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Die Kino-Kritiker: «Bad Neighbors»

In seiner neuen Komödie «Bad Neighbors» wirft «Männertrip»-Regisseur Nicholas Stoller einen Blick hinter den Gartenzaun zweier Nachbarn, die sich so gar nicht miteinander arrangieren können und wollen.

Filmfacts: «Bad Neighbors»

  • Kinostart: 8. Mai 2014
  • Genre: Komödie
  • Laufzeit: 93 Min.
  • FSK: 12
  • Kamera: Brandon Trost
  • Musik: Michael Andrews
  • Autor: Andrew J. Cohen, Brendan O'Brien
  • Regie: Nicholas Stoller
  • Darsteller: Seth Rogen, Zac Efron, Rose Byrne, Christopher Mintz-Plasse, Dave Franco, Lisa Kudrow
  • OT: Neighbors (USA 2014)
Bei einer repräsentativen Umfrage der GfK gaben 2013 rund 38 Prozent der Deutschen an, schon einmal wegen größerer oder kleinerer Nachbarschaftsstreitigkeiten vor Gericht gestanden zu haben. Eine erstaunlich hohe Zahl, die sich aus Lärmbelästigung, Behinderungen durch Autos, aber auch Partys oder gar Kinder ergibt. In den USA ist die Prozentzahl derartiger Streithähne zwar ein wenig kleiner, die Ausmaße der Konflikte jedoch um ein Vielfaches größer: Das Vorurteil, die US-Amerikaner würden nur zu gern zur Schusswaffe greifen, um Haus und Hof zu verteidigen, bewahrheitet sich mit einem Blick auf Polizeistatistiken. Ein Film zum Thema blieb dennoch lange aus. Bis jetzt! Regisseur und Drehbuchautor Nicholas Stoller, der vor seiner Nachbarschaftsposse «Bad Neighbors» bereits derbe Comedies wie «Männertrip», aber auch hintersinnige Beziehungskomödien à la «Fast verheiratet» inszenierte, lässt in seinem neusten Streifen das gestresste Elternpaar Sadner (Seth Rogen und Rose Byrne) gegen eine halbstarke Studentenverbindung antreten. Das genüssliche Zelebrieren diverser Gemeinheiten bietet dem komikaffinen Publikum allerhand kurzweilige Schenkelklopfer. Doch die Halbwertszeit von «Bad Neighbors» ist gering; es fehlen die Reibungspunkte, die dem Film einen kultigen Charakter verleihen könnten, wie ihn etwa «Hangover» oder zum Teil noch jüngere Projekte wie «Wir sind die Millers» aufweisen.

Mac und Kelly haben ihre wilden Party-Zeiten hinter sich. Die frischgebackenen Eltern genießen nun das besinnliche Leben am Stadtrand. Doch diese Idylle endet schneller als erwartet, als eine Horde lautstarker Studenten der Delta-Psi-Verbindung in ihre direkte Nachbarschaft zieht: Rücksicht? Nachtruhe? Hilfsbereitschaft? Das sind Fremdwörter für die partywütigen Studenten. Angeführt vom charismatischen Studenten Teddy (Zac Efron) feiern sie ein feuchtfröhliches Fest nach dem anderen. Auf der einen Seite wollen Mac und Kelly ihren Traum vom lauschigen Vorstadtidyll nicht aufgeben. Auf der anderen Seite wollen sich die Mittdreißiger beweisen, dass sie sich trotz allem ein Mindestmaß an Coolness bewahrt haben. So versuchen sie zunächst, keine Spielverderber zu sein und aus dieser ungemütlichen Situation das Beste zu machen. Doch die wilden Partys der Studentenverbindung werden immer ausufernder – und die Beziehung zwischen den Nachbarn immer angespannter. Man sabotiert sich, stellt sich gegenseitig bloß und versucht dem jeweils anderen das Leben zur Hölle zu machen. Die Lage spitzt sich dermaßen zu, dass entweder die College-Kids aus der Siedlung geworfen werden – oder das junge Ehepaar den letzten Funken gesunden Verstand einbüßen wird, das ihnen noch geblieben ist. Schließlich eskaliert der Nachbarschaftsstreit zu einer wahrlich epischen Schlacht, die für alle Beteiligten unvergesslich bleiben wird.

