Plattgetretene Gags und hanebüchen-kitschige Verwicklungen machen «Oma ist verknallt» zu einer televisionären Geduldsprobe.
Cast und Crew
- Regie: Markus Herling
- Darsteller: Ruth Reinecke, Florian Panzner, Hilde Dalik, Konstantin Schmidt, Leopold Schmidt, Ernst Stötzner, Gioia Marischka, Sabine Vitua
- Drehbuch: Robert Krause, nach einer Idee von Caroline Hartmann
- Kamera: Florian Schilling
- Schnitt: Nils Landmark
- Musik: Birger Clausen
- Produktionsfirma: Wasabi Film
Man sollte sich beim Anschauen eines Filmes nicht zu viele Gedanken um die wirtschaftliche Realitätsnähe von Hintergrunddetails machen. Ansonsten bringt man sich um den Verstand. Es gibt etwa kaum eine deutsche Romantikkomödie aus den vergangenen 15 Jahren, die auch nur irgendeinen Hauch wirtschaftlicher Plausibilität an sich hat. Denn in diesem Genre leben selbst angeblich um jeden Auftrag ringende, arme Werbetexter in hochmodernen Lofts über den Dächern Hamburgs, Münchens und Berlins. Ein Stück weit sind Zuschauende gefordert, einem Film seine Freiheiten zu lassen, weil die Filmschaffenden halt über das Produktionsdesign ihre Figuren charakterisieren wollen. Und dann gibt es Filme wie «Oma ist verknallt», die einem in ihren ersten paar Filmminuten bereits entgegenbrüllen, dass sie keinerlei Gefühl für reale Gegebenheiten haben.
Die Degeto-Dramöde beginnt damit, dass eine vierköpfige Familie ihr neues Haus einrichtet. Ein gemütliches, trotzdem geräumiges Haus im Grünen, in Laufweite zur Innenstadt. Ein Haus, nach dem sich ein Großteil der Das-Erste-Zuschauerinnen und -Zuschauer, die jünger sind als der durchschnittliche ARD-Konsument (61 Jahre), sehnen würde. Aber der liebe Herr Papa namens Matthias (Florian Panzer) muss sich von seiner ganzen Familie anhören, wie mickrig und unhübsch das Anwesen doch sei. Gegenüber seiner Mutter Gisela (Ruth Reinecke), die überraschend zu Besuch kommt, gibt er sogar kleinlaut zu, dass das Haus zu wünschen übrig lässt. Aber was will er schon machen, als freier Spielzeugbedienungsanleitungenschreiber sei derzeit nicht mehr drin.
Willkommen in der schrägen Filmwelt von «Oma ist verknallt», der jedoch zu keinem Zeitpunkt eine gezielt-satirische Verschrobenheit anzumerken ist. Diese in träger Direktheit inszenierte Dramödie erlaubt sich keine klar markierten Kauzigkeiten, sondern nimmt ihre grundlegenden Parameter ernst.
Nicht einmal die trocken-subtile Verspieltheit eines Films wie «Tanz ins Leben» ist hier gegeben. Amüsieren sollen hier keine kuriosen Gegebenheiten, sondern schreiend komische Missverständnisse wie die Szene, in der Oma Gisela eine löchrige Jeans ihrer Enkelin flickt, weil sie denkt, das arme Kind müsste in Lumpen herumlaufen. Hahaha, was haben wir gelacht.
Und wenn nicht solche den Puls der Zeit mit der Genauigkeit einer Sonnenuhr in tiefster Nacht treffenden Generationenclashpointen aufkommen, soll halt die herzliche Geschichte zum gerührten Lächeln einladen. Denn Matthias inszeniert für seine deprimierte Mutter die Existenz eines heimlichen Verehrers – nur, dass dieser Plan unvorhergesehene Komplikationen mit lebensfrohen Konsequenzen wachruft. Komplikationen, die sich mit der Lautstärke einer Polizeisirene ankündigen.
Seichte Wohlfühlkomödien mit gelegentlichen, ruhigeren Zwischenpassagen in allen Ehren. Aber in der atonalen Welt von «Oma ist verknallt» kann diese Form schlichtweg nicht aufgehen. Solche Geschichten beruhen auf einem Mix aus pointierter Wunscherfüllung ("Ich wünschte, ich könnte meinen Eltern so eine schöne Geste machen!", oder, für den ARD-Durchschnittszuschauer: "Ich wünschte, meine Kinder würden sowas für mich tun!") und alltagsnahen Beobachtungen, aus denen diese eher überspitzten Elemente herausstechen. «Oma ist verknallt» geht hingegen jegliche Realitätsnähe verloren, da die anfängliche Vorstellung dessen, was schon ein peinlich-mickriges Haus ist, nur der Anfang einer langen Reihe an Kopfkratzmomenten ist.
So wird Gisela kurz, nachdem sie den Haushalt ihres Sohnes in Aufruhr gebracht und aufgewühlt hat, von ihrem Arzt als jemand bezeichnet, der den Lebensmut verloren hat und passiv ist. Den Anblick Giselas im Rollstuhl kommentiert Florian Panzer ohne Zynismus oder Ironie in der Stimme, platt und staubtrocken: "Oh. Du sitzt im Rollstuhl. Ist was passiert?" Inspirierende, frohe Momente zwischen Mutter und Sohn werden von schwerer Einschlafmusik untermalt, und wie Giselas Liebessehnsucht erfüllt wird, ist dreimal so haarsträubend und hanebüchen wie Matthias' Berufsleben.
Nur eine beiläufige Erwähnung, dass freie Mitarbeiter unpünktlich bezahlt werden, deckt sich mit der Realität. Sonst ist «Oma ist verknallt» ein träge gespielter, holprig und dennoch vorhersehbar erzählter Film, dessen Gags lahm sind und dessen schmachtende Botschaft so ehrlich wirkt wie eine drei Wochen verspätet abgeschickte Ein-Euro-Grußkarte.
«Oma ist verknallt» ist am 1. Juni 2018 ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.
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