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Der TV-Markt im November: ARD und ZDF atmen durch, VOX verliert auf Höchstniveau

Nach bedenklichen Erosionserscheinungen gelang es den Öffentlich-Rechtlichen nun wieder, etwas Boden gut zu machen. Auch Sat.1 konnte endlich mal punkten, VOX verlor nach seinem Top-Monat leicht.

Nur ein einziges Mal wurde im November eine zweistellige Millionenreichweite ausgewiesen, was einmal mehr dem «Tatort» mit der Folge «Taxi nach Leipzig» gelang. Mit durchschnittlich 11,46 Millionen Fernsehenden erreichte man fast zweieinhalb Millionen Menschen als die zweitstärkste Übertragung des Monats, das Länderspiel der deutschen Nationalelf gegen Italien mit 9,03 Millionen. Dank des Krimi-Dauerbrenners, des Fußballspiels sowie einer «Polizeiruf 110»-Ausgabe, die auf immerhin noch 7,89 Millionen Interessenten gelangte, belegte das Erste Deutsche Fernsehen die Top Five des Monats im Alleingang. Dahinter fand sich RTL ein, das mit dem sportlich nur in sehr engen Maßen attraktiven WM-Qualispiel gegen San Marino immerhin bis zu 7,49 Millionen Menschen erreichte - und auch das ZDF konnte am stärksten mit König Fußball punkten, in diesem Fall konkret mit der Champions-League-Partie von Borussia Dortmund gegen Sporting Lissabon. Das mit Abstand stärkste Unterhaltungsangebot war Florian Silbereisens «Adventsfest der 100.000 Lichter», das am vergangenen Samstagabend durchschnittlich 6,63 Millionen Menschen erreichte.

Beim jungen Publikum kam es derweil auf dem Monatstreppchen zu einer kleinen Überraschung, denn hinter dem «Taxi nach Leipzig» und einem weiteren «Tatort» mit 3,74 bzw. 2,68 Millionen Zuschauern kam Sascha Grammels Live-Programm «Ich find's lustig» mit 2,62 Millionen jungen Menschen und spektakulären 24,3 Prozent Marktanteil über die Ziellinie. Auch beim Gesamtpublikum war die Bauchredner-Comedy in Anbetracht von 6,28 Millionen Interessenten sowie 19,7 Prozent ein herausragender Erfolg am Freitagabend. Weniger überraschend war dagegen das einmal mehr starke Abschneiden der ProSiebenSat.1-Vorzeige-Musikshow «The Voice of Germany», das beide ausstrahlende Sender mit Zielgruppen-Reichweiten von bis zu 2,47 Millionen beglückte und insgesamt auf maximal 4,19 Millionen kam. Allerdings waren die Werte hier zuletzt deutlich rückläufig - und dürften nach den Erfahrungen der Vorjahre im weiteren Verlauf der Staffel eher noch etwas weiter bergab gehen. Sehr gut schnitt aber auch das RTL-Konkurrenzangebot «Das Supertalent» ab, das bei den 14- bis 49-Jährigen zwar mit maximal 2,29 Millionen nicht ganz an «The Voice» heranreichte, dafür aber insgesamt mit bestenfalls 4,83 Millionen sogar noch etwas stärker performte.

Unter den kleineren Sendern ragte auch diesmal wieder VOX aus, wo nach dem Staffelfinale «Die Höhle der Löwen» der zweite Durchgang des «Clubs der roten Bänder» an den Start ging und ausnahmslos herausragend abschnitt. Zwischen 2,71 und 3,03 Millionen Menschen verfolgten die ersten acht Folgen und bescherten dem Privatsender damit grandiose Marktanteile: Zwischen 8,0 und 9,4 Prozent aller bzw. zwischen 14,6 und 18,0 Prozent der werberelevanten Konsumenten wurden verzeichnet, womit die Krankenhaus-Serie der zuvor gezeigten Gründershow in nichts nachstand. Da überdies auch noch «Rizzoli & Isles» und «Grill den Henssler» zu überzeugen wussten, mussten sich kabel eins und RTL II weit hinten anstellen. Ersterer Kanal erzielte im Bestfall mit einer weiteren Präsentation des Action-Klassikers «Rambo» 1,62 Millionen Zuschauer, auch Letzterer verbuchte seine höchste Sehbeteiligung von 1,46 Millionen mit einem Blockbuster: «Fast & Furious - Neues Modell. Originalteile.».


Alle Zuschauer (November 2016)


ALLE ZUSCHAUER (NOVEMBER)
11,2
10,7
12,4
11,9
10,0
10,4
3,5
3,5
5,5
5,8
7,5
7,4
5,1
5,4
3,7
3,9
Marktanteile in %  |  November 2016 ggü. Oktober 2016

Es ist letztlich keine Überraschung, dass das Zweite Deutsche Fernsehen mit 12,4 Prozent die Marktführung und Das Erste mit 11,2 Prozent den zweiten Platz ergatterte, hat sich dies doch zum Standard der vergangenen Jahre entwickelt. Bedeutsamer ist eher der Umstand, dass beide Kanäle hiermit im dritten Anlauf den jeweils bislang besten Wert des aktuellen Fernsehjahres erreichten, nachdem das ZDF zuvor zweimal 11,9 Prozent und die ARD maximal auf 11,0 Prozent gelangt war - und man damit hüben wie drüben den Vorjahreszahlen noch arg weit hinterherhinkte. RTL dagegen wähnte sich zuletzt berechtigterweise auf einem guten Weg, knickte nun als mit Abstand stärkster privater Akteur auf dem Markt jedoch deutlich ein auf nur noch zehn statt 10,4 Prozent. Blickt man auf den Vorjahres-November, hatte allerdings Das Erste die klarsten Einbußen zu verkraften, denn vor zwölf Monaten hatte man noch 11,9 Prozent aller Fernsehenden generiert.

Einmal mehr ziemlich im Niemandsland des Rankings liegt Sat.1, das mit 7,5 Prozent trotz des starken «The Voice» auch im November keinen entscheidenden Schritt nach vorne ging, da vom Casting-Hit abgesehen einmal mehr die Anlässe weitgehend ausblieben, den Bällchensender zu schauen. Das Attraktivitätsdefizit macht sich vor allem im direkten Vergleich mit dem Vorjahr bemerkbar, wo kurz vor Jahresende immerhin noch 7,9 Prozent aller Fernsehenden eingeschaltet hatten. VOX hingegen ist es mit dem «Club der roten Bänder» gelungen, auch nach dem Staffelende von «Die Höhle der Löwen» wieder einen Megahit auf die Reise zu schicken, der dem in der Breite ohnehin gut aufgestellten Programm den entscheidenden Glanzpunkt verpasste. Mit 5,5Prozent konnten zwar die überragenden 5,8 Prozent aus dem Oktober nicht aufrecht erhalten werden, dennoch platzierte man sich klar oberhalb der Erwartungen - und lag erneut vor ProSieben, das mit 5,1 Prozent Verluste auf gewohntem Sender-Niveau zu verarbeiten hatte.

Sehr unspektakulär lief es einmal mehr für RTL II und kabel eins, die sich im Vergleich zum Vormonat ein wenig annäherten. Und auch der kumulierte Marktanteil sämtlicher großer TV-Sender lag mit 58,9 Prozent auf einem Niveau, das man bereits aus den Vormonaten kannte. Blickt man auf den November 2015, ist ein weiterer schrittweiser Fragmentierungsprozess des Fernsehmarktes nicht von der Hand zu weisen, hatten die "Big Eight" doch vor Jahresfrist noch etwas stärkere 59,5 Prozent für sich verzeichnen können. Die wirklich großen Verluste von zum Teil rund anderthalb bis zwei Prozentpunkten, wie man sie in den vergangenen Jahren nicht selten erlebt hatte, scheinen dagegen momentan zumindest erstmal gestoppt - bereits im Oktober hatte man "nur" gut einen halben Prozentpunkt abgeben müssen.


14- bis 49-Jährige (November 2016)


14- BIS 49-JÄHRIGE (NOVEMBER)
6,3
5,9
5,7
5,5
12,8
12,9
5,8
5,9
7,6
7,9
9,3
8,8
10,7
10,8
5,0
5,2
Marktanteile in %  |  November 2016 ggü. Oktober 2016

In der für Privatsender besonders wichtigen werberelevanten Zielgruppe hielten sich die Veränderungen zumindest an der Spitze doch in sehr engen Grenzen: RTL und ProSieben bestätigten die Oktober-Zahlen mit 12,8 bzw. 10,7 Prozent weitgehend, wobei im Falle der Kölner zu erwähnen wäre, dass man den großen November-Sturz des Vorjahres auf 12,3 Prozent ebenso verhinderte wie es im Monat zuvor nicht gelungen war, an die guten 13,3 Prozent heranzureichen, die noch 2015 möglich gewesen waren. Anders als beim Gesamtpublikum vermochte Sat.1 aber zumindest hier, im traditionell «The Voice»-dominierten und damit recht quotenstarken November einen signifikanten Aufwärtstrend auf 9,3 Prozent hinzulegen und somit zumindest einige der Bedenken wieder vom Tisch zu wischen, die nach den äußerst homöopathischen 8,8 Prozent zuletzt bezüglich der Gesamtausrichtung des Senders aufgekommen waren.