Unter Berücksichtigung der Erwartungshaltung an «Bad Neighbors» – Trailern und Werbekampagnen zufolge nicht mehr und nicht weniger als eine auf viel Slapstick und Situationskomik setzende Komödie – tut der Film all das, was er soll, um in seinem Genre zu bestehen. Adrew J. Cohen und Brandon O’Brien, die mit «Jungfrau (40), männlich, sucht…» schon einmal gemeinsam ein Comedy-Skript verfassten, geben ein sehr hohes Tempo vor und überzeugen vor allem in Sachen Dynamik; sowohl unter den einzelnen Darstellern, als auch im Storyverlauf. Zudem lässt Regisseur Nicholas Stoller auf der Leinwand viel passieren. Wenn der Plot gerade keine drehbuchbedingten Sprünge macht, überzeugt Stollers Inszenierung durch überbordende Bilder und visuellen Humor. Stichwort: Trampolin.

Zwar sind viele der Gags neu und in der hier dargebrachten Form tatsächlich richtig komisch – Seth Rogen («Das ist das Ende») stellt vor allem in den improvisierten Passagen einmal mehr sein ungeheures Talent für komödiantisches Timing unter Beweis. Gleichzeitig krankt das Skript an den schwach geschriebenen Charakteren. «Brautalarm»-Zicke Rose Byrne und Seth Rogen fehlt das gewisse Knistern untereinander, um glaubhaft ein sich liebendes Ehepaar zu verkörpern. So entsteht keine Fallhöhe vom ungestörten zum durch die Nachbarn vermiesten Familienleben – auch, weil der Zuschauer von der Harmonie vorab kaum etwas zu sehen bekommt. Viel zu schnell zieht die Studentenverbindung in das Nachbarhaus ein und viel zu zügig eskaliert daraufhin der Streit. Doch wirklich nahe geht dem Zuschauer dieser nicht: Teenieschwarm Zac Efron («Für immer Single?») ist als Bösewicht einfach zu charmant. Derweil ergeben ausgerechnet er und Seth Rogen ein großartiges Duo. Das Highlight dieser ungewöhnlichen Kombination ist ein gemeinsamer Auftritt vor einem „Abercrombie & Fitch“-Store. So wird die Prämisse (ungewollt) ad absurdum geführt und die Ausgangslage des Konflikts ist nichtig: Als Zuschauer findet man sich schließlich weder auf der Seite Efrons, noch auf der Seite der Sadners wieder.
Ohne den ständigen Gut-gegen-Böse-Reiz verliert sich «Bad Neighbors» im Laufe der Zeit in seiner, für sich allein stehend betrachtet, mauen Storygrundlage. Das angespannte Verhältnis des Ehepaares scheint mal beliebig über den Zaun gebrochen, mal schlüssig und konsequent. Sentimentalitäten wirken wie mit dem Holzhammer in der Szenerie untergebracht, um den zum Großteil doch reichlich infantilen Humor auszugleichen. Dabei hätte «Bad Neighbors» das alles gar nicht nötig, würde der Film sich nicht für mehr verkaufen wollen, als er ist. Als Aneinanderreihung von Schenkelklopfern funktioniert die Komödie nämlich ganz vortrefflich – ganz wie es sein soll. Hinterfragt man die Story, bricht das Comedy-Kartenhaus jedoch in sich zusammen. Da der Kinobesucher von heute kritischer ist denn je, wird nur den wenigsten Zuschauern das „Hirn-aus-Film-an“-Prinzip in Gänze zusagen.

An der Seite des Dreiergespannes Rogen-Byrne-Efron beweist sich Dave Franco («21 Jump Street»), der als bester Kumpel Zac Efrons ebenfalls ungeahnte, komödiantische Fähigkeiten an den Tag legt. Seine zunächst nur als kleine Nebenrolle angelegte Figur erwächst schließlich zu einem wichtigen Konfliktpunkt innerhalb der Geschichte und beweist ein wenig, wo in «Bad Neighbors» die Schwachstellen liegen. Der Streit zwischen Efron und Franco, der aus einer tiefen Männerfreundschaft heraus entsteht, zeigt perfekt, wie sich das Verhältnis der eigentlichen Hauptfiguren hätte entwickeln sollen. Mit einem Augenzwinkern liefern die beiden Darsteller ganz großes Drama; den Fluss des komödiantischen Schwerpunktes stört das nicht und sämtliche Verwicklungen wirken glaubhaft und nachvollziehbar.

Fazit: «Bad Neighbors» hat die guten Gags, um als Komödie zu funktionieren. Leider verliert die Ausgangslage ihren Reiz schneller, als es die Trailer vorab ankündigten.

«Bad Neighbors» ist ab dem 8. Mai 2014 in den deutschen Kinos zu sehen.
07.05.2014 09:30 Uhr Kurz-URL: qmde.de/70521
Antje Wessels

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