Nur noch gut ein Prozentpunkt lag in der Zielgruppe zwischen den beiden größten Privatsendern des Landes - so wenig wie selten zuvor. Einen klaren Aufwärtstrend legt indes kabel eins hin. Und beim Gesamtpublikum? Da war alles wie gehabt.
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Alle Zuschauer (Fernsehjahr)
ALLE ZUSCHAUER (FERNSEHJAHR)
11,6
11,3
13,5
12,7
8,8
9,7
3,0
3,3
5,0
5,3
6,3
7,1
4,4
4,9
3,4
3,6
Marktanteile in % | Sep. 2017 – Apr. 2018 ggü. Sep. 2016 – Mai 2017
Einen Monat vor dem Saisonende sind die Kräfteverhältnisse dermaßen klar verteilt, dass sich Einiges schon mit Gewissheit sagen lässt: Herzlichen Glückwunsch an das ZDF zum sechsten Gesamtsieg in Folge! Sollte im Mai nicht noch ein mittelschweres Quotenbeben folgen, erreichen die Mainzer mit 13,5 Prozent den stärksten Wert, den ein Sender (genauer gesagt RTL mit 13,6 Prozent) in den letzten sechs Jahren überhaupt zu erreichen imstande war - was umso bemerkenswerter anmutet, da sich der Markt ansonsten ja in immer mehr kleine Akteure zulasten der Großen diversifiziert. In diesem Kontext sollten dann auch die 11,6 Prozent des Ersten Deutschen Fernsehens zwar vielleicht nicht als großer Triumph, aber eben doch als kleiner Punktsieg verstanden werden, denn höchstwahrscheinlich wird auch das zweite öffentlich-rechtliche Hauptprogramm ein moderates Plus einfahren.
Ein heftiger Graupelschauer prasselt hingegen auf die Bronzemedaille von RTL herab, denn mit den wohl letztlich ungefähr 8,8 Prozent, die in der Saisonendabrechnung zu Buche stehen werden, hat sich nun auch der letzte werbefinanzierte Akteur von ernstzunehmenden Ambitionen entfernt, zweistellige Marktanteile zu erreichen und der gebührenfinanzierten Konkurrenz die Stirn zu bieten. Vor allem aber verschlimmert sich die seit den noch zu schäferkordt'schen Hochzeiten erreichten 14,5 Prozent (2010/11) fortwährende Situation der Dauerkrise, nachdem man zuletzt zwei Saisons in Folge hinzulegen wusste, wo maximal ein halber Prozentpunkt verloren ging. Und auch die weiteren großen Privatsender der ProSiebenSat.1- und RTL-Gruppe verloren allesamt weiter an Substanz.
Sat.1 etwa wird gewohntermaßen auf dem Holzrang landen, büßt aber nochmal kräftiger ein als in den beiden Vorjahren, wo bereits jeweils ein halber Prozentpunkt verloren gegangen war. ProSieben verliert mit seinen 4,4 Prozent wohl zum zweiten Mal in Folge etwa einen halben Prozentpunkt - oder krasser ausgedrückt: beinahe 20 Prozent seines Marktanteils, innerhalb von nur zwei Jahren. Bei RTL II ringt man inzwischen um die Drei-Prozent-Marke, wird sie mit 3,0 Prozent aber sehr wahrscheinlich mit Ach und Krach erreichen, wenn im Mai nicht alle Dämme reißen. Dennoch: Innerhalb von nur drei Jahren ging auch hier fast ein Prozentpunkt verloren - oder fast 25 Prozent. Da sind die 3,4 Prozent, die bei kabel eins aktuell auf dem Papier stehen, fast schon harmlos, wenngleich die noch vor wenigen Jahren anvisierten vier Prozent mittlerweile auch kein ernsthaftes Thema mehr sein dürften.
Und selbst VOX dient in dieser Saison nicht mehr wirklich als Gegenargument zum apokalyptischen Narrativ, mit dem die großen Privaten hinsichtlich ihrer Quotenentwicklung zu diskutieren sind: Mit 5,0 Prozent wird der Sender nämlich aller Voraussicht nach auch sein schwächstes Ergebnis seit zwölf Jahren erzielen, nachdem er sich in den vergangenen vier Jahren durchweg konstant bei 5,2 bis 5,3 Prozent gehalten hatte. Und so kommen die sechs größten Werbefinanzierten mit rund 31 Prozent am Ende der Saison nur noch auf etwa sechs Prozentpunkte mehr, als Das Erste und das ZDF alleine erzielen. Diese Differenz bröckelt seit Jahren dramatisch: Vor sechs Jahren etwa lagen noch rund 20 Prozentpunkte zwischen den sechs größten Privaten und den beiden größten Öffentlich-Rechtlichen (damals waren RTL und Sat.1 als Duo noch genauso stark wie Das Erste und ZDF), vor drei Jahren noch etwa zwölf Prozentpunkte und im Vorjahr noch rund zehn.
14- bis 49-Jährige (Fernsehjahr)
14- BIS 49-JÄHRIGE (FERNSEHJAHR)
6,7
6,5
6,3
5,9
12,0
12,8
5,3
5,5
7,2
7,4
8,3
8,7
9,4
10,0
4,8
4,9
Marktanteile in % | Sep. 2017 – Apr. 2018 ggü. Sep. 2016 – Mai 2017
Angesichts dieser Schreckensnachrichten ist es doch beruhigend, wenn man als Privatsender ein Refugium hinter sich weiß, in dem man sich nochmal so richtig groß fühlen darf. Und das ist RTL mit seinen 12,0 Prozent, die am Ende des TV-Jahres wohl etwa erreicht werden, ohne Frage noch immer. Ebenso fraglos aber: Man schrumpft und schrumpft und schrumpft - seit sieben Jahren und kein Ende scheint in Sicht. Somit könnte den Kölnern schon in absehbarer Zeit das bevorstehen, was bei ProSieben nun bereits die graue Realität ist: Die Verzwergung hin in die Einstelligkeit, genauer gesagt auf 9,4 Prozent. Und auch Schwestersender Sat.1 nimmt weiter mit großem Erfolg am Projekt Quotenerosion teil, nicht anders verhält es sich bei RTL II und voraussichtlich auch kabel eins - wobei sich bei letzterem Kanal die Verluste in engeren Grenzen halten dürften, als man vor wenigen Monaten noch hatte annehmen müssen.
Die statistische Redlichkeit verbietet es indes aber, VOX in das allgemeine Klagelied zu inkludieren, denn dieser Sender hatte in der Vorsaison mit 7,4 Prozent seinen besten Wert seit drei Jahren verzeichnet und wird auch diese Saison mit 7,2 Prozent stärker abschließen als in den Jahren 2015 und 2016 mit 6,9 bzw. 6,7 Prozent. Der größte Saison-Gewinner dürfte allerdings das ZDF sein, das mit 6,3 Prozent klar besser abschneiden wird als in den drei vorangegangenen Saisons - auch wenn der durchschnittliche Zuschauer des Mainzer Kanals noch immer reichlich betagt ist. Das Erste dürfte mit 6,7 Prozent ebenfalls einen kleinen, aber feinen Zugewinn verzeichnen. Auch bei den 14- bis 49-Jährigen gilt also: Ja, sie gehören noch immer eher den Privaten, doch die schwarzen Zahlen schreiben auch hier inzwischen quasi ausnahmslos die Gebührenfinanzierten.
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