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Sülters Sendepause: Albtraum Wiederaufstieg - wie das TV einem Fan den Triumph versaut

Nie mehr zweite Liga? Nach einem herben Abstieg kehrt das Team des Kolumnisten zurück in die Beletage des deutschen Fußballs. Doch fangen die Probleme damit eigentlich erst an, woran die Medienszene und das Fernsehen einen dicken Anteil haben. Ein Thema wie gemalt für Sülters Sendepause.

Rückblick: Es war hart und dann doch irgendwie schön


Im Mai 2016 verabschiedete sich mein Verein nach einer erneut schmerzhaft schlechten Saison aus der ersten Fußball-Bundesliga. Zum zweiten Mal nach 1975 und zum ersten Mal in meinem Leben und Dasein als Fan hieß es also, den bitteren Gang ins Ungewisse anzutreten. Viele traditionsreiche Vereine waren im Zuge eines Abstiegs schließlich auf die gänzlich schiefe Bahn geraten und jahrelang von der Bildfläche verschwunden. Doch trotz oder gerade wegen eines frühen Trainerwechsels gelang am Ende fast schon souverän die Rückkehr. Dazu gab es einen erstaunlichen Zuschauerrekord, eine erfolgreiche Ausgliederung der Profiabteilung und somit viel Hoffnung auf eine bessere Zukunft bei den großen Tieren.

Erfreulich war während des Intermezzos noch, dass PayTV-Sender Sky bereits seit einigen Jahren auch eine Etage tiefer den Fans alle Spiele zeigt und dieser Kolumnist somit zumindest nicht auf seine wöchentliche Dosis verzichten musste. Bei acht Stunden Anreise wären regelmäßige Heimspielbesuche nicht ganz einfach gewesen. Dass zudem die zweite Liga entgegen ihres Rufs viel Spannung, Tradition, Leidenschaft und Glanz aufweist, ist eine wichtige Erkenntnis, die ich gerne mitnehmen werde. Es hat Spaß gemacht!

Wo also sollte sich hier überhaupt ein Wermutstropfen verbergen? Und wo liegt bei aller persönlicher Freude über die sportliche Entwicklung die Verbindung zur Medienszene?

Zurück und doch außen vor


Nein, eigentlich ist keine Wermutstropfen in Sicht. Attraktive Vereine, Topspieler, tolle Stadien, Millionen von Fans, Kohle satt und die ganz große Bühne gehören ab sofort wieder zu meinem Fan-Alltag. Alles wunderbar also? Denkste. Während Bezahlsender Sky in der kleinen zweiten Liga auch kommende Saison „alle Spiele, alle Tore“ live sendet, darf man sich im Oberhaus über die erstmalige Anwendung der No Single Buyer Rule freuen, die besagt, dass eben nicht mehr nur ein Bieter alle Rechte einkaufen durfte. So verlor Sky also insgesamt 45 Spiele, darunter die Freitagspartien und einige Spiele am Sonntag und Montagabend plus den Supercup und die Relegation an die Discovery-Gruppe und ihren Sender Eurosport.

So weit so gut, hätten Sky und Eurosport einen Weg der Kooperation gefunden. In diesem Fall hätte man den Eurosport-Sender zwar noch zubuchen müssen (was an sich schon ein kleiner Grund zum Meckern wäre), aber immerhin weiterhin alle Spiele an einer Stelle im TV sehen können. Haben sie aber (bisher?) nicht. Wie es aussieht, wird man seitens Discovery gar zu Hardlinern. Einstweilige Verfügung gegen den Sky-Claim „alles Spiele, alle Tore“ und Präsentation der Spiele rein im Stream per Internetseite für ein Jahres- oder Tagesabo. Für Menschen, die eine schwache Internetverbindung oder gar eine Volumenbegrenzung haben (ja, die gibt es) kein Grund zu großer Freude. Teures Bundesligapaket von Sky und dennoch die wöchentlich bange Frage: Sehe ich mein Team überhaupt noch?

Dazu das Verschwinden der Champions League aus dem FreeTV und eine weitere Eindämmung der Faszination des großen Fußballs für alle. Sky und alle Mitstreiter sind zwar für sich genommen durchaus bezahlbar, aber eben nicht für jeden. Gerade für Kinder aus sozialschwachen Verhältnissen war und ist der Fußball eine Brücke - doch muss man auch in der Lage sein, die Helden dort zu verfolgen, wo Zugriff möglich ist. In einer Welt, in der alle großen Sportereignisse nur noch pay even more per view sind, schafft man sich am Ende selber ab. Es bleibt eine elitäre Klasse, die kann und will. Ob das auf Dauer reicht? Den Geist des Fußballs umweht dieser eingeschlagene Weg genauso wenig wie Brausepulver Leipzig, SAP Hoffenheim, VW Wolfsburg oder die beliebten Schnittchen zum Champagner in den VIP-Logen.

