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Die Kritiker: «Tatort: Familien»

Schenk und Ballauf müssen diesmal sowohl einen Mord, als auch eine Entführung aufklären. Trotz kleinerer Mängel zeigt der Kölner Tatort, warum er zu den beliebtesten in Deutschland gehört.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Klaus J. Behrendt als Max Ballauf
Dietmar Bär als Freddy Schenk
Roland Riebeling als Norbert Jütte
Harald Schrott als Ludwig Ritter
Nicole Marischka als Ines Ritter
Hansjürgen Hürrig als Rainer Bertram
Anton von Lucke als Kasper Fröhlich
Johannes Franke als Paul Ritter
u.v.m.

Hinter der Kamera:
Buch: Christoph Wortberg
Regie: Christine Hartmann
Kamera: Peter Nix
Während Familie für den einen Zuflucht und Heimat bedeutet, ist sie für andere gleichbedeutend mit Abhängigkeit und Sehnsucht nach Eigenständigkeit. Aus dieser Ambivalenz ergibt sich ein interessantes Erzählfeld, das gerne in Kino und TV aufgegriffen wird. Auch der neue Kölner «Tatort: Familien» bedient sich dieses Erzählfelds und macht sich die zwangsläufigen Konflikte innerhalb einer Familie für seine Figuren zu Nutze. So ermitteln Schenk und Ballauf in drei verschiedenen Familien zu zwei unterschiedlichen Verbrechen, die selbstverständlich miteinander verknüpft sind:

Ein junger Mann liegt nach der Kollision mit einem PKW tot auf der Straße, neben ihm eine Reisetasche, gefüllt mit 500 000 Euro. Schnell ist die Identität des Opfers geklärt. Es handelt sich um Ivo Klein, der an diesem Abend mit Freunden seinen Junggesellen-Abschied gefeiert hat. Die Fingerabdrücke auf der Tasche und auf dem Bargeld führen Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) zu Rainer Bertram (Hansjürgen Hürrig), einem renommierten Kölner Wirtschaftsanwalt.

Als die Kommissare ihn mit Ivo Kleins Tod konfrontieren, gesteht Bertram, er habe das Geld für eine Lösegeldforderung deponiert. Seine Enkelin Charlotte Ritter wurde gekidnappt, und die Entführer haben gedroht, sie umzubringen, sobald die Polizei eingeschaltet wird. Jetzt beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, um das entführte Mädchen rechtzeitig zu finden. Mutter Ines ist, ebenso wie Vater Ludwig (Harald Schrott) und Bruder Paul (Johannes Franke), krank vor Sorge.

Der Titel «Familien» ist insofern Tatort-typisch, da er recht vage bleibt, den Plot jedoch auf den wesentlichsten Aspekt verdichtet. Drei Familien sind hier gleichbedeutend mit drei schweren Schicksalsschlägen. Da wäre zunächst die junge Familie des Mordopfers: Nach seinem Junggesellen-Abschied wird der junge Vater aus dem Leben gerissen und hinterlässt eine Verlobte, sowie ein gemeinsames Baby. Marie Meinzenbach spielt die Witwe mit unglaublicher Emotion. Ein Auftritt, der den Zuschauer wirklich mitnimmt. Deshalb ist es äußerst schade, dass sie lediglich im ersten Drittel der Geschichte auftaucht und anschließend nicht mehr zu sehen ist. Umso unverständlicher wirkt, dass sich der Krimi zu Beginn enorm viel Zeit lässt, die Überbringung der Todesnachricht und das anschließende verzweifelte Trauern so ausgiebig darzustellen. Die Ermittlungen laufen aber stattdessen in eine andere Richtung.

Das bringt uns direkt zu Familie Nummer Zwei, der Familie des entführten Mädchens. Hinter der Fassade des glücklichen Gemeinschaftsgefühls tun sich Abgründe auf, denn diese Fassade wird nur durch Lügen um der Liebe Willen aufrechterhalten. Den Vater plagen finanzielle Nöte, während der Großvater, ein ehemaliger Staranwalt, nicht weiß wohin mit seinem Geld. Hinzu kommen zwischenmenschliche Konflikte, die unter der Oberfläche brodeln. Während Schwiegervater und –Sohn mehr schlecht als recht miteinander auskommen, verschweigt die Mutter des Mädchens dem Rest der Familie – sowie den Ermittlern – ein düsteres Geheimnis.

Zwischen dieser und der dritten Familie gibt es gleich zwei Verbindungen. Zum einen ist Sohn Kasper (Anton von Lucke) der feste Freund der entführten Charlotte, zum anderen kennen sich dessen Mutter Sandra sowie Charlottes Großvater von einem Gerichtsprozess – mit schwerwiegenden Folgen. Seit dem tödlichen Arbeitsunfall ihres Mannes ist Sandra dem Alkohol verfallen. In den schwierigen Tagen rund um Charlottes Verschwinden greift der Sohn, der sich sonst so rührend um seine Mutter kümmert, ebenfalls zur Flasche. Es handelt sich also um ein großflächiges, jedoch keineswegs verwirrendes, Geflecht von Charakteren, die sinnvoll in die Handlung eingewebt werden.

Den Dreh zum eingespielten Ermittler-Duo Schenk und Ballauf bekommt die Geschichte durch einen kleinen Nebenhandlungsstrang. Freddy Schenk steckt in einer Ehekrise und erst durch den Kontakt und die Aussagen der anderen Familien wird ihm der Wert dieser Beziehung bewusst. Dietmar Bär und Klaus J. Behrendt spielen wieder souverän auf und zeigen, warum sie zu den beliebtesten Tatort-Kommissaren des Landes zählen. Auch das Zusammenspiel mit Jütte (Roland Riebeling) funktioniert wieder bestens. Als treuer Untergebener begehrt er nur halbherzig gegen den Haufen Arbeit auf, mit dem er seitens seiner Chefs konfrontiert wird und sorgt mit spritzigen Dialogen immer wieder für Auflockerungen im sonst ernsten Geschehen.

Die Story bleibt zwar durchgehend spannend, verliert sich jedoch teilweise in falschen Prioritäten. Aufgrund immer wieder kehrender Wendungen bleibt wirklich bis zum Ende unklar, wie es zur Entführung des Mädchens und dem Tod des jungen Vaters kam. Allerdings verschwindet nicht nur dessen Verlobte komplett von der Bildfläche, sondern auch Charlottes beste Freundin. Diese gibt zwar ein paar nützliche Hinweise, für eine beste Freundin wird ihr jedoch erstaunlich wenig Beachtung geschenkt. Im Vergleich zu anderen Tatorten wird besonderes Augenmerk auf die Hintergrundmusik gelegt.

Das Erste zeigt den «Tatort: Familien» am Sonntag, den 6. Mai um 20.15 Uhr.
05.05.2018 11:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/100745
Christopher Schmitt

super
schade


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Familien Tatort Tatort: Familien

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