord – Sievers und die Frau im Zug» ist am 15. Oktober 2018 ab 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel