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«Manifest»: «Lost» ohne Flugzeugabsturz?

Der am heißesten erwartete Mystery-Neustart der aktuellen US-Season beginnt vielversprechend und wird als neues «Lost» gehandelt. Ein erster Eindruck:

Cast & Crew

Produktion: Compari Entertainment, Jeff Rake Productions, Universal Television und Warner Bros. Television
Schöpfer: Jeff Rake
Darsteller: Melissa Roxburgh, Josh Dallas, Athena Karkanis, J.R. Ramirez, Luna Blaise, Jack Messina, Parveen Kaur u.v.m.
Executive Producer: David Frankel, Robert Zemeckis, Jack Rapke, Jacqueline Levine und Jeff Rake
Die New Yorker Polizeibeamtin Michaela Stone (Melissa Roxburgh) sitzt im April 2013 mit ihrer Familie etwas genervt in der Abfertigungshalle des Haupflughafens von Jamaika. Nach dem verdienten Urlaub wollen sie die Heimreise antreten. Da macht eine Mitarbeiterin der Airline über die Lautsprecher ein verlockendes Angebot: Weil der Flug maßlos überbucht ist, kriegt jeder, der freiwillig auf seinen Platz verzichtet und den nächsten Flieger nimmt, 400 Dollar.

Michaela ist die Erste, die "Hier" schreit. Zu einladend ist die Vorstellung, dadurch den sanften Bedrängungen ihrer Mutter zu entgehen, dass sie ihren Boyfriend endlich heiraten soll. Ihr Bruder Ben (Josh Dallas) nimmt das Angebot der Airline ebenfalls dankend an: Mit den 400 Dollar kann er einen weiteren Klinikaufenthalt für seinen leukämiekranken Sohn Cal (Jack Messina) finanzieren, in der Hoffnung, doch noch eine Heilung zu finden. Weil Cal ein Papakind ist, will auch er mit Michaela und seinem Vater den späteren Flug nehmen, während seine Mutter, Schwester und Großeltern schon einmal in die Heimat vorfliegen. Ahnt ja niemand, wie lange die Familie zerrissen sein wird…

Als das Dreiergespann schließlich nachzieht, lassen heftigste Turbulenzen im ersten Moment erwarten, dass «Manifest» den Weg von «Lost» gehen will. Ein Trugschluss: Denn der Flieger landet schließlich ohne Tote und Verletzte auf einem New Yorker Flughafen. Doch auf der Landebahn stehen schon Dutzende finster dreinblickende Bundesbeamte, von denen einer schließlich pathetisch den Grund für den ganzen Zirkus verkündet: Es ist November 2018 – seit dem Start von Michaelas Maschine in der Karibik vor wenigen Stunden sind über fünf Jahre vergangen. Alle Passagiere sind schon lange für tot erklärt worden.

Aber da stehen sie nun, quicklebendig, keinen Tag gealtert, und müssen nun zurück in ihr Leben finden. Michaelas Boyfriend ist mittlerweile mit einer anderen Frau verheiratet, ihre Mutter ist verstorben, ihre alte Wohnung wurde nach ihrem vermeintlichen Tod aufgegeben. Doch das ist nicht die einschneidendste Veränderung: Seit dem sonderbaren Ereignis hört sie Stimmen, denen sie folgen muss. Sonst werden sie unerträglich. Bisher haben sie aber nur Gutes verlangt: einen tragischen Verkehrsunfall verhindert und traumatisierte Entführungsopfer aus den Fängen des Täters befreit. Für Michaelas Neffen könnte der Zeitsprung indes die Rettung bedeuten: In den letzten fünf Jahren hat die Medizin erstaunliche Fortschritte gemacht; seine Leukämie ist aller Wahrscheinlichkeit nach nun heilbar.

Obwohl das Flugzeug nicht abstürzt und die Überlebenden sich auf einer nicht ganz so einsamen Insel durchschlagen müssen, weckt dieses Format vielleicht unverhoffte, aber nicht minder deutliche Erinnerungen an «Lost», das vor eineinhalb Jahrzehnten das Mystery-Genre fit für das Fernsehen des neuen Jahrtausends gemacht hat.

So etabliert auch «Manifest» schnell ein seltsames, aber fesselndes Mysterium, das Potential für viele Entwicklungsmöglichkeiten bietet – und damit auch für das manchmal leidige Fragen-beantworten-und-neue-stellen-Spiel, das «Lost» während seiner Laufzeit perfektioniert hat. Gleichzeitig eröffnet die stattliche Anzahl an knapp einhundert Seelen an Bord des Mystery-Fluges die Möglichkeit für ein umfangreiches Figurenpersonal.

Hält man sich vor Augen, wie viele andere Serien ähnlich clevere Prämissen und vielversprechende Pilot-Ausgangslagen in den vergangenen Jahren an die Wand gefahren haben, darf einem getrost mulmig werden. Die feinfühlig vorgetragene Narrative der ersten Folgen mit einer starken Fokussierung auf wenige, dafür aber charakteristisch gezeichnete Figuren darf jedoch als ein erstes Indiz gewertet werden, dass die Autoren hier wissen, was sie tun, und nicht nur imposante Bilder zeigen, sondern auch eine einnehmende Geschichte erzählen wollen: Die muss dann freilich auch die Brüche in den Biographien der Figuren begleiten und nicht nur sinnige Antworten auf das Mysterium liefern. Der erste Eindruck macht Mut, dass «Manifest» an diesen Herausforderungen wachsen kann – und uns im Idealfall eine über viele Jahre spannende Reise bevorsteht.

Für «Manifest» gibt es aktuell noch keinen deutschen Sender.
10.10.2018 11:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/104305
Julian Miller

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Lost Manifest

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Es gibt 3 Kommentare zum Artikel
Sentinel2003
10.10.2018 14:04 Uhr 1
Hauptsache, daß Ding kommt auch nach Deutschland!
logan99
10.10.2018 15:21 Uhr 2
Lost? Nein, leider überhaupt nicht. The 4400 meets This is us würde es schon eher treffen.



Ich habe dem Ganzen bis zur aktuellen 3. Folge eine Chance gegeben. Der Mystery-Part ist sehr gering, die Familengeschichten und Fälle der Woche nehmen den Hauptteil der Story ein.
freetake
10.10.2018 15:57 Uhr 3
Typische Network Kost. Bin nach den 3 Folgen bisher auch nicht begeistert. Der Bums wird nach einer Staffel eh wieder eingestellt.
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