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Die Kino-Kritker: «Sleepless»

Im Remake eines französischen Actionklassikers legt sich Jamie Foxx mit den harten Jungs an. Doch so generisch das auch klingt, so austauschbar ist «Sleepless» letztlich auch geworden. Einzig die Personalie hinter der Kamera ist etwas Besonderes.

Filmfacts: «Sleepless»

  • Kinostart: 9. März 2017
  • Genre: Action/Thriller
  • FSK: 16
  • Laufzeit: 95 Min.
  • Kamera: Mihai Malaimare Jr.
  • Musik: Michael Kamm
  • Buch: Andrea Berloff
  • Regie: Baran bo Odar
  • Darsteller: Jamie Foxx, Michelle Monaghan, Scoot McNairy, Gabrielle Union, Octavius J. Johnson, Tim Connolly, T.I.
  • OT: Sleepless (USA 2017)
Nun hat auch Baran bo Odar den Sprung über den großen Teich geschafft – und ist damit ein deutscher Filmemacher mehr, der sich von den engen Auflagen hiesiger Produktionsschmieden loslöst. Dabei ist sein Hacker-Thriller «Who Am I – Kein System ist sicher» noch einer der erfolgreicheren Genrebeiträge, der es in den vergangenen Jahren auf die nationalen Leinwände geschafft hat. Sogar ein US-amerikanisches Remake des mit Elyas M’Barek, Wotan Wilke Möhring, Tom Schilling und Antoine Monot Jr. so namhaft besetzten Films ist derzeit in Planung. Kein Wunder also, dass man Baran Bo Odar bei seinem Hollywood-Debüt «Sleepless» weitestgehend freie Hand ließ. Ein Vorteil: Als Remake eines französischen Actionreißers war die inszenatorische Richtung des Neunzigminüters von Anfang an vorgegeben. Außerdem schlüpfte niemand Geringeres als Schauspielgröße Jamie Foxx («Annie») in die Rolle des kantigen Undercover-Cops Vincent, der im Original «Sleepless Night – Nacht der Vergeltung» noch von Timer Sisley («Wir sind die Millers») gespielt wird. In wichtigen Nuancen unterscheiden sich die beiden Filme, etwa wenn die Macher der US-Neuauflage den ohnehin rar gesäten Frauenfiguren mehr Screentime und somit Raum zur Entfaltung ermöglichen. Auch der visuelle Umfang von «Sleepless» scheint im Vergleich zu seinem französischen Pendant weitaus größer. Baran bo Odar setzt wie schon in «Who Am I» auf Blockbuster-Hochglanz und schenkt der dreckigen Wackelkamera-Action der Vorlage keinerlei Beachtung. Das führt zwar zu deutlich mehr Übersicht, macht «Sleepless» bis zuletzt aber nur noch generischer. Denn hat man die Actionhits der großen Filmstudios der letzten vier Jahrzehnte gesehen, bietet Baran bo Odars Film nicht viel Neues an der Thrillerfront.

Eine tödliche Nacht


Las Vegas, Nevada. Die Cops Vincent (Jamie Foxx) und Sean (Tip „T.I.“ Harris) arbeiten hin und wieder auf eigene Rechnung. Als sie bei einem nächtlichen Einsatz eine millionenschwere Kokainlieferung erbeuten, haben sie keine Ahnung, dass der Stoff für den mächtigen Casino-Boss Stan Rubino (Dermot Mulroney) bestimmt ist. Der skrupellose Geschäftsmann fackelt nicht lange und kidnappt im Gegenzug Vincents Sohn Thomas (Octavius J. Johnson). So bleibt Vincent keine andere Wahl, als die heiße Ware zurückzugeben – allerdings durchkreuzen eine misstrauische Kollegin (Michelle Monaghan) und ein sadistischer Drogenbaron (Scoot McNairy) immer wieder seine Pläne. Im Lauf einer langen, schlaflosen Nacht muss Vincent all seine Cleverness und Muskelkraft aufbieten, um das Leben seines Sohns und sich selbst zu retten.

Ob John McClane («Stirb langsam»-Reihe), Robert McCall («The Equalizer») oder John Wick: Ein charakterstarker Actionheld ist selbst in austauschbaren Thriller-Szenarien die halbe Miete. Doch schon an dieser Stelle kann «Sleepless» nicht punkten. Jamie Foxx‘ knurriger Cop bleibt anfangs zwar angenehm undurchschaubar, doch kommt erst einmal der sehr geradlinige Entführungsplot ins Rollen, ist für charakterliche Entfaltung kein Platz mehr. Dieser Vincent ist getrieben von der Sorge um seinen gekidnappten Sohn. Die von dem Umstand herrührenden Gewissensbisse, dass mehr oder weniger er es war, der ihn hat in diese Situation kommen lassen, streift das Drehbuch (Andrea Berloff) nur äußerst oberflächlich. Die «Straight Outta Compton»-Autorin konzentriert sich ganz auf Foxx‘ Status als Ein-Mann-Rächer, der immer nur dann kurz Halt macht, um sich mit seiner ihn aufgrund eines Korruptionsverdachts verfolgenden Polizistin Jennifer Bryant in den Haaren zu liegen. Dass die körperlichen wie verbalen Duelle zwischen den beiden Kollegen stets auf Augenhöhe stattfinden, womit sich «Sleepless» stark von der französischen Vorlage abgrenzt, in welcher die Ermittlerin reichlich unerfahren und ihrem Kontrahenten stets unterlegen daherkommt, ist vor allem dem Mitwirken von Andrea Berloff zu verdanken, die sich ganz bewusst dafür entschied, in «Sleepless» auch die Frauen verstärkt zu Wort kommen zu lassen. Dies betrifft bis zuletzt auch Vincents On-Off-Beziehung und Mutter seines Sohnes Dena (Gabrielle Union), der im Shootout-Finale ein wichtiger Auftritt zuteilwird.

