Während das ZDF die öffentlich-rechtlichen Kollegen klar abzuhängen wusste, eroberte sich RTL seine Zielgruppe zurück - aber auch ProSieben robbte sich erstaunlich nah an die Zweistelligkeit heran. Sehr schwer tat sich hingegen RTL II.
Die erste Juli-Hälfte stand noch ganz im Zeichen der Fußball-Weltmeisterschaft, weshalb es auch nicht weiter überrascht, dass hier die mit Abstand stärksten Einschaltquoten verbucht wurden: Mit 21,32 Millionen war das Finalspiel zwischen Frankreich und Kroatien das stärkste Spiel, dahinter landeten die beiden Halbfinalspiele (Kroatien-England 19,23 Millionen, Frankreich-Belgien 18,25 Millionen) - die allerdings auch zur besten Sendezeit um 20 Uhr ausgestrahlt wurden und nicht wie das Finale bereits um 17 Uhr. Dementsprechend deutlich viel auch der Monatssieg hinsichtlich der Marktanteile aus, denn am Nachmittag wurden beeindruckende 76,1 Prozent aller bzw. 77,2 Prozent der jüngeren Konsumenten verzeichnet. Die erfolgreichste Ausstrahlung, die nicht im direkten Kontext mit einer WM-Übertragung stand, war indes das Formel-1-Rennen aus Deutschland, das von 6,12 Millionen Menschen verfolgt wurde.
Ähnlich sah es bei den 14- bis 49-Jährigen aus, wo natürlich auch das WM-Finale mit 7,65 Millionen die mit Abstand höchste Reichweite erzielte. Dahinter landeten die beiden Halbfinals mit 6,69 und 6,60 Millionen sowie viele weitere Spiele und Formate wie die «Tagesschau» oder das «heute-journal», wenn sie an den jeweiligen WM-Tagen ausgestrahlt wurden. Mit gerade einmal noch 1,85 Millionen schon relativ weit dahinter lag die Erstausstrahlung von Til Schweigers «Tatort: Tschiller - Off Duty», war damit aber der Höhepunkt der televisionären Schaffenskraft ohne Fußballbezug. Sehr gut dabei war aber auch hier das Deutschland-Rennen der Formel 1, das zwar "nur" 1,65 Millionen junge Menschen erreichte, hinsichtlich des Marktanteils aber mit 33,1 Prozent deutlich vor dem «Tatort» lag.
Unter den fünf kleineren Privatsendern übertraf einzig Sat.1 hin und wieder die Zwei-Millionenmarke, was in erster Linie «Julia Leischik sucht» (bis zu 2,54 Millionen), aber auch den beiden Auftaktfolgen von «Deception» (bis zu 2,32 Millionen), dem Film «Independence Day» (2,31 Millionen) sowie «Genial daneben» (bis zu 2,24 Millionen) zu verdanken war. In der Zielgruppe wiederum lag ProSieben mit dem Film «Vacation - Wir sind die Griswolds» mit 1,27 Millionen vorne, den höchsten abendlichen Marktanteil generierte allerdings «Schlag den Star» mit tollen 15,5 Prozent bei 1,05 Millionen. Bei VOX waren diesmal hingegen schon 1,60 Millionen Gesamt- sowie 0,80 Millionen junge Zuschauer für «Oblivion» das Höchste der Gefühle, kabel eins und RTL II lagen nochmal deutlich dahinter.
