Drei seiner letzten vier Duelle hat Steffen Henssler verloren, zuletzt wurde sogar die Millionenmarke verfehlt, «Schlag den Star» lief gar voraufzeichnet besser und der Unterhaltungswert? Naja. Warum die einst so große Spielshow mit ihrem neuen Star einfach nicht mehr in Schwung kommen will und stark absetzungsgefährdet ist.
«Schlag den...»-Quoten am Samstagabend
- 14/15 (SdR): 2,90 Mio. (12,9% / 22,1%)
- 16/17 (SdS): 1,73 Mio. (7,9% / 14,5%)
- 17/18 (SdH): 1,42 Mio. (6,7% / 12,5%)
- 08.18 (SdH): 0,96 Mio. (5,4% / 11,5%)
Durchschnittliche Werte von «Schlag den Raab», «Schlag den Star» und «Schlag den Henssler» in den jeweiligen Saisons. Zudem (bei 08.18): Quoten der jüngsten «SdH»-Folge im August.
Wer Steffen Henssler mit einer gewissen Antipathie begegnet, dürfte bei den vergangenen
«Schlag den Henssler»-Folgen seine diabolische Freude gehabt haben: Der einst so schlagfertige und selbstbewusste Starkoch mit Entertainer-Qualitäten ist wohl zumindest im Fernsehen noch nie so zurückhaltend, introvertiert, an den eigenen Fähigkeiten zweifelnd, ja (für seine Verhältnisse) fast eingeschüchtert aufgetreten wie zum Auftakt der neuen Staffel Mitte August. Er habe da im Juni nicht alles aus sich herausgeholt und zurecht verloren, gibt er zu Beginn der XXL-Liveshow selbstkritisch zu Protokoll. Allein, geholfen hat dieser devote Auftritt nicht: Wieder musste sich Henssler seinem Gegner letztlich ziemlich deutlich mit 29:62 geschlagen geben, wieder machte er zum Teil dumme Fehler, in deren Folge er sicher geglaubte Spiele noch aus der Hand gab - und mit gerade einmal 0,96 Millionen Zuschauer sowie 5,4 Prozent Marktanteil setzte es wieder neue Allzeit-Tiefstwerte.
Das Narrativ, das in der Branche spätestens seither eindeutig dominiert: Der Nachfolger des legendären «Schlag den Raab» hängt längst in den Seilen und ist angezählt. Die sportliche Bilanz, die nach drei Siegen zu Beginn noch so rosig aussah, hat mit zuletzt drei Niederlagen in vier Spielen große Dellen bekommen, das Standing Stefan Raabs hatte der TV-Koch ohnehin nie ansatzweise vorzuweisen und immer häufiger hat man als Zuschauer das Gefühl, dass er massiv mit sich und seiner Rolle hadert. Kein Wunder, denn während er bei «Grill den Henssler» auf VOX noch der wahre Star war, der die abgenutzte «Kocharena» modernisierte und zu einem Vorzeige-Produkt für actionreiches Kochfernsehen aufbaute, ist er bei ProSieben nun nicht mehr als "der Typ, der halbgar einen auf Raab macht" und das wohl letzte Jahrhunderwerk der Geschichte der deutschen Samstagabendshow von einer Pflichtveranstaltung zu einer TV-Option downgradete, wo man halt mal reinschaut, wenn sonst nicht viel läuft.
Langsamer, aber steter Abstieg der Marke - nicht nur wegen Henssler
Widmet man sich den Ursachen für diesen Abstieg tiefergehend, gibt es sicherlich viele Aspekte, die man hauptsächlich oder ausschließlich auf die Hauptfigur der Sendung attribuieren kann: Henssler wirkte in einigen der Shows punktuell demotiviert und genervt, viel häufiger aber fahrig, unkonzentriert und taktisch wenig geschickt. Vor allem in der August-Ausgabe fiel auf, dass er ganz anders als Raab kaum einmal in der Lage ist, sich in ein Spiel reinzufuchsen und den Gegner so hintenraus noch abzufangen - im Gegenteil: Manch ein Spiel gab er sogar her, weil er nach klarer Führung "mal was Neues ausprobieren" wollte und somit den Faden verlor. In Wissensspielen ist Henssler seinem Vorgänger um Längen unterlegen, in Strategie- und Konzentrationsspielen teilweise ebenso. Manche seiner Defizite sind ihm durchaus bewusst (geworden), weshalb in jüngerer Vergangenheit zunehmend ein Effekt einzusetzen beginnt, der an die Lanz-Ära bei «Wetten, dass..?» erinnert: Der kritisierte Showmaster verkrampft, bemüht sich, seinem Publikum gerecht zu werden - und beraubt sich eher noch seiner Stärken und seiner Lockerheit, als dass er sich verbessert.