Getragen wird «Sleepless» jedoch die meiste Zeit über von der zwar toughen, aber eben auch recht unpersönlichen Performance von Jamie Foxx. Vor allem in den Kampfsequenzen macht der 49-jährige Texaner eine mehr als solide Figur, doch abseits dessen erfährt man kaum etwas über die auf dem Papier so spannende Figur. Gerade Geschichten um Undercover-Ermittler laden dazu ein, die innere Zerrissenheit ebenjener Cops zu sezieren. Im Falle von «Sleepless» widmet sich das Drehbuch dieser Belange nur marginal. Mehr noch: Nach anfänglicher Schockstarre scheint die Rettung seines Sohnes für ihn wie jeder andere Fall auch. Zeitweise wirkt die Gleichgültigkeit gegenüber der von Octavius J. Johnson («Ray Donovan») gespielten Figur des Sohnes Thomas fast verstörend. Das hat allerdings auch seine Vorteile: Die in anderen Filmen gern als bremsender Ballast empfundene Emotionalität steht den sehr flott und dynamisch inszenierten Actionsequenzen nie im Weg. Ob Verfolgungsjagden, wilde Schießereien oder Mann-gegen-Mann-Kämpfe: «Sleepless» rattert das Repertoire handelsüblicher Actionfilme routiniert herunter. Wem das ausreicht, der ist hiermit gut bedient. Vor allem der dem Geschehen zusätzliche Würze verleihende Nebenhandlungsstrang um die wiederum Vincent verfolgende Ermittlerin macht Laune, da Michelle Monaghan («Boston») eine starke Präsenz an den Tag legt.

Im Vergleich zu aktuell das Genre dominierenden Franchises wie etwa «John Wick» muss man bei «Sleepless» allerdings starke Abstriche machen. Wo Chad Stahelski – seines Zeichens Regisseur ebendieser Keanu-Reeves-Reihe – auf der Leinwand ein Feuerwerk visuellen Bombasts entzündet, ist Baran bo Odars Film „nur“ okay. Mit seiner Konzentration auf das innere einer Spielhalle, in der sich ein Großteil der Handlung von «Sleepless» abspielt, schafft der Filmemacher eine beklemmende, fast schon kammerspielartige Atmosphäre, die er mit weitläufigen Panoramen der Spielerstadt Las Vegas anreichert. Die farbenfrohe Kameraarbeit von Mihai Malaimare Jr. («Ruhet in Frieden – A Walk Among the Tombstones») gewährt genügend Übersicht, um dem Geschehen auch in hektischeren Momenten folgen zu können. Selbst der in Actionfilmen gern ein wenig zu dominante Score hält sich im Falle von «Sleepless» angenehm zurück. Was bleibt, ist eine neunzigminütige Hetzjagd zwischen einem vor Sorge getriebenen Undercover-Cop und reichlich klischeehaft gezeichneten Gangstern. Vor allem handwerklich kommt das auf der Leinwand ordentlich zur Geltung, doch wenn in der aller letzten Szene angekündigt wird, dass «Sleepless» der Auftakt zu einer Reihe sein könnte, fragt man sich doch, was an diesem Szenario eine Fortsetzung rechtfertigen könnte. Denn eigentlich ist da nichts, was Lust auf mehr machen würde.

Fazit


Baran bo Odar hat sich mit seiner ersten US-Regiearbeit zwar alles andere als blamiert, doch seinem Actionthriller «Sleepless» mangelt es nicht nur an Persönlichkeit. Vor allem schafft er es nicht, dem Genre neue Facetten beizufügen. Der geradlinig und flott inszenierte Rache-Reißer punktet mit hübschen Schauwerten, doch eine Geschichte wie diese hat man einfach schon viel zu oft – und eben auch besser – gesehen.

«Sleepless» ist ab dem 9. März in den deutschen Kinos zu sehen.


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Wie hieß das Langfilm-Debüt von «Sleepless»-Regisseur Baran bo Odar?

Tipp: Der Titel findet sich auch in der obigen Filmkritik.
Teilnahmeschluss ist am 12. März 2017 um 23:59 Uhr. Viel Glück!

Weitere Informationen zu den Teilnahmebedingungen findet ihr unter http://tinyurl.com/QuotenmeterGewinn.
08.03.2017 13:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/91693
Antje Wessels

super
schade


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