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Die Kritiker: «Tatort - Kopper»

Ein letzter Ritt in den Sonnenuntergang: Rocker-Cop Mario Kopper aus Ludwigshafen hat am Sonntagabend seinen letzten Einsatz. Endlich, meint unser Kritiker.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Ulrike Folkerts als Lena Odenthal
Andreas Hoppe als Mario Kopper
Lisa Bitter als Johanna Stern
Peter Espeloer als Peter Becker
Annalena Schmidt als Edith Keller
Michele Cuciuffo als Sandro Giangreco
Saskia Vester als Karin Manz

Hinter der Kamera:
Produktion: SWR
Drehbuch: Patrick Brunken
Regie: Roland Suso Richter
Kamera: Jürgen Carle
Mario Kopper (Andreas Hoppe) ist eine seltsame Figur. Die Kombination aus Lederjacke, Wildpinkeln, aus bis in die Lächerlichkeit übertriebenem Männlichkeitsgehabe und behäbigem «Tatort»-Duktus ließen ihn immer wie eine Parodie wirken, oder wie ein Lehrbuchbeispiel dafür, wie im deutschen Fernsehen schwierige Helden völlig unstimmig und oberflächlich erzählt werden. Nun reitet er ein letztes Mal in den Sonnenuntergang, die Haare rockermäßig, aber gleichzeitig aalglatt und doch adrett mit tonnenweise Gel drapiert, sein alter Wagen als eine leicht durchschaubare und nur zum Schein verklausulierte Chiffre für den aus der Zeit gefallenen Cowboy, die rauchende Zigarette als ein schon in seinen Anfangsjahren überholtes Zeichen von Männlichkeit, das Mäandrieren zwischen wohldosierter Schweigsamkeit und sonorem Grummeln als möglichst offensichtlicher Hinweis auf seinen ach so weichen Kern.

Mario Kopper war eine Figur, die in über zwanzig «Tatort»-Jahren die erstaunliche Leistung vollbracht hat, ihr Publikum kein einziges Mal zu überraschen. Schablonenhaft grummelte und urinierte er sich theatralisch durch über vier Dutzend Folgen, und trotz dieses umfangreichen Materials ist er mit dem ersten Absatz dieses Textes doch vollumfänglich und psychologisch in angemessenem Detail beschrieben.

Es ist also gerade diese Rückständigkeit – in der Erzählung wie in der Inszenierung – seines letzten «Tatorts», die durchaus erstaunlich ist: Kopper trifft auf einen alten Freund aus Jugendzeiten, Sandro, wie er ein Sizilianer, der seine Schwierigkeiten mit der Mafia lösen muss. Kopper soll Sandro im Zeugenschutzprogramm unterbringen, damit er aussagen kann. Wie riskant das ist, erfahren auch Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und ihre immer noch unangenehm nöhlig geführte Kollegin Johanna Stern (Lisa Bitter) recht schnell: Nachdem ein anderer Mafioso die Seiten gewechselt hatte, verendete er kürzlich in einer pfälzischen Justizvollzugsanstalt.

Auch persönlich steckt Kopper bald richtig tief drin, in den mafiösen Verstrickungen und der guten alten organisierten Kriminalität: Bei der großen Wiedersehensfreude schießt Kopper jemanden nieder, der seinem alten Spezi Sandro ans Leder wollte. Und anstatt Sandro in polizeiliche Obhut zu bringen, um die Sache ruhig und den Vorschriften entsprechend abzuarbeiten, hält er ihn versteckt, aus der wohlbegründeten Angst, dass die rheinland-pfälzische Polizei ihn nicht vor den langen Armen aus Sizilien würde schützen können.

Klandestine Treffen an entlegenen Ludwigshafener Orten, zu denen Kopper standesüblich mit seiner alten Rostlaube angefahren kommt, sind also an der Tagesordnung. Ebenso verstörende Drohungen gegen die alleinerziehende Johanna Stern und ihre beiden Kinder, und Lena Odenthals agitierte Blicke und hysterische Worthülsen, mit denen sie Kopper mal zum Einlenken bewegen und mal ihr Verständnis mitteilen möchte.

Die Motive bleiben abgestanden, Erzählduktus und Ästhetik dieses «Tatorts» hätten sich schon vor zwei Jahrzehnten seltsam altmodisch angefühlt. Auf eine ziemlich bizarre Art passt dieser Eindruck freilich ganz gut zum Protagonisten Kopper, der alles geworden ist, was Rocker zu ihren Hochzeiten nie werden wollten: eine Parodie auf sich selbst, ein in die Jahre gekommener Stützstrumpfträger, der meint, seinen langsamen Verfall mit Lederjacke und lächerlichem Alpha-Männchen-Gehabe kaschieren zu können. Gut, dass dieses Trauerspiel am Sonntagabend ein Ende hat. Doch dass dieser Kopper nun mit der Zeit geht, wird kaum bedeuten, dass auch der Ludwigshafener «Tatort» nun verstärkt mit der Zeit gehen wird.

Das Erste zeigt «Tatort – Kopper» am Sonntag, den 7. Januar um 20.15 Uhr.
06.01.2018 10:11 Uhr Kurz-URL: qmde.de/98209
Julian Miller

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Kopper Tatort Tatort – Kopper Tatorts

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Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
DirkGuggtTV
06.01.2018 14:14 Uhr 1
Die Figur Mario Kopper wollte Andreas Hoppe schon vor Jahren mit tollen Ideen verändern, aber die zuständigen, dummen SWR Redakteure beharrten auf ihr olles Konzept. So kann man auch vieles kaputtmachen. Andere Tatorte zeigen wie es besser geht wenn alle an einem Strang ziehen....
Sentinel2003
06.01.2018 15:50 Uhr 2
Jepp, auch Frau Höfels vom Dresdener tatort ist wohl ausgestiegen, weil Sie ihre Figur ebenfalls nicht verändern durfte!! Was zum Teufel ist da los beim tatort?? Laut ARD - Videotext hat Sie ihren Job gekündigt wegen "fehlender künstlerischer Freiheiten"!! Tja, da kann man echt nur spekulieren, ob der Ausstieg im Dortmunder tatort von Stefan Konarske wirklich sein Engement in Frankreich ist, oder, ob das auch was mit "hinter den Kilissen" zu tun hat! Und, hatten Mommsen und Postel auch deswegen keinen Bock mehr??
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