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Versagensfälle der «Betrugsfälle»: Gewiss nicht mehr nur Unfälle

Seit Wochen Schon wartet die Scripted Reality von RTL meist vergebens auf Erfolgsfälle - stattdessen fällt sie meist mehr oder minder klar durch und schwächt damit auch «Unter uns» massiv. Von gelegentlichen Ausrutschern kann längst keine Rede mehr sein.

Sie sind inhaltlich meist nicht gehaltvoller als eine Vakuumverpackung, stehen bei Menschen, die eine größere Passion für das Fernsehen hegen in etwa auf einem Beliebtheitsniveau mit dem Testbild und einer Signalstörung und fahren auch längst nicht mehr die Einschaltquoten vergangener Tage ein: Scripted Realitys. Dass sie aktuell dennoch nicht massiv vom Aussterben bedroht sind, haben diese Formate vor allem ihrer Wirtschaftlichkeit sowie der Tatsache zu verdanken, dass insbesondere RTL und Sat.1 mit ihren schüchternen und oft eher halbgaren Versuchen, neue Programmfarben in ihrer Daytime zu installieren, zuletzt krachend gescheitert waren. Doch auf manchen Sendeplätzen wird die Not aktuell immer größer, so etwa bei «Betrugsfälle», das mittlerweile um 17 Uhr fast durchweg unter akutem Publikumsmangel leidet.

In den vergangenen drei Wochen etwa erreichten gerade einmal zwei Folgen überhaupt noch die Zweistelligkeit beim werberelevanten Publikum: Die Donnerstagsausgabe vom 15. März, allerdings mit 10,5 Prozent bei 0,43 Millionen auf für RTL eigentlich dennoch zu schwachem Niveau, sowie die aktuellste Montags-Ausgabe mit einigermaßen soliden 11,9 Prozent. Zweimal häufiger wurde seither die Sieben-Prozentmarke verfehlt, wenngleich zumeist nur knapp - bis zu diesem Freitag jedenfalls, wo mit 5,5 Prozent ein neuer Tiefpunkt erreicht wurde. Trotzdem: Für den größten Privatsender Deutschlands, der gemeinhin aktuell auf etwas mehr als zwölf Prozent kommt, ist das deutlich zu wenig.

Beim Gesamtpublikum wiederum müssen sich die Kölner mittlerweile mit gerade einmal noch rund neun Prozent begnügen - ein Niveau, das im nun ja auch immerhin schon fast wieder drei Monate altem Kalenderjahr 2018 bisher genau ein einziges Mal erreicht wurde: Die 1,39 Millionen und 9,4 Prozent vom Montag mögen sich unspektakulär lesen, sind aber tatsächlich das Beste, was man seit November zu leisten imstande war. Auf eine gute Woche kann man dennoch beileibe nicht zurückblicken, denn gleich drei Ausgaben floppten zugleich mit 5,6 bis 6,5 Prozent bei jeweils weniger als einer halben Million Interessenten gehörig. Deutlicher hätte das Publikum also dem Sender kaum aufzeigen können, dass der Mini-Erfolg vom Montag nicht mehr als eine kleine, nette Eintagsfliege war.

März-Bilanz des RTL-Nachmittags

  • «BR» (14h): 0,95 Mio. (8,3% / 10,1%)
  • «VF» (15): 0,83 Mio. (6,4% / 9,2%)
  • «VF»: (16): 1,02 Mio. (7,7% / 8,8%)
  • «BF» (17): 1,09 Mio. (7,3% / 9,0%)
  • «UU» (17:30): 1,08 Mio. (6,4% / 9,5%)
Median-Werte der ersten 15 März-Folgen aller Formate (montags bis freitags).
Aber auch wenn der Fokus dieses Artikels in erster Linie auf «Betrugsfälle» gerichtet ist, sind die massiven Probleme nicht auf dieses Format beschränkt: Die März-Zwischenbilanz liest sich zwischen 14 und 18 Uhr durchgehend bei Jung wie Alt trist, einzig der «Blaulicht Report» erzielte mit seinen ersten 15 Folgen überhaupt noch einen soeben zweistelligen Zielgruppen-Wert (siehe Infobox). Und hier liegt die große Crux der selbst über Jahre hinweg herangezüchteten Monokultur der Scripted Reality: Man müsste gleich vier Programmplätze neu besetzen, das frische Angebot mühsam etablieren und könnte damit auch durchaus krachend scheitern. Vor diesem Kahlschlag sträubt man sich ganz offensichtlich derzeit noch und begnügt sich mit einer wieder einmal leicht veränderten Verpackung ähnlicher Inhalte, mal wieder produziert vom berühmt-berüchtigten filmpool, und verpasst ihr die Dachmarke «Meine Geschichte - Mein Leben» (wir berichteten). Um 15 Uhr. Ob das die zwei Stunden später auftretenden Probleme löst, sollte es überhaupt irgendein Problem lösen? Fraglich.

Die «Betrugsfälle»-Problematik wiederum dürfte sich im März mit den aktuell nur neun Prozent zwar noch einmal dramatischer darstellen als in den drei Vormonaten, doch monatliche Durchschnittswerte zwischen 9,7 und 10,2 Prozent waren nun eigentlich auch schon kein unmissverständliches Plädoyer für ein "Weiter so!". Und allzu großen Hoffnungen in einen wundersamen Umschwung sollte man sich auch nicht machen, denn die Quotentendenz der vergangenen Jahre zeigte ziemlich konsistent nach unten: 2016 etwa hatte man noch auf einen März-Median von 13,4 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen zu verweisen, 2017 rutschte man auf 11,9 Prozent ab - und nun aller Voraussicht nach in die Einstelligkeit. Ein ziemlich dramatischer Rückfall also, der sich da in den vergangenen beiden Jahren aufgetan hat - und der zu allem Überfluss auch noch eine echte RTL-Kultmarke mit ins Elend zieht.

«Unter uns» nämlich ist im direkten Anschluss um 17:30 Uhr aktuell so schlecht unterwegs wie noch nie in seiner über 23-jährigen Fernsehgeschichte (mehr dazu hier). Das dürfte die extrinsischen Handlungsmotivation der Senderverantwortlichen vielleicht noch eher aktivieren als das tägliche Durchfallen einer Scripted Reality, die ohnehin eher der Kostenminimierung dient. «Unter uns» aber ist eine über Jahrzehnte gewachsene Marke, deren Niedergang man nicht einfach hinnehmen kann und wird - und deren massive Probleme bestenfalls unterkomplex mit dem RTL-II-Neustart «Schwestern» zu erklären ist, der gerade mal rund 200.000 Menschen anspricht und selbst in der klassischen Zielgruppe nur an besonders fruchtbaren Tagen überhaupt mal die Vier-Prozentmarke erreicht.

Es spricht also viel gegen eine lange und erfolgreiche Zukunft der «Betrugsfälle» - und dafür? Eigentlich nur noch, dass die Produktion kaum etwas kostet und die Angst davor, mit neuen, wirklich neuen Ideen eventuell auch scheitern zu können. Ein bisschen wenig in einer Medien-Ära, in der sich vor allem die privaten linearen Sender zunehmend auch existenziellere Zukunftsfragen stellen müssen.
24.03.2018 15:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/99871
Manuel Nunez Sanchez

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