Gleichwohl gibt es aber auch Aspekte, die nicht oder zumindest nicht nur Henssler selbst anzulasten sind: Die auf hohem Niveau schwächere personelle Aufstellung etwa auf den Positionen des Moderators und des Kommentators. Schon der Abgang Opdenhövels hatte dem Franchise damals ein wenig Grandiosität in der Interaktion zwischen Moderator und Star-Gegner genommen, mit dem Übergang von Gätjen zu Elton setzte sich dieser Trend dann fort. So gut wie jeder Raab-Fan schätzt Eltons fortwährende Anwesenheit im «Schlag den...»-Universum, aber als Moderator hat der einstige Show-Praktikant einige Schwächen insbesondere in Sachen Souveränität. Ist Elton genervt und/oder gelangweilt, bekommt der Zuschauer dies viel deutlicher zu spüren, als es für einen Samstagabend-Moderator gut wäre. Das ist authentisch und irgendwo sympathisch, kann aber auch zum Umschalten verleiten. Elmar Paulke wiederum tritt in die Fußstapfen des großen Frank Buschmanns und hat sich als solider Kommentator etabliert, der allerdings zu zurückhaltend und sachlich agiert, um eine schwache Show unterhaltsam zu reden. Auch er macht seine Sache nicht schlecht, aber im Rahmen des Formats weniger gut als sein Vorgänger - mit anderen Worten: Seit 2006 hat sich die Marke auf jeder Position ein wenig verschlechtert, was in der Summe zu einem deutlichen Unterhaltungsdefizit führt.
Hinzu kommen natürliche und senderseitig zu verantwortende Abnutzungs- und Degradierungstendenzen. Darunter fallen etwa visuelle Dinge wie das seit zwölf Jahren quasi unveränderte Studiodesign, die altbekannten Logos und Jingles, die inzwischen doch ein wenig Staub angesetzt haben - auf der anderen Seite aber eben auch einen Kultfaktor entwickelt haben, sodass sich plötzliche audiovisuelle Veränderungen auch kontraproduktiv auswirken könnten. Ohne jeden Zweifel dem Standing der Marke abträglich: Inzwischen geht es "nur noch" um 250.000 Euro Preisgeld, bei Raab lag es noch auf doppelt so hohem Niveau. Und während früher noch Weltstars wie Justin Bieber, Eminem oder Taylor Swift als Musikacts auftraten, sind inzwischen Sunrise Avenue und Rea Garvey schon die namhaftesten Künstler zwischen Nischen-Stars wie Kovacs, Matt Gresham oder Daniel Wirtz. Auch das trägt dazu bei, dass «Schlag den Henssler» als kleiner, egaler und verpassbarer wahrgenommen wird als «Schlag den Raab».
Eure Meinung: Woran liegt es hauptsächlich, dass «Schlag den Henssler» nicht an die besten Zeiten der Marke herankommt?
Fazit: Henssler könnte bald Geschichte sein, «Schlag den...» sicher nicht
Und doch ist bei aller offenkundigen Abwärtstendenz zu betonen, dass ProSieben mit gutem Grund auch fast drei Jahre nach dem Raabschied an der «Schlag den...»-Marke hängt, immerhin ist sie weiterhin ein Garant für klar überdurchschnittliche Einschaltquoten - ja, selbst Henssler hat bislang durchweg zweistellige Zielgruppen-Marktanteile erzielt, die für ProSieben am Samstagabend nicht einmal mit Joko und Klaas selbstverständlich sind. Der Name ist gewachsen und etabliert, steht für hochwertig produzierten Spiel und Spaß mit vielen frischen Spielideen und hat diverse Nachahmer auf den Plan gerufen, die mal inspirierter und unterhaltsamer daherkamen und mal auch eher wie «Time Battle» zuletzt hölzern und reizlos. Da man solche Flops immer wieder mal einkalkulieren muss, halten die Programmverantwortlichen gerne an einer Marke fest, die dem Sender Planungssicherheit und dem Zuschauer verlässlich gutes Fernsehen darbietet.
Es bleibt aber die Frage im Raum stehen, ob auch Steffen Henssler an Bord bleibt. Wer darauf hofft, muss auf mindestens zwei Kehrtwenden im Rahmen der September-Ausgabe hoffen: Die sportliche Kehrtwende in Form eines überzeugenden Auftretens und Sieges des Promi-Kochs, da ansonsten die berechtigte Frage aufkäme, inwiefern es eigentlich noch eine Herausforderung darstellt, ihn zu schlagen - und eine numerische Kehrtwende in Form klar steigender Einschaltquoten. Anderenfalls stünde nämlich noch die Option im Raum, einfach wieder auf «Schlag den Star» am Samstagabend zurückzugreifen, das zuletzt am Donnerstagabend beeindruckende Erfolge erzielte. Klar, im Sommerloch und gegen eine überschaubare Konkurrenz, aber immerhin: Von 15,5 und 13,2 Prozent können «Teamwork» und «Global Gladiators» nur träumen.
