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Die Kritiker: «Matula»

Nach vier Jahren Abstinenz schnüffelt Privatdetektiv Matula wieder im deutschen Fernsehen. Für seinen neuen Fall zieht es ihn hoch in den Norden, wo er im Umfeld eines Forschungsinstituts ermittelt.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Claus Theo Gärtner als Josef Matula
Sinja Dieks als Helen Petersen
Götz Schubert als Dr. Claas Jessen
Thomas Sarbarcher als Rolf Lech
Ulrike Krumbiegel als Ann-Gret Dahus
Anna Böttcher als Gesine Franke
Lutz Herkenrath als Dr. Hans Zerbaum

Hinter der Kamera:
Regie: Thorsten Näter
Drehbuch: Ben Braeunlich
Kamera: Joachim Hasse
Produktion: Odeon TV
Exakt 300 Folgen lang, von 1981 bis 2013, war Claus Theo Gärtner als Josef Matula in der ZDF-Krimiserie «Ein Fall für Zwei» zu sehen, und schrieb somit ein Stück deutsche Fernsehgeschichte. Als Ermittler war er die Konstante im Zweierteam, mit vier verschiedenen Anwälten arbeitete er zusammen. In der neu aufgelegten, gleichnamigen ZDF-Serie hatte er noch einen Gastauftritt. Zu seinem 70. Geburtstag erhielt Gärtner dann nicht nur Glückwünsche aus Mainz, sondern auch das Angebot, erneut in die Rolle des Privatdetektivs zu schlüpfen. Bereits am Karfreitag findet Matulas Wiederauferstehung unter der Regie von Thorsten Näter statt, und es scheint, als sei der Charakter nicht nur gealtert, sondern vor allem der Alte geblieben.

Mehr schlecht als recht schlägt er sich in Frankfurt als Kaufhausdetektiv durch, bis ihn ein neuer Auftrag an die Nordseeküste führt. Matula soll in einer Seniorenresidenz nach dem Rechten sehen. Frau Prof. Wollert, hochdekorierte Wissenschaftlerin und eine alte Bekannte von Matulas Auftraggeber Jessen (Götz Schubert), fühlt sich bedroht.

Im Wohnmobil, gleichzeitig Wohnsitz und fahrbarer Untersatz, verlässt Matula zusammen mit einem Straßenköter seine alte Wirkungsstätte Frankfurt und macht sich auf den Weg nach Norden. Als er dort ankommt, ist Frau Professor Wollert tot. Unglücklich gestürzt in ihrem Zimmer im Seniorenheim. Doch an einen Unfall mag Spürnase Matula nicht so recht glauben. Seine weitere Ermittlung führt ihn zunächst ins Forschungsinstitut Bremerhaven, Prof. Wollerts früherer Wirkungsstätte. Nachdem ihm die Institutsmitarbeiter Ann-Gret Dahus (Ulrike Krumbiegel) und Rolf Lech (Thomas Sarbacher) nicht weiterhelfen können, folgt Matula seiner Intuition und setzt seine Ermittlungen auf einer Nordseeinsel im Wattenmeer fort. Helen Petersen (Sinja Dieks), die junge Frau, die ihm dort begegnet, ist wie er auf der Suche nach der Wahrheit – eine Suche, die Matula beinahe das Leben kostet.

«Matula» verzichtet glücklicherweise darauf, seiner Hauptfigur einen neuen Anstrich zu verpassen und erweitert den über 300 Episoden gewachsenen Charakter vorsichtig um wenige Facetten. Dem Krimi-Special tut der Verzicht auf Experimente durchaus gut, dennoch hätte es ihm nicht geschadet, mehr frische Akzente zu setzen. So findet Claus Theo Gärtner allerdings direkt wieder in seine Parade-Rolle und liefert eine souveräne Leistung als einzig tragender Charakter der Geschichte ab, seine Kollegen tun es ihm gleich.

Aber wie viel der alten «Ein Fall für Zwei»-Folgen steckt in dessen Spin-Off? Freunde der alten ZDF-Serie werden wahrscheinlich ihre Freude an den vielen Anspielungen haben. Das Krimi-Special gibt sich sichtlich Mühe, liebgewordene Routinen in einem neuen Gewand zu präsentieren. Chronisch Pleite ist der Privatdetektiv immer noch und wohnt inzwischen in einem Camper, gegenüber Verdächtigen tritt er immer noch recht ruppig auf und noch immer hat er Schlag bei Frauen, wenngleich seine Charmeoffensiven an den jüngeren Damen inzwischen eher abperlen. Nach wie vor ist er ein Freund unkonventioneller Ermittlungsmethoden, der nach dem alten Prinzip handelt, dass der Zweck die Mittel heiligt. Außerdem muss der Schnüffler wie so häufig Prügel einstecken, und sogar der Dauerbrenner mit dem K.O.-Schlag auf Matulas Hinterkopf findet seinen Platz. Obwohl sich sein neuester Fall im hohen Norden abspielt, wird auch nicht auf das Erkennungsmerkmal verzichtet, einen Rundblick über die Frankfurter Skyline zu bieten.

Der Transfer des kauzigen Charakters in die Neuzeit darf als absolut gelungen bezeichnet werden und bietet dem Krimi Platz für kleine humorvolle Momente rund um den gealterten Haudegen. Etwa wenn sich eine Musik-Kassette im Recorder seines Wohnmobils verheddert oder herauskommt, dass sein Klient ihn über eine Zeitungsanzeige gefunden hat. Dabei entzieht sich Matula nicht den neuen Technologien und verwendet sogar ein Tablet, allerdings nutzt er ein längst überholtes Suchportal, wo er beispielsweise „Agathe Wohlert und Heike“ in das Suchfenster tippt. Die Unbeholfenheit, mit der er das Gerät bedient, regt ebenfalls zum Schmunzeln an. Generell ist das Altern des ehemaligen Polizeiobermeisters mehrfach Thema, was dem eitlen Privatdetektiv überhaupt nicht schmeckt.

Zwar wird versucht, durch flottere Szenen mit spannungsfördernder Musik kleine Kontrastpunkte zu setzen, im Gesamten ist das Erzähltempo jedoch gemächlich. Wirkliche Spannung entwickelt sich erst gegen Ende, wenn auch für den Zuschauer das Muster langsam erkennbar wird.

Matulas trockene Art eignet sich hervorragend zum Schreiben spritziger Dialoge, was sich Buchautor Ben Braeunlich clever zu Nutze macht. Der Lederjackenträger hat immer einen schlagkräftigen, lockeren Spruch auf den Lippen, doch nicht immer trifft dieser auch ins Schwarze. Als guter Zuhörer erweist sich ein zugelaufener Streuner, mit dem Matula schnell freundschaftliche Gefühle verbinden, und der seltene Emotionen bei dem Privatermittler hervorruft. Bleibt der Hund den gesamten Film über ohne Namen, erhält er gegen Ende doch einen. Es ist eine weitere Reminiszenz an die alte Serie.

«Matula» läuft an Karfreitag, 14. April, um 21.15 Uhr im ZDF.
13.04.2017 09:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/92423
Christopher Schmitt

super
schade

87 %
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Ein Fall für Zwei Matula

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