Mit Luxusproblemen hatte sich derweil VOX auseinanderzusetzen, ging es hier doch viel mehr darum, nach den herausragenden 7,9 Prozent aus dem Vormonat nicht allzu viel Zuckerguss wieder einzubüßen, von dessen Süße man doch nur allzu gerne geschlemmt hatte. Mit immerhin 7,6 Prozent gelang dies auch vorzüglich, was sich insbesondere daran visualisieren lässt, dass man exakt vor Jahresfrist noch auf gerade einmal 6,5 Prozent der jüngeren Fernsehenden zu verweisen hatte. RTL II lag derweil mit 5,8 Prozent auf gewohntem Niveau, verbesserte sich aber zumindest gegenüber dem mit 5,5 Prozent eher schwachen Vorjahres-Monat, während kabel eins wieder auf 5,0 Prozent zurückfiel und damit im direkten Saisonvergleich ein wenig hinterherhinkt.

Wichtige Signale setzten aber insbesondere auch Das Erste und das ZDF, die beide überhaupt nicht gut in die Saison gestartet waren, nun aber zumindest moderate Gewinne für sich beanspruchen konnten. Das Erste lag dabei angesichts von 6,3 Prozent einmal mehr vor dem öffentlich-rechtlichen Mitbewerber, der sich mit 5,7 Prozent zu begnügen hatte. Ein Grund zur Freude sind diese Zahlen allerdings beileibe noch nicht, denn selbst mit ihnen hinken beide Kanäle noch immer den Werten aus den vergangenen Jahren zurück. Für die Gesamtperformance der großen deutschen Sender galt dies ausnahmsweise einmal nicht, denn mit zusammengerechnet 63,2 Prozent platzierte man sich sowohl oberhalb der 62,9 Prozent aus dem Oktober als aber auch insbesondere oberhalb der 62,4 Prozent aus dem Vorjahres-November - ein mittlerweile seltener Anblick auf dem TV-Markt.


Alle Zuschauer (Fernsehjahr)


ALLE ZUSCHAUER (FERNSEHJAHR)
11,0
11,6
12,1
12,4
10,2
10,2
3,5
3,5
5,6
5,2
7,6
7,6
5,1
5,3
3,8
3,8
Marktanteile in %  |  Sep. 2016 – Nov. 2016 ggü. Sep. 2015 – Mai 2016

Im direkten Saisonvergleich schlägt sich derzeit noch der äußerst schwache Auftakt der öffentlich-rechtlichen Sender nieder, sodass vor allem Das Erste mit nur 11,0 statt 11,6 deutliche Verluste zu beklagen hat, während selbige im Zweiten mit 12,1 statt 12,4 Prozent noch recht moderat ausfallen. RTL weiß dieses Laissez-faire allerdings auch nicht so recht zu nutzen und steht mit derzeit 10,2 Prozent einmal mehr an der Schwelle zur Einstelligkeit - welche für die Kölner historischen Charakter besäße, lag man doch bis vor wenigen Jahren noch verlässlich bei etwa 13 Prozent des Gesamtpublikums. Bei Sat.1 kann man sich nach aktuellem Stand Hoffnungen machen, zumindest einmal eine Saison ohne weitere Verluste hinzulegen. Auch das hätte fast schon historischen Wert, immerhin musste der Bällchensender seit 2009/10 kontinuierliche Verluste von 10,4 Prozent auf zuletzt nur noch 7,6 Prozent verkraften.

