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Fünf Glanzlichter des deutschen Fernsehjahres 2017/18

Die TV-Saison ist beendet – und sie lässt einige denkwürdige Stunden an Fernsehunterhaltung zurück. Fünf Quotenmeter.de-Redakteure wählen daraus je ein Highlight aus den zurückliegenden TV-Monaten.

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«Jenke macht Mut» (von Manuel Nunez Sanchez)


Es kommt nicht allzu oft vor, dass mich Fernsehformate emotional so richtig zu berühren imstande sind - wenn es dann aber doch einmal gelingt, wirkt diese Ausnahme bei mir umso länger nach. In der letzten Saison war das etwa bei der grandios gefloppten, spät aber immerhin qualitativ noch mit einer Nominierung für den Grimme-Preis goutierten VOX-Talkshow «The Story of My Life» der Fall. Und ähnlich bescheiden performte Anfang Mai dann auch RTL mit «Jenke macht Mut!», das sich in selten gezeigter Schonungslosigkeit ganz still und authentisch mit dem oft von Tristesse und Leid dominierten Alltag diverser Brustkrebs-Patienten auseinandersetzte und auf billige Drama-Phrasen ebenso verzichtete wie auf eine übertriebene audiovisuelle Aufbereitung des aufgezeichneten Materials. Dass dieses in der Tat auch von Seiten des Privatsenders sehr mutige Projekt nicht einmal einen zweistelligen Marktanteil bei seiner Erstausstrahlung erreichte, ist bedauerlich und erwartbar zugleich inmitten einer doch sehr schrillen und auf leichte Unterhaltung ausgelegten Primetime-Konkurrenz.

Ein Stück weit resultierte meine Begeisterung aber auch aus der Überraschung, von Jenke von Wilmsdorff ein derart taktvolles Format mit großem Gespür auch für die leisen und traurigen Momente dargeboten bekommen zu haben, nachdem er sich erst wenige Monate zuvor mit «Kopfgeld» inhaltlich ziemlich in die Nesseln gesetzt hatte. In «Jenke macht Mut» dagegen wirkte er präsent, ohne sich als Gesicht der Sendung aufdringlich in den Mittelpunkt zu spielen und fungierte in den diversen Gesprächen mit den Brustkrebs-Patienten auch mitunter mal einfach nur als sehr empathischer Zuhörer. Ein leises, den Zuschauer forderndes Highlight dieser TV-Saison, das leider nicht die ihm zustehende Beachtung erfahren hat.

«Dark» von David Grzeschik


Schon nach wenigen Minuten lässt «Dark» seine Zuschauer nicht mehr los. Eine solche Sogwirkung können nur besonders klug geschriebene und gekonnt inszenierte Stoffe auslösen. Und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass es gerade das Serienentwicklungsland Deutschland ist, das den ersten europäischen Netflix-Stoff liefert, der mit seinen amerikanischen Pendants ernsthaft mithalten kann.
QM-Kritiker Julian Miller über Dark
Einer der großen Gewinner der TV-Saison 2017/ 18 ist zweifellos die deutsche Serie. Großen Anteil daran hat der Kölner Privatsender RTL, der in den vergangenen Monaten eine große fiktionale Offensive startete. Bei dieser ging zwar nicht jeder Serien-Neustart als großer Erfolg durch, viele Produktionen hat der Kölner Sender aber dennoch schon in eine zweite Staffel geschickt. Die im Juni anstehenden Screenforce Days dürften noch die eine oder andere Überraschung in puncto Eigenproduktionen von Privatsendern bereithalten – eine Entwicklung, die eigentlich nur zu begrüßen ist!

So löblich die Investitionen von RTL in der vergangenen Saison auch waren: Der ganz große (qualitative) Wurf gelang in den zurückliegenden Monaten keinem TV-Sender, sondern dem Streaming-Dienst Netflix. Mit seiner Eigenproduktion « Dark» feierte der Anbieter weltweit Erfolge. Dass ausgerechnet Netflix‘ erste deutsche Serie den europäischen Durchbruch in Sachen Serien bringen würde – darauf hätte wohl kaum jemand gewettet.

«Dark» spielt auf verschiedenen Zeitebenen. Damit ist die Serie ein bisschen Science Fiction, vor allem aber besticht sie durch ihre düstere Atmosphäre und die vielen teils philosophisch anmutenden Geheimnisse, die auch nach den ersten zehn Folgen nicht vollends geklärt sind. «Dark» regt zum Nachdenken an, packt seine Zuschauer und erfordert von diesen aktives Mitdenken. In dem Wirrwarr an auftretenden Personen verliert man sich als Zuschauer schnell, wenn man nicht richtig aufpasst. Das macht Spaß und zeigt, dass «Dark» außerordentlich klug inszeniert ist.

Schon drei Wochen nach Erscheinen der ersten Staffel im Dezember 2017 stellte Netflix eine zweite Runde der Serie in Aussicht. Einen konkreten Termin für die «Dark»-Fortsetzung gibt es dabei noch nicht. Vermutlich wird die zweite Staffel aber noch eine zusätzliche Handlungsebene mit aufnehmen, womit sie noch verworrener, düstere und komplizierter werden könnte. Man darf gespannt sein.
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31.05.2018 13:27 Uhr Kurz-URL: qmde.de/101327
Julian Miller, Manuel Nunez Sanchez, Timo Nöthling, David Grzeschik, Sidney Schering

super
schade

65 %
35 %

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Tags

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Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
Sentinel2003
31.05.2018 14:30 Uhr 1
Ich verstehe bis heute diese große Lobhudelei auf "Dark" nicht....ich habe bis jetzt grade mal bis Folge 2 gesehen und fand es ok, mehr aber nicht! Daß es angeblich die bisher BESTE DEutsche Serie sein soll, kann ich nicht nachvollziehen!
Milli09
31.05.2018 14:59 Uhr 2

Es soll ganz hilfreich sein, sich mehr als 2 Folgen anzugucken. Ich bin nach 2 Folgen Game of Thrones oder Breaking Bad auch nicht aus den Latschen gefallen.
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