Alle Zuschauer (Juli 2018)
ALLE ZUSCHAUER (JULI)
11,6
14,6
15,5
16,9
7,8
7,5
2,8
2,8
4,6
4,4
6,4
6,1
4,3
4,0
3,2
3,1
Marktanteile in % | Juli 2018 ggü. Juni 2018
Das Zusammenspiel aus genereller Quoten-Dominanz und einiger attraktiver WM-Übertragungen in der ersten Monatshälfte führte dazu, dass das ZDF auch im Juli wieder einen völlig ungefährdeten Monatssieg einfuhr. Mit 15,5 Prozent ging es zwar klar gegenüber dem Vormonat bergab, was allerdings mit der deutlich geringeren Zahl der noch gezeigten WM-Spiele zusammenhängt und keine wirkliche Überraschung ist. Deutlich überraschender waren da schon die 11,6 Prozent für Das Erste, womit der Sender nämlich nur auf Höhe eines stärkeren Monats im Regelbetrieb lag, obwohl er immerhin auch noch sechs attraktive Partien der WM-Finalrunde ausstrahlen durfte. In der zweiten Monatshälfte erzielte man aber diverse Male gerade einmal einstellige Tages-Marktanteile, was die Monatsbilanz hier hintenheraus massiv nach unten drückte.
Stellt sich noch die Frage, ob das Fehlen Deutschlands zur heißen WM-Phase negative Auswirkungen auf die Monatswerte der beiden Sender hatte. Und die ist mit einem klaren Jein zu beantworten: Während das ZDF im Juli 2014 mit 14,8 Prozent leicht und im Juli 2010 mit 13,7 Prozent sogar deutlich schlechter unterwegs war als diesmal, war Das Erste mit 15,0 und 14,0 Prozent im Rahmen der vergangenen beiden Weltmeisterschaften dem öffentlich-rechtlichen Mitbewerber stets leicht überlegen. Das sah diesmal gänzlich anders aus.
Die Privatsender wiederum durften ein wenig durchatmen, immerhin gab es nur an neun Juli-Tagen überhaupt WM-Konkurrenz - und ausgerechnet die beiden Finalspiele liefen auch noch zur für das deutsche Publikum eher bedingt attraktiven Sendezeit um 16 und 17 Uhr. Dementsprechend hätte man sich durchaus auch signifikantere Verbesserungen vorstellen können, doch RTL steigerte sich nur leicht von 7,5 auf 7,8 Prozent und legte damit noch immer den zweitschwächsten Monat der Geschichte (oder besser gesagt: seit September 2004, denn seither liegen uns konkrete Daten vor) hin. Sat.1 war bereits im Juni neuen Tiefstwerten entgangen und kletterte nun auf 6,4 Prozent, womit der Bällchensender auf dem - gleichwohl sehr schwachen - Niveau lag, das auch innerhalb der Hauptsaison die Normalität darstellte. ProSieben verbesserte sich von 4,0 auf 4,3 Prozent, womit man sich VOX annäherte, das im Juni mit 4,4 Prozent recht glimpflich davon kam, daraus nun in den vergangenen 31 Tagen allerdings nicht allzu viel machen konnte und durchwachsene 4,6 Prozent generierte.
"Durchwachsen" ist auch die freundlichste Umschreibung, die man für die Resultate von kabel eins und RTL II ausmachen kann, ohne die Realität komplett aus den Augen zu verlieren. Ersterer Sender hatte den Juni mit 3,1 Prozent (zweitschwächster Wert überhaupt) abgeschlossen und steigerte sich diesmal nur mit Ach und Krach überhaupt auf 3,2 Prozent, letzterer Kanal war zuletzt auf ein ewiges Tief von 2,8 Prozent gefallen und verfehlte mit identischen 2,8 Prozent erneut die Drei-Prozentmarke. Das ist vor allem dahingehend bedenklich, dass ZDFneo erneut klar über der Drei-Prozentmarke rangierte (3,4 Prozent) und damit nicht nur droht, dem kleinsten der klassischen großen acht Sender davonzulaufen, sondern mittlerweile auch kabel eins immer gefährlicher wird.