Etwas weiter hinten ist auch ProSieben gefährdet, ein weiteres Fernsehjahr mit rückläufigen Zahlen hinzulegen - hier wäre es das dritte in Folge, nachdem man im Mai 2014 noch 5,7 Prozent vorzuweisen hatte. Umso bemerkenswerter ist angesichts dessen die derzeitige Entwicklung von VOX, das nach dem ersten Drittel der Saison tolle 5,1 Prozent vorzuweisen hat und damit ein deutliches Plus gegenüber den drei Vorjahren hinlegt, in denen jeweils 5,2 oder 5,3 Prozent verzeichnet worden waren. Ganz hinten spricht derzeit vieles für Konstanz, was insbesondere für RTL II ein Grund zum Durchatmen gewesen wäre. Denn nach der höchst erfreulichen Saison 2012/13 waren die Grünwalder zuletzt kontinuierlich in die falsche Richtung unterwegs und legten insbesondere zuletzt mit 3,5 statt 3,9 Prozent einen bedenklichen Sturz hin.

Alles in allem sieht es nach dem siebten Jahr in Folge aus, in dem die großen acht Fernsehsender an Relevanz einbüßen - wenngleich mit derzeit 58,9 statt 59,6 Prozent bei weitem nicht so stark wie in den Vorjahren, in denen teilweise über zwei Prozentpunkte verloren gegangen waren. Vergleicht man die derzeitige Lage mit jener vor sechs Jahren, lässt sich von einem dramatischen Aderlass sprechen. Die Saison 2009/10 war einst noch mit über 69 Prozent Marktanteil bestritten worden.


14- bis 49-Jährige (Fernsehjahr)


14- BIS 49-JÄHRIGE (FERNSEHJAHR)
6,0
6,7
5,6
5,8
13,0
13,2
5,8
5,8
7,7
6,7
9,1
9,0
10,4
10,9
5,1
5,2
Marktanteile in %  |  Sep. 2016 – Nov. 2016 ggü. Sep. 2015 – Mai 2016

Enttäuschend ist für sieben von acht Sendern auch einmal mehr die Entwicklung der Werte beim jungen Publikum, wo nach aktuellem Stand viele Verluste und kaum Gewinne zu Buche stehen. RTL verliert erneut moderat an Zugkraft und muss insbesondere jetzt im Dezember schauen, im Gegensatz zum Vorjahr nicht wieder allzu sehr abzurutschen und es dem mit «DSDS» und Dschungelcamp gewiss auch diesmal wieder starken Januar allzu schwer zu machen, die zu den 13,2 Prozent nötigen Körner aufzupicken. Bei ProSieben liest sich die Bilanz mit einem Sinkflug von 10,9 auf 10,4 Prozent vielleicht etwas zu dramatisch, was am mit nur 9,7 Prozent völlig verkorksten September liegt - seither ist man dem Vorjahres-Durchschnitt zumindest wieder sehr nah gekommen.

Ein Exot in der obigen Tabelle ist derweil VOX, das mit 7,7 Prozent einen deutlichen Satz gegenüber den 6,7 Prozent aus dem vergangenen Jahr macht und im kommenden Halbjahr schon reichlich Fehler machen müsste, um den deutlichen Abwärtstrend der vergangenen drei Jahre nicht zu beenden. Ein schönes und bedeutsames Ausrufezeichen ist dieser Erfolg branchenintern vor allem auch deshalb, weil er dem Privatsender nicht mit reißerischem und billigem Trash geglückt ist, sondern die Väter des Erfolgs nahezu ausschließlich auch qualitative Vorzeige-Produkte sind. Das komplett konträre Image hierzu hatte RTL II zuletzt verlustreiche Jahre beschert, diesmal scheint jedoch Entspannung auf mäßigem Niveau einzusetzen.

Und bei den Öffentlich-Rechtlichen müsste das ZDF seine Bemühungen um die jungen Zuschauer so langsam einmal intensivieren, wenn sich die Mainzer nicht noch weiter von der Sechs-Prozentmarke entfernen möchten. Das Erste hatte sich hier in den vergangenen Saisons weitaus besser verkauft und in den letzten vier Jahren stets zwischen 6,5 und 6,9 Prozent generiert, dafür könnte der Absturz diesmal aber umso dramatischer ausfallen. Die sechs Prozent, die aktuell auf dem Papier stehen, dürften sicherlich nicht den Ansprüchen der Programmverantwortlichen genügen. Trotz des deutlichen Sprungs von VOX würden die großen Acht nach derzeitigem Stand abermals etwa einen halben Prozentpunkt gegenüber der Vorsaison einbüßen, derzeit kommt man auf 62,7 statt 63,3 Prozent. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 hatte man noch auf 74,2 Prozent, also fast drei Viertel aller Fernsehenden, zu verweisen.
01.12.2016 09:18 Uhr Kurz-URL: qmde.de/89704
Manuel Nunez Sanchez

super
schade

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