Puppen-Visionär Brian Henson liefert mit seinem neuesten Film «The Happytime Murders» eine Komödie für Erwachsene ab, die sich allerdings nach und nach als ziemlich durchschnittlicher Noir-Krimi erweist,
Filmfacts: «The Happytime Murders»
- Start: 11. Oktober 2018
- Genre: Komödie/Crime
- Laufzeit: 91 Min.
- FSK: 12
- Kamera: Mitchell Amundsen
- Musik: Christopher Lennertz
- Buch: Todd Berger
- Regie: Brian Hanson
- Darsteller: Melissa McCarthy, Elizabeth Banks, Maya Rudolph, Joel McHale, Leslie David Baker
- OT: The Happytime Murders (USA/CN 2018)
Mit den «Muppets» und der «Sesamstraße» als Meilensteine der modernen Puppen-Unterhaltung hat Jim Henson, Begründer der Jim Henson Company, Sohn Brian nach seinem Tod im Jahr 1990 ein prestigeträchtiges Erbe hinterlassen. Doch mit «Die Muppets Weihnachtsgeschichte», die Brian Henson als erstes Filmprojekt in der Position des Produzenten und Regisseurs betreute, überzeugte der Henson-Nachkomme die Fangemeinde und Kritiker gleichermaßen. Auch an Serien wie «Die Dinos», «Animal Show» und «Muppets Tonight» war Brian Henson im Laufe seiner vielen Arbeitsjahre beteiligt, allerdings nicht an der nach wenigen Ausgaben wieder abgesetzten Neuauflage der «Muppet Show» aus dem Jahr 2015. Ist der Puppenhype einfach nicht mehr zeitgemäß? Immerhin erwiesen sich auch die jüngsten «Muppets»-Realfilme trotz jeder Menge Gaststars und feiner Drehbücher als Misserfolg. Oder bedarf es einfach nur mal wieder einer neuen Revolution innerhalb der Flausch-Unterhaltung? «The Happytime Murders» ist nun nicht ganz die erhoffte Revolution, immerhin haben sich schon weit früher Filmemacher an den Kontrast aus den vermeintlich kindgerechten Puppen und derben Gags getraut (Stichwort: «Team America»).
Das ist aber nicht das einzige Problem des Films, denn im Großen und Ganzen lässt sich sagen, dass aus dem Potenzial eines derben Puppenfilms hier kaum etwas herausgeholt wird. Nach einem schmissigen Auftakt wird «The Happytime Murders» zu einem austauschbaren Noir-Krimi.
Wer killt die Happytime-Gang?
Los Angeles, Stadt der Engel, Stars und Sternchen, wo alles möglich ist: Willkommen in einer Welt, in der Menschen und Puppen in friedlicher Koexistenz miteinander leben! Bislang zumindest – denn ein Mörder geht um und versetzt vor allem die Puppenwelt in Angst und Schrecken. Die Opfer sind die Mitglieder der einst umjubelten, mittlerweile aber etwas in die Jahre gekommenen Happytime Gang, die mit ihrer TV Show jahrelang für lachende Kinderaugen sorgten, es hinter den Kulissen aber mächtig krachen ließ. Nun ist die Party over, denn ein mysteriöser Killer räumt ein Ensemble-Mitglied nach dem anderen aus dem Weg. Detective Connie Edwards (Melissa McCarthy) übernimmt den Fall und muss sich dafür mit ihrem Ex-Partner Phil wieder zusammenraufen. Phil, selbst eine Puppe, sorgte vor Jahren mit einem schlimmen Patzer für den Ausschluss sämtlicher Puppen vom Polizeidienst. Doch in diesem Fall ist sein Know-How gefragt. Und so stürzen sich die beiden ungleichen Cops in die Arbeit – und mitten hinein in die exzessive Unterwelt des „Bad Puppets“…
So ein Pech muss man erstmal haben: Während auf dem Plakat zu «The Happytime Murders» dick und fett der Verweis prangt, dieser Film sei „Nur für Erwachsene!“, grätschte die FSK dem PR-Coup dazwischen und gab den Film kurzerhand ab 12 frei, was bedeutet, dass letztlich sogar Sechsjährige in den Film gehen können, sofern sie sich in Begleitung einer volljährigen Person befinden. Wenn in «The Happytime Murders» Wattefetzen anstatt Gedärme und Gehirn durch die Gegend spritzen, dann ist das einfach nicht explizit genug, um die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft zu einer höheren Freigabe zu bewegen. Verwunderlich ist das hingegen in Bezug auf die Ausdrucksweise und den Gehalt an sexuellen Anspielungen. Wenn hier eine Kuh von einem Tentakelwesen penetriert wird, bis etwas spritzt, von dem man nicht weiß, ob es Sperma oder Milch ist, dann ist es schon fraglich, ob man das jungen Zuschauern zumuten will – Puppenkontext hin oder her. Dasselbe gilt für den Gebrauch von Vulgärvokabular, orgiastischen Fontänen eiweißhaltiger Flüssigkeiten und der sehr explizit nachgestellten Verhörszene aus «Basic Instinct», in der die Kamera der anzüglich gekleideten Puppendame mitten zwischen die Schenkel filmt – und hier sieht man dann das, was sich bei Sharon Stone damals nur erahnen ließ.