14- bis 49-Jährige (Juli 2018)
14- BIS 49-JÄHRIGE (JULI)
8,1
12,1
9,4
12,1
10,6
9,7
5,0
5,0
6,4
5,9
7,9
6,9
9,6
8,4
4,7
4,4
Marktanteile in % | Juli 2018 ggü. Juni 2018
Erleichterung dürfte wohl das Gefühl sein, das in Köln dieser Tage vorherrscht: Ja, man ist der Schmach entgangen, ein weiteres Mal in der Einstelligkeit zu verharren und der Konkurrenz den Vortritt lassen zu müssen. Mit 10,6 Prozent war RTL letztlich der einzige Sender, der die Zweistelligkeit erreichte, was einem deutlichen Zugewinn zum historisch schlechten Juni bedeutete. Das kleine Problem: Der private Hauptkonkurrent ProSieben pirschte sich mit 9,6 Prozent sehr nah heran und ist ab sofort sowohl donnerstags als auch samstags mit potenziell attraktiven Shows zu sehen, während RTL zunächst mal seine Quotenschnecke «Einstein Junior» über das Ziel schleppen muss und donnerstags halbherzig «Cobra 11» versendet. Es könnte also ein spannender August werden, was die Zielgruppen-Marktführung anbetrifft.
Wohl nicht mehr im Game sind dagegen ARD und ZDF, die nach dem geteilten Monatssieg im Juni mit jeweils 12,1 Prozent im Juli deutlichere Differenzen aufwiesen, wobei anders als im Regelbetrieb die Mainzer mit immerhin noch 9,4 Prozent deutlich die Nase vorn hatten und erst ganz spät noch knapp hinter ProSieben zurückfielen. Das Erste hingegen kam auf nur noch 8,1 Prozent, womit man nur knapp vor Sat.1 lag, das sich wiederum deutlich von 6,9 auf 7,9 Prozent zu verbessern wusste. Klingt erstmal gut, nur: Im Juni hatte der Bällchensender eine böse Bruchlandung hingelegt und den bisherigen Allzeit-Tiefstwert von 7,6 Prozent um mehr als einen halben Prozentpunkt unterboten.
Einen deutlichen Schritt nach vorne machte beim jüngeren Publikum auch VOX, das sich von 5,9 Prozent auf 6,4 Prozent steigerte, was nun erst einmal eine solide Basis darstellt, von nun an wieder die sieben Prozent anzupeilen, die bis zum Mai regelmäßig zu Buche standen und dem Sender den Ruf des "Last Man Standing" inmitten einer privaten Senderlandschaft einbrachte, die seit Jahren mit kontinuierlich sinkenden Werten zu kämpfen hat. Für kabel eins hingegen gilt es nun, zu zeigen, dass die erstaunlich guten 5,1 und 5,3 Prozent im April und Mai nicht bloß numerische Eintagsfliegen waren, denn nach tristen 4,4 Prozent im Vormonat war der leichte Juli-Fortschritt auf 4,7 Prozent nun auch eher ein Fall für ein emotionsloses Achselzucken denn für einen frenetischen Jubel. RTL II wiederum bleibt massiv absturzgefährdet, denn die historisch miesen 5,0 Prozent wurden im Juli wiederholt. Als einzigem der sechs größten Privatsender gelang es hier also weder insgesamt noch bei den Jüngeren, eine Verbesserung gegenüber dem Vormonat zu erreichen.
Alle Zuschauer (Fernsehjahr)
ALLE ZUSCHAUER (GESAMTES JAHR)
11,8
11,5
14,0
13,5
8,6
8,8
3,0
3,0
4,9
4,9
6,3
6,3
4,4
4,4
3,4
3,5
Marktanteile in % | Sep 2017 – Jul. 2018 ggü. Sep. 2017 – Mai 2018
Das ZDF bleibt weiterhin der dominante Akteur auf dem deutschen Fernsehmarkt und hat die beiden WM-Monate sogar dazu nutzen können, den eigenen Marktanteil noch deutlich von 13,5 auf 14,0 Prozent auszubauen. Damit sind die Mainzer auf dem allerbesten Wege, sich selbst im Jahresvergleich (also von September bis August) zu übertreffen, denn auch in den vorherigen WM-inkludierten Saisons 2005/06, 09/10 und 13/14 hatte man mit 13,7, 12,8 und 13,4 Prozent nicht auf derart fantastische Zahlen verweisen können. Damit enden allerdings auch schon die ganz großen Erfolgsgeschichten, denn mit 11,8 Prozent wird schon Das Erste bei weitem nicht an besagte WM-Saisons heranreichen (hier ging es seit 05/06 von zunächst tollen 14,2 auf 13,3 und 12,7 Prozent bergab), immerhin die 10,8 Prozent aus der Vorsaison werden allerdings deutlich übertroffen werden.
