Faber trägt Parka, Bönisch knallt einen Oligarchen und Nora muss ein Kind hüten: uninspiriertes Ermitteln in abgeranzten Dortmunder Fabrikhallen.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Jörg Hartmann als Peter Faber
Anna Schudt als Martina Bönisch
Aylin Tezel als Nora Dalay
Rick Okon als Jan Pawlak
Sybille J. Schedwill als Greta Leitner
Samuel Finzi als Oleg Kambarow
Cecil Schuster als Kleinkhan
Hinter der Kamera:
Produktion: Warner Bros. ITVP Deutschland GmbH
Drehbuch: Wolfgang Stauch
Regie: Maris Pfeiffer
Kamera: Eckhard Jansen
Produzentin: Iris WolfingerIn einer lange verlassenen Industriehalle – wo sonst? – findet das Dortmunder Ermittlerquartett zwei verbrannte Leichen samt der verkohlten Überreste eines Hotelschlüssels. Wie es der Zufall will, passt der genau zu der Absteige, in der Martina Bönisch (Anna Schudt) regelmäßig ihre Callboys flachlegt. Unter ihrem üblichen Decknamen bucht sie sich dort im Dienste der Verbrechensaufklärung ein weiteres Mal ein und macht jede Menge Fotos von den finsteren Gestalten, die sich dort die Klinke in die Hand geben.
Das sind größtenteils Russen und Asiaten. Eine Suche in den bewährten Datenbanken ergibt schnell, dass es sich bei einem von ihnen um den milliardenschweren Oligarchen Oleg Kambarow (Samuel Finzi) handelt, der sein Geld mit großer Freude in Sportteams im Westen anlegt – jeweils ein Team aus NHL und NBA hat er schon, jetzt fehlt zu seinem Glück nur noch Borussia Dortmund. Das Hotel gehört indes seit einiger Zeit einem russischen Unternehmen, das wie viele vergleichbare Holdings und Konzerne ohne viel Aufhebens unscheinbare Objekte in Westeuropa aufkauft. Dass Milliardär Kambarow ein Auge auf Bönisch geworfen hat und sie seinen Avancen nicht abgeneigt zu sein scheint, könnte sich noch als ermittlungstaktischer Glücksfall entpuppen.
Nora Dalay (Aylin Tezel) ist derweil mit dem ersten überraschenden Fund beschäftigt, den Bönisch und Faber (Jörg Hartmann) aus dem Hotelzimmer des Toten an sie delegiert haben: ein kleiner Junge, der anscheinend kein Wort Deutsch, Russisch, Tschetschenisch oder Mongolisch spricht, dafür beim Thema Boxen ganz vorne mit dabei ist. Das erhärtet einen ersten Verdacht: Die russischen Oligarchen veranstalten zur Unterhaltung Hahnenkämpfe ohne Hähne: Muskelbepackte Tschetschenen aus dem zerbombten Grosny kämpfen in dekadenter Atmosphäre vor maskiertem und stinkreichem Ostpublikum ohne jede Regel gegen einander, einfach immer auf die Zwölf, wie «Rollerball» ohne Rollschuhe. Das kann auch mal Todesopfer fordern – etwa die beiden verbrannten Leichen aus der abgefuckten Industriehalle.
Während Nora widerwillig das Kind hütet und Details zu den Verdunkelungsstrategien dubioser russischer Unternehmenskonglomerate ermittelt, trainiert der Neuzugang des Dortmunder Quartetts, Polizeihauptkommissar Jan Pawlak (Rick Okon), im selben Schuppen wie die russischen Hahnenkämpfer. Diese unangenehm sexistische Aufteilung sorgt für eine gewisse Grundspannung zwischen den beiden Team-Küken, auch wenn aus dieser Konstellation dramaturgisch leider wenig mehr gemacht wird, als dass sich Nora wegen ihres niedrigeren Dienstgrades weiter marginalisiert fühlen muss.
Ähnlich enttäuschend wird die Geschichte um den Ring korrupter Ostoligarchen erzählt, die nie zum politisch relevanten Kern vordringt oder zu einer einnehmenden Milieustudie erweitert wird. Der Plot versinkt in der pittoresken Darstellung des Abartigen: ein eleganter Maskenball wie in Schnitzlers „Traumnovelle“, nur dass es hier nicht sonderbar schlüpfrig wird, sondern Männer einander fast bis zum Exitus mit ihren Fäusten bearbeiten. Aber Triebabfuhr bleibt Triebabfuhr.
Der Rest ist behäbige Ermittlungsarbeit, in deren Rahmen die Figuren müde ihr Standardrepertoire abspulen. Faber trägt Parka und raunt seinen desaströs verunstalteten Seelenzustand vor sich her, Bönisch bekommt Gelegenheit, das Berufliche mit ihren privaten sexuellen Wünschen zu vermischen, und Nora Dalay muss erkennen, wie ein gleichaltriger junger Mann auf der Karriereleiter an ihr vorbeizieht, während sie die uninteressanten Dödelaufgaben zugeschanzt bekommt. In gewisser Weise ist sie damit zu einer Synekdoche für die ganze Dortmunder «Tatort»-Reihe geworden.
Das Erste zeigt «Tatort – Tod und Spiele» am Sonntag, den 7. Oktober um 20.15 Uhr.
Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
07.10.2018 08:22 Uhr 1
DAS isses eben, was diesen Dortmunder tatort für mich zu einem etwas außergewöhnlichen macht!
Und, daß die in abgeranzten Fabrikhallen ermitteln, ist auch nicht neu!