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«Detlef Soost»: Frauen sind keine Spielzeuge

Der neue Nachmittags-Talk bei RTL II kommt wenig überraschend daher und bewegt sich zwischen Klischees, Machos und vermeintlich weisen Halbwahrheiten. Reicht das für einen Erfolg?

Hintergrund-Bericht zum Thema

Mit «Detlef Soost» versucht RTL II das Daily Talks in Deutschland wiederzubeleben. Hinter dem Genre liegt eine wilde, erfolgreiche, aber auch vergleichsweise kurze Geschichte. Lesen Sie einen Rückblick von Timo Nöthling mit dem Titel "Deutschland, deine Talkshows: «Detlef Soost» & die Rückkehr des Daily Talks" hier noch einmal nach.
„Man muss sich selber lieben, um einen anderen lieben zu können“, sagt einer der Talkgäste. „Was Du von Dir gibst, wird zu Dir zurückkommen“, wirft eine andere ein, die vorne am Pult steht und mitdiskutiert. Und schließlich ist es Detlef Soost persönlich, der den Masterplan auspackt. „Frauen müssen das Gefühl haben, erobert zu werden“, sagt er. Achso. Überflüssig zu erwähnen, dass man Frauen mit Respekt behandeln sollte und dass sie keine Spielzeuge sind. Das wird im Laufe der Sendung so oder so ähnlich nämlich auch mehrfach betont.

Wenn die erste Folge von «Detlef Soost», der neuen Nachmittags-Talkshow von RTL II, eines zu bieten hat, dann definitiv das: Viele vermeintliche Lebensweisheiten. Dazu: Machos, die sich selbst zu geil für diese Welt finden. Und inmitten dessen einen Detlef Soost, der seinen Job gar nicht schlecht zu meistern weiß. Ja, mit «Detlef Soost» bringt RTL II einen Hauch des Privatfernsehens der 90er Jahre zurück ins TV. Dabei setzt die Sendung inhaltlich keine hochwertigen Akzente, aber bedient sich an altbekannten Formeln. Konnte also die erste Folge von «Detlef Soost» mit einem vermeintlich angestaubten Erfolgsrezept eine neue Generation für sich gewinnen?

Back to the roots


Die erste tägliche Talkshow im deutschen Fernsehen hieß «Hans Meiser». RTL zeigte die Sendung erstmalig am 14. September 1992 - also vor ziemlich genau 25 Jahren. Das Genre boomte danach einige Jahre, sorgte nicht zuletzt für reichlich Krawall am Nachmittag und spülte letztlich auch viele Zuschauer zu RTL, Sat.1 und ProSieben. Seit dem Ende des Sat.1-Talks «Britt» im Jahr 2013 ist es dagegen recht ruhig geworden um die Talks im privaten Fernsehen. RTL versuchte sich im letzten Jahr an einer einmaligen Neuauflage des «heißen Stuhls» - doch an Talkshows mit Normalos traut sich inzwischen kein Privatsender mehr heran.

Umso überraschender mutete es an, als RTL II vor einigen Wochen verkündete, eine neue tägliche Talkshow mit Detlef Soost ins Programm nehmen zu wollen. Der Hintergedanke der Programmplaner dürfte auf der Hand liegen: Wer in den 90er Jahren, als die Talkshows ihren vorläufigen Höchepunkt feierten, Teil des jungen Publikums war, zählt heute mitunter 50 Jahre oder mehr. Zur werberelevanten Zielgruppe gehört er somit nicht mehr - im Gegensatz zu den Jugendlichen von heute, die den Talk-Boom der 90er Jahre zumindest nicht aktiv miterlebten.

„Schön schlank, klein und süß“


„Ich mag es, Menschen in der einen oder anderen Richtung Impulse zu geben (...). Ich möchte ihnen helfen, aus der Opferrolle rauszukommen.“
Detlef Soost über seine neue Sendung in der B.Z.
Folge eins kommt insgesamt recht hervorsehbar daher. Thema der Sendung: „Ich bin zu geil für diese Welt!“. Nach dem Intro und einer kurzen Begrüßung dauert es nicht lange, bis Detlef Soost seinen ersten Gast empfängt. Salvatore ist Macho durch und durch und bedient so ziemlich alle Klischees. So spricht er unter anderem davon, wie man „die Frau erzieht.“ Weiter zählt er auf, worauf es für ihn ankommt: „Schön schlank, klein und süß“ - das sind Eigenschaften, die seine zukünftige Frau einmal haben soll. Von zehn Frauen, die er im Club anspricht, klärt er sich nach eigener Aussage vier (und verabredet sich dann mit ihnen für drei Uhr nachts auf der Toilette). Schade nur, dass eine junge Dame im Publikum eher peinlich berührt zu verstehen gibt, dass Salvatore nicht ihr Typ ist.