Unschön sieht es dagegen für RTL aus, dessen ohnehin schon nicht berauschende 8,8 Prozent aus der Hauptsaison durch die Sommermonate wohl noch einmal ein wenig reduziert werden - aktuell stehen nur noch 8,6 Prozent auf dem Papier. Sat.1 und ProSieben haben hingegen die WM-Zeit vergleichsweise unbeschadet überstanden und können wohl ihre wahrlich nicht spektakulären 6,3 und 4,4 Prozent halten. kabel eins drohen leichte zusätzliche Sommer-Einbußen, die sich allerdings in Form eines starken Augusts noch abwendbar sind.
14- bis 49-Jährige (Fernsehjahr)
14- BIS 49-JÄHRIGE (GESAMTES JAHR)
7,3
6,7
7,1
6,3
11,6
11,9
5,3
5,4
6,9
7,1
8,1
8,3
9,3
9,4
4,8
4,8
Marktanteile in % | Sep 2017 – Jul. 2018 ggü. Sep. 2017 – Mai 2018
Wie verhält es sich mit dem langfristigen Verbleib RTLs innerhalb der Zweistelligkeit? Mit 11,9 Prozent nach der Hauptsaison bzw. immerhin noch 11,6 Prozent nach den beiden WM-Monaten scheinen die Kölner zunächst einmal nicht akut bedroht zu sein, auch noch unter die Zehn-Prozentmarke zu rutschen, gleichwohl wird man das Jahr aber mit einem Abschlag von rund einem Prozentpunkt beenden - nachdem man zuvor innerhalb von sechs Jahren bereits mehr als sechs Prozentpunkte verloren hat. Sich selbst in allzu großer Sicherheit zu wähnen, könnte sich also als fatal erweisen - zumal sich ProSieben in den vergangenen Monaten ein wenig gefangen zu haben scheint und mit einem guten August-Abschneiden auch noch die 9,4 Prozent aus der Hauptsaison über die Ziellinie tragen könnte. Aktuell steht der Sender bei 9,3 Prozent.
Sat.1 wiederum hatte den Juni komplett verschlafen und dürfte die warmen Monate nicht komplett schadlos überstehen - aktuell stehen nur noch 8,1 statt 8,3 Prozent auf dem Papier. Auch VOX verliert nach aktuellem Stand 0,2 Prozentpunkte, womit es sogar noch hinter die beiden öffentlich-rechtlichen Sender rutschen könnte. Von denen präsentierte sich vor allem das ZDF im Rahmen der Fußball-Weltmeisterschaft ungewohnt jung, ja stellte sogar den Marktführer im Juli und August mit durchschnittlich 10,8 Prozent im Mittel - und verbesserte die eigene Bilanz somit alleine dank dieser beiden Monate erheblich von 6,3 auf 7,1 Prozent. Da konnte Das Erste nicht ganz mithalten, liegt aber aufgrund der besseren Vorarbeit in der Kernsaison mit 7,3 Prozent trotzdem noch leicht in Front. Ganz hinten landet RTL II, das sogar noch gegenüber den 5,4 Prozent bis Mai zu verlieren droht (derzeit 5,3 Prozent), sowie kabel eins, das seine 4,8 Prozent immerhin halten könnte.
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