Was bleibt also als Hoffnungsschimmer? Der Blick eine Etage tiefer! Mein Lokalverein ist just in die zweite Liga aufgestiegen. Dort gönne ich mir dann immerhin erneut ein Jahr den Luxus, wirklich alles sehen zu können. Ohne Stream, extra Sender und Firlefanz. Und mit vielen Traditionsteams, ehrlicher Arbeit, engen, kleinen Stadien und mehr Maloche als Mordszaster. Dazu einfach im TV - oder sogar im Stadion um die Ecke. Insofern hat der Abstieg meines Vereins zumindest eines gebracht: Eine hohe Wertschätzung für den Fußball jenseits der Fleischtöpfe, wo nichts weniger zählt als wir: Die Fans.

Conclusio


Steckbrief

Björn Sülter ist bei Quotenmeter seit 2015 zuständig für Rezensionen, Interviews & Schwerpunkte. Zudem lieferte er die Kolumne Sülters Sendepause und schrieb für Die Experten und Der Sportcheck.
Der Autor, Journalist, Podcaster, Moderator und Hörbuchsprecher ist Fachmann in Sachen Star Trek und schreibt seit 25 Jahren über das langlebige Franchise. Für sein Buch Es lebe Star Trek gewann er 2019 den Deutschen Phantastik Preis.
Er ist Headwriter & Experte bei SYFY sowie freier Mitarbeiter bei Serienjunkies, der GEEK! und dem FedCon Insider und Chefredakteur des Printmagazins TV-Klassiker und des Corona Magazine.
Seine Homepage erreicht ihr hier, seine Veröffentlichungen als Autor auf seiner Autorenseite.
Selten so frustriert dem Saisonauftakt entgegen gesehen. Mein Dank gilt hierbei den Großkopferten, die mit riesigen Eurozeichen in den Augen nichts mehr von der Realität des Sports mitschneiden und eine Welt der Leidenschaft, leuchtender Kinderaugen und verschwitzter Männerträume auf Autopilot an die Wand fahren. Irgendwann wird damit Schluss sein müssen, irgendwann wird jemand bemerken müssen, dass Volkssport eben auch etwas mit dem Volk zu tun hat. Möglichst noch vor der Wand.

Der Sülter hat für heute Sendepause, ihr aber bitte nicht – Wie sind eure Erfahrungen? Denkt darüber nach und sprecht mit anderen drüber. Gerne auch in den Kommentaren zu dieser Kolumne. Ich freue mich drauf.

«Sülters Sendepause» kehrt in vierzehn Tagen zurück.

Die Kolumne «Sülters Sendepause» erscheint in der Regel alle 14 Tage Samstags bei Quotenmeter.de und behandelt einen bunten Themenmix aus TV, Film & Medienlandschaft.

Für Anmerkungen, Themenwünsche oder -vorschläge benutzt bitte die Kommentarfunktion (siehe unten) oder wendet euch direkt per Email an bjoern.suelter@quotenmeter.de.
01.07.2017 10:40 Uhr Kurz-URL: qmde.de/94098
Björn Sülter

super
schade


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Sülters Sendepause

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Es gibt 7 Kommentare zum Artikel
Nr27
01.07.2017 15:55 Uhr 5
In den meisten Punkten stimme ich Björn ja zu, aber er hat bei den Kommerzvereinen noch Gazprom Schalke, Allianz München und den Hamburger KV (Kühne-Verein) vergessen. Mein Gott, was geht mir dieses ständige Gehetze in den Sportmedien gegen die relativ neuen, von finanzkräftigen Sponsoren gepushten Vereine auf die Nerven - als ob die älteren Clubs in der Hinsicht besser wären. Und die "neuen" setzen wenigstens auf guten, offensiven Fußball - als neutraler Fußball-Fan sehe ich jedenfalls lieber den Offensivfußball von Leipzig oder Hoffenheim als den "ehrlichen", aber langweiligen Betonfußball von etlichen Traditionsvereinen ...
anna96
01.07.2017 19:30 Uhr 6
Hallo Björn, mein Mann und ich haben uns deine Kolumne durchgelesen. Wir werden leider von deiner Kolumne keine Fans mehr, da du nur einen eindimensionalen Blick auf die Dinge wirfst. Wir teilen uns mit meinem Schwager ein Sky-Abo, der Schwager gibt uns 25 Euro und hat den Zweitreceiver zuhause. Wir gehen auch nicht mehr alle zwei Wochen ins Kino, sondern leihen uns bei Amazon einen Film für zwei Euro. Im Kino hätten wir vermutlich 20 Euro ausgegeben, das Geld sparen wir jetzt schon für Sky. Als wir noch kein Sky hatten, ging mein Mann in die Sportsbar oder traf sich bei Freunden. In der Sportsbar kann man auch nur ein Wasser oder eine Cola trinken und muss nicht fünf Bier trinken und ein Schnitzel essen. Wir stimmen dir zu, dass die gemeinsamen Abos zusammen teuer sind. Wobei wir schon seit vielen Jahren einen ähnlichen Preis für Sky bezahlen. Was ist denn nicht teurer geworden? Der Kasten Weißbier kostet inzwischen fast 17 Euro (2011 12€), der Strom und die Mieten sind auch teurer.
Sentinel2003
01.07.2017 22:44 Uhr 7
@Nr27: das RB aber ein krass, reichen Menschen mit ordentlich viel Kohle hat, ist ok, oder was??



Soviel Geld haben viele Traditions Vereine im Leben nicht zur Verfügung!
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