Nach dem Konzert gegen Intoleranz kommt das #wirsindmehr-Filmevent: Am 20. September findet eine exklusive Vorpremiere des Dramas «The Hate U Give» statt, um mehrere Monate vor dem geplanten Kinostart ein Zeichen zu setzen.
Darum geht es in «The Hate U Give»
Die 16-jährige Starr Carter (Amandla Stenberg) führt ein Leben in zwei sehr gegensätzlichen Milieus: Sie stammt aus einer ärmlichen, hauptsächlich von Schwarzen bewohnten Wohngegend, besucht aber eine Privatschule für privilegierte, überwiegend weiße Schüler. Als sie eines Tages mit ansehen muss, wie ihr bester Freund Khalil (Algee Smith) von einem Polizisten erschossen wird, wird das empfindliche Gleichgewicht zwischen Starrs Lebenswelten gestört ...Während die Ausschreitungen Rechtsradikaler zunehmen, gießt der Innenminister mit seiner Rhetorik gemütlich weiter Öl ins Feuer, statt gegen Hass, Gewalt und Intoleranz ein konkretes Zeichen zu setzen. Wo die Politik versagt, nehmen nun vermehrt andere Stimmen die Kommunikation für ein Miteinander in die Hand:
Am 3. September 2018 fand beispielsweise ein #wirsindmehr-Konzert statt, auf dem unter anderem K.I.Z. und Die Toten Hosen gegen Fremdenhass und Neonazi-Hetze mobilisiert haben. Bei dieser einzelnen Veranstaltung soll es allerdings nicht bleiben. Daher hat YouTuber Dominik Porschen ein #wirsindmehr-Kinoevent ins Leben gerufen.
Was in den ersten Planungsphasen noch als Ein-Tag-Filmfestival mit Wiederaufführungen diverser Kinofilme zum Thema Nächstenliebe begann, wurde schlussendlich zu einer ungewöhnlichen Vorpremiere: Am 20. September 2018 wird in Köln die Buchadaption
«The Hate U Give» im Rahmen eines
#wirsindmehr-Screenings ihre Deutschlandpremiere feiern – und das gratis sowie einige Tage vor dem breiten US-Kinostart. Der reguläre hiesige Kinostart des auf dem Toronto International Film Festival sehr positiv aufgenommen Films ist sogar erst für den 24. Januar 2019 vorgesehen. Mit dieser sehr spontanen Aktion wollen der Verleih 20th Century Fox und das Team hinter Porschens YouTube-Kanal Filmlounge ein friedliches Zeichen für mehr Zusammenhalt in Deutschland setzen.
"Die Botschaft kann nur sein, dass eine gesunde Gesellschaft nur vom kritischen Meinungsaustausch leben kann", steht in der Veranstaltungsbeschreibung. "Kritisch, aber nicht toxisch oder gewaltsam und vor allen Dingen auf keinen Fall radikal", heißt es weiter. Quotenmeter.de hat mit Porschen gesprochen, um mehr über das Event zu erfahren.
Wieso hast du diese Aktion losgetreten?
Tatsächlich beim Lesen diverser Artikel zum Thema #wirsindmehr und den fehlenden Statements diverse Mainstream-Künstlern. Da konnte ich nur nicken und zustimmen. Mich beschäftigen diese Themen sehr und würde mir da einfach mehr Haltung wünschen. Doch dann musste ich auch mit mir selbstkritisch ins Gericht gehen und feststellen, dass ich neben Statements in Videos oder sozialen Netzwerken auch noch aktiver sein könnte. Mit meiner Firma und meinem YouTube-Kanal Filmlounge organisieren wir regelmäßig sogenannte Communitypreviews und feiern Filmkunst im großen Stil. Auf dem Gebiet haben wir also Erfahrung und auf diese Weise kam schnell die logische Idee: Lasst doch mit einem Filmabend ein friedliches Signal setzen und die #wirsindmehr-Bewegung um eine Aktivität reicher machen.
Was macht «The Hate U Give» zur richtigen Filmwahl?
