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Schleichwerbung: Bei Bavaria rollen Köpfe

Der Skandal um Schleichwerbung in ARD-Serien wie «Marienhof» und «In aller Freundschaft» weitet sich aus: Nun hat die Bavaria Film GmbH Konsequenzen gezogen.

Dem Geschäftsführer Produktion, Prof. Thilo Kleine, konnte nach den Feststellungen der Sonderuntersuchung eine positive Kenntnis von Mechanismus, Durchführung und Abwicklung der Placement-Aktivitäten zwar nicht nachgewiesen werden. Er erhält allerdings in Anbetracht seines Organisationsverschuldens als Geschäftsführer eine Abmahnung mit der Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen bis hin zur Kündigung des Dienstverhältnisses bei einem Fehlverhalten gleicher oder ähnlicher Art. Zudem erhielten sieben weitere Mitarbeiter Abmahnungen, wie die Bavaria nach Sitzungen des Aufsichtsrats und der Gesellschafterversammlung am Freitagabend in München mitteilte.




Doch einige Mitarbeiter trifft es noch härter: Die Bavaria trennt sich mit sofortiger Wirkung von den Chefproduzenten und Mitgliedern der erweiterten Geschäftsführung Bechtle und von Mossner und sowie vom Chefdramaturgen Dr. Lüder, die alle über mehrere Jahre hinweg Placement-Aktivitäten initiiert oder an diesen Aktivitäten maßgeblich mitgewirkt haben.

Um künftig unerlaubter Schleichwerbung vorzubeugen, hat die Gesellschafterversammlung einstimmig einen umfassenden Maßnahmenkatalog beschlossen, der sowohl ein Bündel von Sicherungsmechanismen gegen Placement-Aktivitäten innerhalb der Bavaria-Gruppe vorsieht, als auch den Schutz auf Seiten der Auftraggeber durch verschiedene Maßnahmen deutlich erhöht.

Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung der Bavaria sehen in den Ergebnissen und Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einen ersten wichtigen Schritt heraus aus einer unbestreitbaren Vertrauenskrise zwischen der Bavaria Gruppe und der ARD.

In zwei Sonderberichten der KPMG Deutsche Treuhand Gesellschaft und der Revision des Südwestrundfunks wurde laut Bavaria Product-Placement gegen Entgelt in Auftragsproduktionen für die ARD nachgewiesen. Dies sei nicht nur ein massiver Verstoß gegen die Bestimmungen in den Auftragsproduktionsverträgen, die das Gebot zur Trennung von Werbung und Programm enthielten. Vor allem sei "das Vertrauensverhältnis zwischen den Auftraggebern ARD/Degeto und dem Auftragsproduzenten Bavaria erheblich gestört", hieß es.

Das Ausmaß der Schleichwerbung machen die Prüfberichte deutlich: Für den «Marienhof» wurden im Untersuchungszeitraum 19 Verträge mit unzulässigen Placements identifiziert. Diesen Verträgen lagen zwischen zwei und zwanzig Placements pro Vertrag zugrunde. Insgesamt ergibt sich daraus eine Gesamtzahl von 117 durchgeführten Placements in circa 1000 Folgen. 76 Placements wurden zwar vertraglich vereinbart, kamen allerdings nicht zur Durchführung.

Für die Krankenhausserie «In aller Freundschaft» wurden im Untersuchungszeitraum vier Verträge mit unzulässigem Placement identifiziert. Daraus ließen sich neun Einzelplacements ableiten. Ferner wurden zwölf Placements identifiziert, für deren Abrechnung es keine Verträge gibt, teilte die Bavaria mit.

Insgesamt seit laut dem Bericht für die Schleichwerbung knapp 1,5 Millionen Euro gezahlt worden. Davon entfielen auf den «Marienhof» 80 Prozent und auf «In aller Freundschaft» 20 Prozent.

Die für die Abnahme der «Marienhof»-Folgen zuständige ARD-Vorabendredaktion beim Bayerischen Rundfunk hat laut Prüfberichten ihrer Sorgfaltspflicht genügt und Schleichwerbung mit Kürzungen, Schnittänderungen oder einem Umbau des Sets unterbunden. Auch dem MDR-Redakteur für die Serie «In aller Freundschaft» sei kein Vorwurf zu machen.
02.07.2005 17:02 Uhr Kurz-URL: qmde.de/10409
Alexander Krei  •  Quelle: Bavaria Film

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Schleichwerbung

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