«The Happytime Murders» bietet also einerseits genau das, was man erwartet, wenn man sich das Marketing anschaut. Doch gleichzeitig machen all die hier beschriebenen Szenen nur einen Bruchteil des Films aus.
Das Konzept wird zur Nebensache
«The Happytime Murders for free!»
Zum Kinostart von «The Happytime Murders» verlost Quotenmeter.de in Kooperation mit Tobis Filmverleih 3x2 deutschlandweit einlösbare Freikarten. Um an der Verlosung teilzunehmen, ist folgendes: Schickt uns bis zum 16. Oktober, 23:59 Uhr eine Mail mit dem Betreff "Puppenpoppen" an gewinnen[at]quotenmeter.de. Mit etwas Glück sind die Preise dann zu euch auf dem Weg!Leider spielt sich ein Großteil dieser Szenen aber auch schon in den ersten fünfzehn Minuten ab. Wenn Regisseur Brian Henson und sein vorab vorwiegend für Kurzfilme verantwortlicher Drehbuchautor Todd Berger das Szenario der miteinander koexistierenden Menschen und Stoffis in einem Los Angeles etablieren, das ausschließlich aus Sex und Gewalt zu bestehen scheint, dann ergibt sich hieraus nicht bloß eine derbe Note von Apartheits-Allegorie (die Menschen werten die Stoffpuppen immerzu ab, indem die flauschigen Gesellen bestimmte Berufe nicht ausüben dürfen, eigene Krankenhäuser haben oder den Zweibeinern als Diener zur Verfügung stehen müssen), sondern auch ein großer Kontrast aus den knopfäugig dreinblickenden Gesellen und deren Vorliebe für Pornos, Drogen und anderen zwielichtigen Freizeitbeschäftigungen. Doch es funktioniert: Ein Besuch im Puppen-Puff, in dessen Hinterzimmern Pornos gedreht werden, ist so jenseits von Gut und Böse (allein die Pornotitel!), dass sich erahnen lässt, wie weit die derben Späße in «The Happytime Murders» noch gehen könnten, wenn die Macher diese denn konsequent durchziehen.
Doch leider passiert in dem Moment, in dem der eigentliche Plot eines Puppenmörders beginnt, genau das Gegenteil – fortan ließe sich der Kriminalfall auch ohne Puppen erzählen, denn so lustig (und tricktechnisch absolut überzeugend) es auch ist, wenn der flauschig-blaue Phil (in der deutschen Fassung sehr souverän gesprochen von Daniel Craigs Stammsprecher Dietmar Wunder) mit seinen fleischigen Mitmenschen interagiert, liegt der Schwerpunkt irgendwann nur noch auf den sehr durchschnittlichen Ermittlungen, bei denen auch die angedeutete Rassismus-Thematik irgendwann keine Rolle mehr spielt.
Eingeklammert von einem rauchigen Voice-Over in bester Noir-Film-Manier, erzählen die Verantwortlichen schließlich einen absolut unspektakulären Kriminalfall nach. Phil und seine menschliche Ex-Partnerin Connie, die Melissa McCarthy («How To Party With Mum») weitaus uninspirierter verkörpert, als es in ihren vielen Projekten zuletzt der Fall war, hauen sich in beständiger Regelmäßigkeit Fäkalworte um die Ohren, mimen aber sonst ein durchschnittliches Cop-Duo, das trotz der Unterschiede (und einer natürlich sehr dramatischen Vergangenheit) irgendwann wieder zueinander findet, um den Täter zu stellen. Dafür klappern sie eine Fährte nach der nächsten ab. Das Problem: Die vielen falschen Fährten sind selbst für ein krimiunerfahrenes Publikum so schnell zu durchschauen, dass der Plot nicht ansatzweise so viel Spannung bietet, wie es eigentlich möglich wäre.
Und damit scheitert «The Happytime Murders» auf beiden Ebenen: Für eine derbe Puppencomedy ist der Film irgendwann einfach weder derb, noch witzig genug, und als Krimi bleiben Atmosphäre und Suspense bemerkenswert schnell auf der Strecke. Als kleine Pluspunkte erweist sich da nur noch die Besetzung: Sowohl Maya Rudolph («Sisters») und Elizabeth Banks («Pitch Perfect 3»), als auch der deutsche Cast an Synchronsprechern (unter anderem Oliver Rohrbeck, Gru in «Ich – Einfach unverbesserlich») spielen allesamt sehr ambitioniert auf, haben aber deutlich weniger zu tun, als es ihre Rollen erfordern.
Fazit
In den ersten 15 Minuten von «The Happytime Murders» fährt Brian Henson genau das auf, was man von einer Puppencomedy „nur für Erwachsene“ erwartet. Doch nachdem er sein ganzes komödiantisches Pulver verschossen hat, wird aus dem Film ein generischer Crime-Thriller, dessen Auflösung man über eine Stunde vor Schluss bereits erahnt.
«The Happytime Murders» ist ab dem 11. Oktober bundesweit in den deutschen Kinos zu sehen.
Es gibt 3 Kommentare zum Artikel
10.10.2018 14:05 Uhr 1
10.10.2018 20:13 Uhr 2
Ich stelle mir gerade vor, was daraus wohl geworden wäre mit Eddie Murphy - zu seiner besten Zeit und dazu von Jim Henson ohne Spermawitze. Eher nach Art von "Who framed Roger Rabbit".
11.10.2018 12:27 Uhr 3