Mit fast durchweg zweistelligen Zielgruppen-Marktanteilen begeistert die tägliche Dokusoap aktuell auf dem 14-Uhr-Slot, steht aber anders als «Shopping Queen» und Co. kaum im medialen Fokus. Wohl auch ein Grund: Sie wird fast ausschließlich von jungen Menschen verfolgt.
Der Trend von heute ist das Auslaufmodell von morgen. Kaum ein Genre im deutschen Fernsehen verkörpert diese Weisheit in diesen Tagen so sehr wie die Scripted Reality, die RTL und Sat.1 als tägliche Monokultur darbieten, mittlerweile aber im besten Fall noch für biederes Mittelmaß und im schlimmsten Fall für
tiefe Sorgenfalten bei den Programmverantwortlichen sorgen. VOX hatte bereits vor einigen Jahren den ökonomischen Verlockungen dieser eher schmuddeligen Form der nachmittäglichen Fast-Food-Unterhaltung widerstanden und stattdessen unter anderem die Erziehungs-Dokusoap
«Mein Kind, dein Kind» auf dem 14-Uhr-Sendeplatz gestartet. Das zahlte sich zunächst überhaupt nicht aus, entwickelte sich mit der Zeit aber zu einem soliden Garanten für besseres Mittelmaß - und im März schoss das Format nun so richtig durch die Decke.
Die eine große Zahl, mit der sich auch Pressemitteilungen bestücken lassen, ist dabei die 14,7 Prozent. Jenen Marktanteil nämlich erreichte man am 14. März, was einem neuen ewigen Bestwert entsprach und den Senderschnitt mal eben verdoppelte. 0,45 Millionen junge Menschen sahen an besagtem Tag zu - auch das waren so viele wie nie zuvor. Tolle Zahlen, keine Frage, doch im schnelllebigen Fernsehgeschäft gerne mal Schall und Rauch, wenn über die Momentaufnahme hinaus nichts Bemerkenswertes geleistet wird. Doch bei Betrachtung der ewigen Top-Five-Folgen fällt auf: Auch die 11,7 bis 12,8 Prozent, die für die Positionen zwei bis fünf langen, stammen aus dem Kalenderjahr 2018 - und bis auf eine Ausnahme allesamt aus dem März.
März-Performance der VOX-Daytime
- «MKDK»: 0,47 Mio. (4,4% / 10,2%)
- «SQ»: 0,76 Mio. (5,9% / 11,2%)
- «4HUET»: 0,72 Mio. (5,3% / 9,5%)
- «ZTUT»: 1,00 Mio. (6,3% / 9,8%)
Median-Werte aller zwischen Montag und Freitag ausgestrahlten Folgen von «Mein Kind, dein Kind», «Shopping Queen», «4 Hochzeiten und eine Traumreise» sowie «Zwischen Tüll und Tränen».
Über die Spitze hinaus liest sich die März-Monatsbilanz der Sendung aber auch in der Breite herausragend gut: Über die Hälfte der 21 Folgen performten zweistellig, 19 der 21 Episoden lagen oberhalb des Senderschnitts - einzig ganz aktuell kurz vor den Ostertagen lief es mit 6,6 und 7,1 Prozent am Mittwoch und Donnerstag nicht ganz so gut. Zuvor wurden bis auf ganz wenige Ausnahmen stets mindestens neun Prozent verzeichnet. Das langt letztlich, um auch in der Monatsendabrechnung erstmals überhaupt in die Zweistelligkeit vorzudringen und sogar die Nachmittags-Hits «4 Hochzeiten und eine Traumreise» sowie «Zwischen Tüll und Tränen» zu überflügeln (siehe Infobox).
Ganz klar noch anders sieht es dagegen beim Gesamtpublikum aus, wo die Formkurve zwar in den vergangenen Monaten ebenfalls schüchtern nach oben zeigte, aber im Regelfall noch immer weniger als eine halbe Million Menschen zusehen. Zwar datieren auch hier 16 der 18 Episoden, die zumindest 0,51 bis 0,60 Millionen mobilisierten, aus dem aktuellen Kalenderjahr, doch von einem großen Erfolg kann hier wahrlich noch immer nicht die Rede sein: Nur zweimal wurde im März die Fünf-Prozentmarke (und damit das VOX-Normalniveau) zumindest knapp erreicht, dafür war man sieben Mal mit nur 3,2 bis 3,9 Prozent um mehr als einen Prozentpunkt von ihr entfernt. Hier gibt es also nach wie vor erheblichen Aufholbedarf, der in dieser Form bei den anschließenden Nachmittags-Hits nicht in dieser Form gegeben ist.
März-Ranking um 14 Uhr
- «Two and a Half Men»: 12,4%
- «Mein Kind, dein Kind»: 10,2%
- «Blaulicht Report»: 9,8%
- «Auf Streife»: 9,3%
- «The Mentalist»: 8,0%
- «Küchenschlacht»: 5,6%
- «Köln 50667»: 5,4%
- «Rote Rosen»: 4,9%
Median-Marktanteile aller von Montag bis Freitag gegen 14 Uhr ausgestrahlten Folgen der jeweiligen Formate bei den 14- bis 49-Jährigen.
Doch eine allzu starke Fokussierung auf diesen defizitorientierten Aspekt der Quotenbilanz mutet eher ungerecht an, wenn man sich einmal konkret vor Augen führt, was «Mein Kind, dein Kind» in den vergangenen Wochen eigentlich geleistet hat: Die beiden konkurrierenden Scripted-Reality-Angebote von RTL und Sat.1 zu überflügeln nämlich, die beide knapp an der Zweistelligkeit gescheitert sind (siehe Infobox) und somit hinter die Dokusoap zurückfielen. Damit ist der Sendung etwas gelungen, das zuletzt um 14 Uhr mit ProSieben und kabel eins den beiden einzigen großen Sendern vorbehalten war, die auf US-amerikanische Serien setzten: Klar überdurchschnittliche Werte bei den 14- bis 49-Jährigen zu erzielen. Dass sich die Bilanz beim Gesamtpublikum nicht ganz so rosig liest, ist angesichts der noch immer hohen Bedeutung der Zielgruppe zu verschmerzen, sorgen muss sich viel mehr RTL: «Der Blaulicht Report» nämlich performt mittlerweile in beiden Konsumentengruppen nur noch unterdurchschnittlich.
Abschließend sei noch auf die Langzeitentwicklung von «Mein Kind, dein Kind» verwiesen, die den positiven Grundton der Analyse nochmals forciert: Der März ist nicht nur der erste Monat, in dem die Zweistelligkeit erklommen wurde, sondern gerade in jüngster Vergangenheit hat sich die Sendung erheblich steigern können: Im November etwa hatte man sich noch mit etwa acht Prozent im Durchschnitt begnügen müssen, im Januar und Februar gelangte man dann auf jeweils rund neun Prozent der jungen Zuschauergruppe - und vor einem Jahr, als VOX gewissermaßen den Grundstein für den heutigen Erfolg legte, indem die Verantwortlichen die Dokusoap langfristig ohne Unterbrechungen an den Start schickten, musste man zunächst sogar noch mit sehr mittelprächtigen rund sieben Prozent vorliebnehmen. Angesichts dieses klaren Aufschwungs dürfte man wenig Probleme damit haben, dass bei den älteren Zuschauern nach wie vor noch sehr viel Luft nach oben ist.
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