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Die Kritiker: «Spurlos in Marseille»

Aus einem entspannten Urlaub wird ein Höllentrip entlang der französischen Mittelmeerküste, und schuld sind wieder einmal die Banken.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Fabian Busch als Bruno
Sabrina Amali als Aliya
Jeanne Tremsal als Katja
Gitta Schweighöfer als Ruth
Mehdi Meskar als Yaro
Michael Rotschopf als Steinhoff
Christian Kuchenbuch als Dr. Eberhardt

Hinter der Kamera:
Produktion: Lailaps Pictures GmbH und Neon Productions
Drehbuch: Gernot Krää
Regie: Roland Suso Richter
Kamera: Max Knauer
Produzent: Nils Dünker
Es könnte so schön sein: Katja (Jeanne Tremsal) käme mal raus aus ihrem stressigen Job in der „Deutschen Allgemeinen Zentralbank“ in einem dieser seelenlosen Frankfurter Glasfronthochhäuser, und Hausmann Bruno (Fabian Busch) wäre zwei Wochen weg von den Kindern. Deshalb also Pärchen-Urlaub in Porquerolles an der französischen Riviera, ausspannen, relaxen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen.

Wäre Katja nur nicht nachts mit irgendeinem Jean-Luc in einer schummerigen Marseiller Bar verabredet, aus der sie nicht mehr herauskommt. Und weil wir im eher lässig-erotischen Südfrankreich sind, kann Bruno da noch so schnell von „genervt“ auf „panisch“ umschalten: Für die Polizisten aus der Provence ist er nur ein weiterer naiver gehörnter Ehemann, dem im Angesicht romanischer Leidenschaft seine teutonische Grobschlächtigkeit zum Verhängnis geworden ist. Kein Grund zur Beunruhigung.

Immerhin findet er in der kettenrauchenden und gut in die Unterwelt vernetzten Taxifahrerin Aliya (viel beinhärter als dieser Film: Sabrina Amali) eine Verbündete, die dank ihrer Zeit in Rosenheimer Ankerzentren auch verdammt gutes Deutsch spricht und so dem monoglotten ARD-Publikum allzu viele Untertitelungen erspart. Dabei würde man diesen Film sogar weitgehend verstehen, wenn man auf Sprache gleich gänzlich verzichtet hätte. Der weitere Plot in Kurzform: Der Waschlappen Bruno und die straßenkluge Aliya stolpern in ein paar Leichen, legen sich mit den falschen Typen an, werden von ihnen vermöbelt, suchen Speichermedien mit dubiosen Daten und sind rasch einer ganz großen Verschwörung auf der Spur – in deren Zentrum natürlich die „Deutsche Allgemeine Zentralbank“ steht, für die die verschwundene Ehefrau arbeitet.

Dass der Name ihres Arbeitgebers der generischste ist, den man sich für eine solche Institution ausdenken könnte, ist Programm in diesem Film. Denn an der Verschwörung an sich – wer zu welchen Zweck und zu wessen Gunsten welche Geldbeträge von wohin nach wohin verschoben hat – hat «Spurlos in Marseille» keinerlei Interesse. Dieser Umstand soll allein als Motor fungieren, um die Geschehnisse ins Rollen zu bringen – wie Vincent Vegas Köfferchen.

Um die frappierende Leere des zugrundeliegenden Rätsels nicht störend wirken zu lassen, müsste das Figurengeflecht nun umso eindrucksvoller ausfallen. Das ist jedoch der wundeste Punkt dieses Films – und der eigentliche Grund für seine besonders generische Wirkung. «Spurlos in Marseille» verlässt sich allein auf eine ansprechende Bildgestaltung, an der die Urlaubssehnsuchtskulissen größeren Anteil haben als inszenatorisches Können, und treibt seine Protagonisten stur von der einen Verfolgungsjagd hin zum nächsten Überfall am Mittelmeerstrand. Zeit fürs Reflektieren nimmt sich der Film nur in wenigen Momenten, in denen Aliya routiniert ihre Flüchtlingsbiographie herunterrattert und Bruno einmal aufs Neue seine deutsche Naivität zur Schau stellt.

Das Erste zeigt «Spurlos in Marseille» am Samstag, den 19. September um 20.15 Uhr.
18.09.2020 11:45 Uhr Kurz-URL: qmde.de/121464
Julian Miller

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Spurlos in Marseille

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