Schmonzettenkönig Nicholas Sparks macht offenbar gerade Pause. Für die regelmäßige Überdosis Schmalz sorgt dafür Bethany Ashton Wolf, die mit ihrer gefälligen Country-Romanze «Forever My Girl» jedoch auch über die Zielgruppe hinaus solide zu unterhalten weiß.
Filmfacts: «Forever My Girl»
- Start: 16. August 2018
- Genre: Romanze
- Laufzeit: 108 Min.
- FSK: o.Al.
- Kamera: Duane Manwiller
- Musik: Brett Boyett
- Buch & Regie: Bethany Ashton Wolf
- Darsteller: : Alex Roe, Jessica Rothe, Abby Ryder Fortson
- OT: Forever My Girl (USA 2018)
Die Popkultur wäre nichts ohne die Liebe. Entsprechend groß ist die Bandbreite dessen, wie man sich damit auseinandersetzen kann, wenn sich zwei Menschen zueinander hingezogen fühlen. Als Königsklasse gilt für die Meisten wohl immer noch das ambitionierte Drama, das mehr erzählt, als einfach nur die Geschichte davon, wie aus Mann und Frau ein Paar wird. Auf eher seichtem Terrain dagegen nennt man derartige Storys schon mal „Schmonzetten“, immer in Verbindung gebracht mit alles andere als subversivem Kitsch. Auf diesem Gebiet der aus Marketingsicht bevorzugt von Frauen konsumierten Unterhaltung dominiert seit vielen Jahren Schriftsteller Nicholas Sparks mit seinen Ergüssen den Markt, die mal mehr («Safe Haven – Wie ein Licht in der Nacht») und mal weniger («The Choice – Bis zum letzten Tag») gelungen für die große Leinwand adaptiert werden. Vor allem aber sind sie in der Regel eines: vorhersehbar. Denn hat man einen gesehen, kennt man sie meist alle und dass sich das liebende Pärchen trotz widriger Umstände am Ende kriegt, ist von der ersten Minute an klar – oder, um im geistigen Repertoire all dieser Filme zu bleiben, vorherbestimmt.
Eine bewegte Vorgeschichte
Vor vielen Jahren ließ Liam (Alex Roe) seine Jugendliebe Josie (Jessica Rothe) in letzter Sekunde vor dem Traualtar sitzen. Inzwischen ist er ein gefeierter Countrymusiker und Frauenheld, den es eher durch Zufall zurück in sein Heimatstädtchen führt. Hier trifft er seine Verflossene wieder, die mittlerweile ein Kind hat und von ihrem ehemaligen Verlobten nichts mehr wissen will. Doch nicht zuletzt durch Josies smartes Töchterchen Billy (Abby Ryder Fortson) kommt sich das Ex-Paar wieder näher, denn als Liam erfährt, dass das kleine Mädchen seine Tochter ist, setzt er alles daran, ein guter Vater zu sein und Josie wieder zurückzugewinnen.
Genauso klar ist auch der Ausgang von Bethany Ashton Wolfs («Little Chenier») Musikerromanze und Romanverfilmung «Forever My Girl», die aus Sicht von Inszenierung und Thematik ebenso gut von Sparks selbst stammen könnte. Selbst das sonnenlichtdurchtränkte Plakat spricht Bände; fehlt eigentlich nur noch das romantische Küstenstädtchen, das in diesem Fall dem US-amerikanischen Hinterland weichen muss, was nicht zuletzt dem Umstand geschuldet ist, dass «Forever My Girl» nicht bloß eine Romanze ist, sondern auch ein Musikfilm für Freunde des gefälligen Countrypop. Erzählerisch wendet die Regisseurin und Drehbuchautorin Wolf aber direkt zu Beginn einen erzählerischen Kniff auf: Sie beginnt ihre Geschichte, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Heidi McLaughlin, einfach dort, wo andere enden: auf der Hochzeit, oder besser gesagt: auf der Nicht-Hochzeit, wenn Josie noch vor dem Traualtar von ihrem Liebsten sitzen gelassen wird.