Das wiederum wäre aber auch eine Art Eingeständnis des Scheiterns, denn vor gut einem Jahr hatte der Privatsender das Abenteuer Samstagabend-Primetime nach zehn Ausgaben bewusst eingestellt, da es ihm sehr schwer fiel, für mehrere Abende im Jahr jeweils zwei Prominente zu verpflichten, die ausreichend Ehrgeiz, Selbstvertrauen und Popularität an den Tag legten, um einen Live-Abend unterhaltsam zu tragen - weshalb auch mitunter mal ein Massimo Sinato gegen einen Andreas Wolff antrat, damit überhaupt eine Show ausgestrahlt werden konnte. Zudem wünschten sich viele Fans explizit eine Rückkehr zum alten Prinzip des festen Promis gegen einen Normalo zurück, da es vielen schwer fiel, so richtig mitzufiebern, wenn zwei Prominente um das Preisgeld spielten. Die Quoten konnten mit etwa 14,5 Prozent natürlich auch nicht mit der Raab-Ära mithalten, als regelmäßig über 20 Prozent des jungen Publikums verbucht wurden. Gleichwohl: Hensslers erste sieben Folgen erreichten sogar nur noch 12,4 Prozent im Schnitt, ohne die Auftaktfolge läge er sogar bei weniger als zwölf Prozent.
Es gibt also viele Argumente, die dafür sprechen, dass «Schlag den Henssler» schon sehr bald Geschichte sein könnte - wohl nicht schon nach der September-Folge, da eine weitere Ausgabe in diesem Jahr eingeplant ist, aber spätestens danach müssen Henssler und das Team um ihn herum schlagkräftige Argumente vorweisen können, die für eine Fortführung des Projekts sprechen. Momentan fehlen diese. Schlechte Tage mit spontanen Demotivationsschüben, ein bisschen Rumprobieren und damit wieder mehrere Spiele aus der Hand geben und grad nicht so in Stimmung sein, um gute Unterhaltung zu liefern - all das kann man sich nun nicht mehr leisten, da man es sich zuletzt zu oft geleistet hat. Sonst ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass 2019 wieder «Schlag den Star» am Samstagabend läuft. Live, mit 15 Spielen, in der Hauptsaison.
Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
22.09.2018 15:50 Uhr 1
Es gab immer viel Werbung bei den ProSieben Shows, aber in den vergangen Jahren wurde das noch deutlich schlimmer, das ist nicht nur gefühlt so, zumal man ja auch nicht nur die Penetranz und Dominanz der Werbung erhöht hat, durch die Häufigkeit und Dauer nein auch die Platzierung nimmt keinerlei Rücksicht mehr auf die Showstruktur, die Werbung fügt sich da nicht wirklich in das Konzept.
Außerdem wenn ich da jetzt nichts durcheinander bringe, gehen die Werte von allen Shows doch mittlerweile spürbar zurück, auch bei den Joko und Klaas Formaten, die Namen alleine ziehen nicht mehr.
Die Stärke von SDR heute SDH ist weiterhin das Konzept, denn der Zuschauer bekommt in relativ schneller Abfolge, ganz unterschiedliche Spiele geboten zudem ist vieles relativ frei und auch zeitlich nicht zu sehr eingegrenzt, dass ist auch ein Vorteil, allerdings und das ist richtig, die Spiele selbst können unterhaltsam und toll sein, eine richtige Spannung wird sich nur dann einstellen, wenn die Teilnehmer sich einigermaßen auf Augenhöhe den Wettkämpfen stellen und das ist aktuell kaum noch der Fall.
Also Henssler muss sich in der Tat bessern, Elton ist glaube manchmal nicht der souveränste, dass schätzt man bei ihm aber insgesamt ist er dort als Moderator aber beim Publikum doch akzeptiert, bei Paulke ist in der Tat die Frage ob er da die beste Besetzung ist als Kommentator, fachlich macht er das gut, aber er kann nur sehr begrenzt Emotionen vermitteln.
Insgesamt sehe ich aber weiterhin das größte Problem in der Form der Werbepräsentation bei ProSieben, die Zeiten des Medienkonsums haben sich stark verändert, es bestehen heute viel mehr Alternativen und die Akzeptanz für die Werbekonfrontation, wie Sie ProSieben heute betreibt ist einfach nicht mehr gegeben.
22.09.2018 18:25 Uhr 2