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Der Fernsehfriedhof: Der Telefon-Troll

Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 62: Die legendäre, interaktive Gameshow mit Sonja Zietlow.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir einer Sendung, die wie kaum eine andere technische Innovationen ins Fernsehen brachte.

«Hugo» wurde am 18. April 1994 im Kabelkanal geboren und eröffnete ein neues Zeitalter interaktiven Fernsehens. Die Sendung verband die zu jener Zeit immer beliebter werdenden Computerspiele mit dem Medium Fernsehen. Im Zentrum stand der titelgebende Troll, der durch allerhand gefährliche Computerwelten geführt werden musste, um dessen Familie aus den Klauen der bösen Hexe Hexana befreien zu können. Die Spielfigur wurde dabei von Anrufern übers Telefon gesteuert. Anders als beim «Sat.1 Superball» oder beim «ZDF Glückstelefon» erfolgten die Kommandos nicht mehr durch einfaches Hereinrufen der Befehle, sondern dank der immer größeren Verbreitung von Mehrfrequenzwahltelefonen durch Drücken der Ziffern auf dem heimischen Tastentelefon. Auf diese Weise reiste Hugo durch eine dunkle Mine, tauchte im tiefen Meer oder fuhr mit einem Ballon hoch über den Wolken. Auf seinem Weg musste er wie bei einem gewöhnlichen Jump ‚n’ Run-Spiel Hindernissen und Fallen ausweichen und gleichzeitig Goldsäcke einsammeln. Der Anrufer, der drei Mal in eine tödliche Falle tappte, verlor das Spiel.

Moderiert wurde die Spielshow im Laufe ihrer Geschichte von unterschiedlichen Gesicherten, von denen einige große Bekanntheit erlangten. Zunächst führten Judith Hildebrandt, Minh-Khai Phan-Thi und Sonja Zietlow durch die Show. Nach rund einem Jahr wurde letztere durch Yvette Dankou ersetzt.

Zu sehen war «Hugo» im werktäglichen Nachmittagsprogramm. Die Mischung aus Unterhaltungssendung und Computergame wurde ein riesiger Erfolg für den noch kleinen Sender, der ab dem 24. Dezember 1994 in kabel eins umbenannt wurde. Daher wurde die anfängliche 30-minütige Sendezeit ab Mai 1995 auf eine volle Stunde ausgeweitet und zeitgleich auf 17.30 Uhr und damit deutlicher in Richtung Vorabend verlegt. Dazu kam als neues Element der Sendung: das sogenannte «Hugo»-Mobil, das durch Deutschland fuhr und Fans vor Ort zum Spielen einlud. Zeitgleich entwickelten die Macher die Aufnahmetechnik weiter, sodass ab der Verlängerung aus einem komplett digitalem Studio gesendet werden konnte, was zu dieser Zeit revolutionär war. Um die digitalen Hintergründe berechnen zu können, die auch mit Schwenks und Zooms synchronisiert wurden, waren einige der leistungsstärksten Grafikcomputer der Welt nötig.

Im Oktober des Jahres setzten die Produzenten dann noch einen drauf und ließen den kleinen Troll als virtuelle Figur als Co-Moderator im Studio erscheinen. Hugo war damit die erste live virtuell animierte Fernsehfigur Deutschlands. Damit gelang den ausführenden SZM Studios ein wahrer Meilenstein. Um die Figur live zu animieren, musste ein echter Schauspieler hinter den Kulissen in ein Stahlgerüst steigen, sodass dessen Bewegungen von einem Computer erfasst werden konnte. Die Herausforderung war es nun seine Bewegungen und die der Moderatorin so abzustimmen, dass sich diese nicht gegenseitig behinderten. Schließlich agierten beide Akteure nicht im selben physischen Raum.

Trotz aller technischen Raffinessen bekam die immer stärkere Ausweitung der Show – es kam mit der «Hugo – Show» eine Best-Of-Ausgabe am Wochenende hinzu – dem Format nicht gut, denn es setzte eine Übersättigung ein. So kam es, dass ab August 1996 die Sendezeit wieder auf eine halbe Stunde gekürzt wurde. Ende 1996 wurde sie dann sogar komplett aus dem täglichen Programm genommen. Im folgenden Jahr tauchte der kleinen Troll nur noch im morgendlichen Zeichentrickprogramm am Wochenende in zehnminütigen Ausgaben zwischen den Serien auf. Auf einen klassischen Moderator verzichtete man und ließ Hexana (gespielt von Julia Haake) durch die Spiele führen. Am 27. Dezember 1997 verschwand die Spielshow dann vorerst aus dem Programm.

Ab 04. Mai 1998 wurde das Format dann jedoch noch einmal vom Kindersender Nick im werktäglichen Nachmittagsprogramm reanimiert. Dort konnte die Sendung allerdings nicht an ihre einstigen Erfolge anknüpfen und verschwand bereits nach einem Monat endgültig aus dem deutschen Fernsehen.

«Hugo» wurde am 05. Juni 1998 beerdigt und erreichte ein Alter von 861 Folgen. Die Show hinterließ die Moderatorinnen Judith Hildebrandt, die später als Darstellerin in «Marienhof» und «Sturm der Liebe» Erfolge feierte, Minh-Khai Phan-Thi, die nach einer Karriere als VIVA-Moderatorin ebenfalls eine Schauspielkarriere begann und unter anderem in «Sonnenallee» und «Post Mortem» zu sehen war sowie Sonja Zietlow, die mit ihrer eigenen Talkshow «Sonja» in Sat.1, dem RTL-Dschungelcamp und der Ranking-Show «Die Zehn...» zu einer der erfolgreichsten Frauen im deutschen Fernsehen wurde. Zusätzlich brachte das Format knapp 50 Versionen von käuflichen Computerspielen hervor.

Möge die Show in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann Jörg Draegers kryptonischem Faktor.
19.11.2009 09:51 Uhr Kurz-URL: qmde.de/38542
Christian Richter

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Tags

Die Zehn... Fernsehfriedhof Hugo Hugo – Show Marienhof Post Mortem Sat.1 Superball Show Sonja Sonnenallee Sturm der Liebe ZDF Glückstelefon

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