Es geht also in «Forever My Girl» nicht um das, worum es sonst immer geht: Die beiden Protagonisten kennen sich schließlich schon ewig, haben das ganze romantische Tamtam längst hinter sich und wollten einst ihr Leben miteinander verbringen. Der Fokus dieser Story liegt stattdessen vielmehr darauf, wie ein Mensch einen anderen wieder für sich gewinnen und verlorenes Vertrauen wiederherstellen kann.
Harmloser Hochglanz-Kitsch
Aufgezogen ist «Forever My Girl» trotzdem nach gängigen Romantikfilmmustern. Auf anfängliche Antipathie – und sei diese diesmal auch nur einseitig begründet – folgen einige gemeinsame Momente, in denen Liam und Josie die Distanz zwischen einander sukzessive überwinden und schließlich wieder zusammenfinden. Das alles geschieht unter Zuhilfenahme großer Gesten, immer einen Tick zu sehr ausformulierter Dialoge, vor malerische Kulisse und unter dem Sound gefühliger Countrypopballaden. Doch nicht nur dank der stimmigen Chemie zwischen Alex Roe («Die 5. Welle») und Jessica Rothe («Happy Deathday») ist das Ganze bei all seiner kitschigen Vorhersehbarkeit immer noch grundsympathisch, es ist vor allem die seit «Ant-Man» bekannte Abby Ryder Fortson, die in der Rolle der frech-weisen Billy jede Szene an sich reißt und das Ganze weg von aufgesetzter Schwere und hin zu angenehmer Leichtigkeit führt. Wenn sie und ihr Dad im Finale schließlich gemeinsam auf der Bühne stehen und singen, dann sieht man den Schmalz zwar aus jeder Leinwandpore triefen, aber so richtig böse sein kann man «Forever My Girl» für all das dann auch wieder nicht.
Musikalisch ausgeschmückt mit einem ganzen Potpourri an Songs, die jede Situation in «Forever My Girl» mit der Brechstange (aber immerhin tonal stimmig) untermalen, wird in der dramatischen Romanze nichts dem Zufall überlassen. Den Höhepunkt der konstruierten Annäherung bildet ein «Fifty Shades of Grey»-Gedächtnismoment, in dem Liam seine Josie auf einen Flugzeugflug über die nächtliche Großstadt einlädt – schmalziger geht es nicht, erst recht, wenn er anschließend vor versammelter Presse ihre Hand nimmt und sie als "The One“ vorstellt. Trotzdem gelingt es Alex Roe, die beiden grundlegend verschiedenen Facetten seines Charakters gekonnt unter einen Hut zu bringen: Da ist auf der einen Seite der Weltstar (offenbar hat er mit seine gefühlsduseligen Countrymucke den Status eines Robbie Williams erreicht: Respekt!), der noch nicht einmal weiß, wie eine Kaffeemaschine funktioniert und der so gar nicht ins gediegene Landleben passt.
Aber auf der anderen Seite ist da auch sein seit jeher für seine Jugendliebe schlagendes Herz, was er übrigens derart oft betont, dass man sich fragt, weshalb er damals eigentlich weggelaufen ist. So richtig erklärt wird das in «Forever My Girl» nämlich nicht und so muss man als Zuschauer schon vermehrt beide Augen zudrücken, um den Film selbst in seinem Genre halbwegs ernst nehmen zu können. Jessica Rothe dagegen punktet zu jedem Zeitpunkt mit ihrem gewitzten Charme und weiß sich hervorragend gegen ihren Ex-Verlobten zu behaupten. Es ist vor allem die Chemie zwischen den beiden, die dazu führt, dass die Story aller Überraschungsarmut zum Trotz mitreißt und – wieder einmal – an ein Happy End glauben lässt. Wenn schon nicht im echten Leben, dann doch wenigstens im Film.
Fazit
In «Forever My Girl» passiert nichts Anderes als in diversen anderen Romanzen auch. Aber dank Alex Roe, Jessica Rothe und vor allem der umwerfenden Newcomerin Abby Ryder Fortson ist der ungenierte Kitsch durchgehend sympathisch und somit gut zu ertragen.
«Forever My Girl» ist ab dem 9. August in den deutschen Kinos zu sehen.
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