Mit der Zeit kommen schließlich weitere Gäste hinzu; zum Beispiel die Schwester von Salvatore, die ihm natürlich widerspricht. Sie findet, dass ihr Bruder „die Frauen verarscht“. Ist der erste Streit also vorprogrammiert? Nicht wirklich. Die beiden tauschen ein paar Halbweisheiten aus, die für die meisten Zuschauer wenig überraschend daherkommen dürften. Zu einem echten Streit kommt es zwischen den beiden aber nicht.

Rein vom Erregungslevel her gesehen, kommt Folge eins von «Detlef Soost» tatsächlich ruhiger daher als so manche Scripted Reality. Robert, der selbst von sich behauptet, einen „krasseren Lifestyle“ zu haben, stößt zwar nicht nur auf Gegenliebe - wirklich provozieren kann er bei den Talkgästen aber auch nicht. Überhaupt liegt die Vermutung nah, dass alles das, was bei «Detlef Soost» passiert, nicht ganz so ernst genommen wird. Zwar gibt es einige Zuschauer im Publikum, die sich in die Diskussion einschalten. Die meisten scheinen aber eher zu "genießen", wenn einer der Machos am Pult mit einem (peinlich-)lockeren Spruch daherkommt. Wobei die Grenzen zwischen "genießen" und "leichtem Fremdscham" fließend sein dürften...

Detlef Soost ist seiner Rolle gewachsen


Bei alledem scheint Detlef Soost die richtige Besetzung für den Posten des Moderators zu sein. Mit seinen Fragen gelingt es ihm, viel aus seinen redseligen Gästen herauszubekommen. Soost ist auf der einen Seite extrovertiert (was für das Sendungskonzept absolut notwendig ist), auf der anderen Seite drängt er sich aber nicht unangenehm in den Vordergrund.

Und trotzdem ändert das natürlich nichts daran, dass das Thema der Auftaktfolge denkbar primitiv ist und die Argumente der Protagonisten entweder klar und deutlich auf der Hand liegen oder eben den gängigen Klischees entsprechen. Von Niveau kann bei Detlef Soosts Talkshow nicht die Rede sein - doch wer hätte das auch schon erwartet? Einen Grimme-Preis haben schließlich auch Hans Meiser oder Oliver Geissen nicht für ihre Talkshows bekommen. Und mit Qualitätsfernsehen haben und hatten Scripted Realitys und Gerichtsshows ähnlich wenig zu tun.

Und so darf man RTL II wenigstens zu gute halten, dass man sich mit «Detlef Soost» um Abwechslung am Nachmittag bemüht. Inmitten von Sitcom-Wiederholungen und Blaulicht-Polizisten kann man zumindest von einem alternativen Konzept sprechen, wenngleich man in Sachen Niveau natürlich keine neuen Maßstäbe zu setzen weiß. Hinzu kommt, dass Soost seinen Job nicht schlechter macht als manch einer seiner Vorgänger im selben Genre. Gut möglich also, dass das Publikum der Sendung eine Chance geben wird.

«Detlef Soost» ist ab dieser Woche immer montags bis freitags um 15 Uhr bei RTL II zu sehen.
18.09.2017 17:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/95897
David Grzeschik

super
schade

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Tags

Britt Detlef Soost Hans Meiser heißen Stuhls

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Es gibt 5 Kommentare zum Artikel
Sentinel2003
18.09.2017 19:46 Uhr 3
Diese Talkshows haben ihren Zenit schon vor Jahren lange überschritten...Inka Bause ist doch vor 3 Jahren im ZDF auch gänzlich gescheitert!
Kingsdale
19.09.2017 09:20 Uhr 4
Nee Leute, das wird nix. Diese Zeiten sind endgültig rum.
Cheops
19.09.2017 18:24 Uhr 5
Die Zeit ist vorbei und Soost ist nicht das Zugpferd, das auch nur irgendwas bewegt!
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