Ursprünglich wollten wir einen älteren Film zeigen, der das Thema Toleranz, Nächstenliebe, Gefahren durch Gewalt oder mögliche Verweise an die Geschichte des Landes enthält. Hierbei wurden diverse Verleiher bereits kontaktiert. Meine Ansprechpartnerin von 20th Century Fox war von der Idee sofort begeistert, so dass sie mir diesen vorgeschlagen hatte, obwohl er erst 2019 in Deutschland ins Kino kommt. Und siehe da, er ist eben genau deswegen die richtige Wahl, weil er Debatten zulässt, für ein friedliches Miteinander wirbt, sich die Antworten auf Fragen und Probleme nicht leicht macht und eben deutlich macht: Gewalt erzeugt Gegengewalt, Hass erzeugt weiteren Hass. Statt mit dem moralischen Zeigefinger also an unserem Abend ausnahmslos gegen rechte Gewalt oder den Folgen von Nationalismus aufmerksam zu machen, möchte ich, dass wir wieder mehr in den Dialog miteinander treten. Das sollte an diesem Abend mit «The Hate U Give» gelingen.
So gut solche Filme auch sind – erreichen sie nicht generell eher die Leute, die deren Lektionen eh nicht nötig haben?
Prinzipiell stimmt das natürlich. Aber selbst wenn niemand den Film sieht, der diese Lektion nötig hat, so macht er allen anderen Menschen eben doch Mut, etwas zu bewirken. So geht es mir ja auch. Mir ist klar, dass dieser Abend nicht die Welt völlig verändert oder damit ein Kämpfen für eine friedliche, tolerante und offene Gesellschaft aufhört. Aber so wie mich Filme dieser Art motivieren, über gesellschaftliche Probleme anders nachzudenken, wird es sicher auch anderen gehen. Ein einzelner Film wird da keinen Unterschied machen. Wenn jedoch genug Menschen diese Botschaften aufsaugen und letztlich in der Realität auch in einen Dialog treten wollen, gibt es die Möglichkeit, auch diejenigen zu erreichen, die es mit Themen wie Toleranz, Gleichberechtigung und Nächstenliebe nicht ganz so gut meinen. Ein fiktionales Werk kann dafür ein guter Anstoß sein. Dafür ist Kunst ja da. Menschen zu inspirieren.
Wieso denkst Du, dass Aktionen wie dieser Filmabend oder das #wirsindmehr-Konzert die richtige Antwort auf das aktuelle Geschehen sind?
Ich versuche das immer auf den eigenen Mikrokosmos herunter zu brechen, um komplexere Dinge zu verstehen. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis habe ich so viele großartige Menschen mit den unterschiedlichsten ethnischen Wurzeln. Da spürt man sehr wohl die Besorgnis darüber, dass Hass und Rassismus wieder mehr Raum in der Gesellschaft erhalten. Da ist ein kollektives Signal in die Richtung dieser Menschen für mich wichtig. Aufzeigen: Wir sind mehr, die für das friedliche Zusammenleben einstehen als diejenigen, die dagegen kämpfen. Gleichzeitig ist es ein Statement an die Strömungen, die glauben, das gesamte Volk zu vertreten. Nein, ihr seid nicht in der Überzahl. Das soll in dem Fall aber nicht nur kompetitive Auswüchse haben, sondern tatsächlich für einen Dialog sorgen. Wie schwer das aktuell allerdings ist, zeigt wohl so ziemlich jeder Facebook-Feed.
Was sollten die Medien aktuell an ihrer Berichterstattung ändern, um eine weitere Eskalation der gesellschaftlichen Stimmung zu vermeiden?
Sowohl Medien als auch die Konsumenten dieser sollen aus meiner Sicht weniger in Schwarz und Weiß denken. Es muss beispielsweise gleichzeitig möglich sein, für eine tolerante und bunte Gesellschaft einzustehen und dennoch auch ein klares Einwanderungsgesetz zu fordern – zum Vorteil aller. Das gilt übrigens auch für die vielen anderen relevanten politischen Themen, die immer wieder zu kurz kommen. Eine gesunde Gesellschaft und Medienlandschaft sollte differenziert sein und komplexe Abläufe nicht immer auf simpelste Einzelheiten reduzieren. Wenn das der Medienlandschaft und auch der Politik wieder durchgängig gelingen sollte, sind wir im Punkt Eskalation sicherlich ein ganzes Stück weiter. Meinem Gefühl nach lässt sich die Stimmung in zwei klare Lager unterteilen. Doch die meisten Antworten sind eben nicht so einfach, dass man einfach nur auf einer Seite stehen müsste.
Vielen Dank für das Gespräch.
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