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Die Kritiker: «Tot im Wald»

Im neuen Sat.1-Film streifen Anja Kling und Britta Hammelstein durch düstere Brandenburger Wälder, wo immer wieder Menschen verschwinden. Irgendwo wird der böse Wolf schon lauern...

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Anja Kling als Hannah Mangold
Britta Hammelstein als Lucy Palm
Patrick von Blume als Max Albers
Fahri Yardim als Aktan Gül
Dirk Borchert als Ulf Habermann
Andreas Lust als Harald Kurtz
Sebastian Zimmler als Hannes Stiller

Hinter der Kamera:
Produktion: Ninety-Minute Film GmbH
Drehbuch: Stefanie Veith und Matthias Tuchmann
Regie: Florian Baxmeyer
Kamera: Peter Krause
Produzenten: Alicia Remirez und Ivo Alexander Beck
Das Thema Wald scheint Fernsehmacher in dieser Saison besonders zu faszinieren: Noch vor wenigen Wochen tollten dort niedliche anthropomorphe Eichhörnchen und Dachse herum, woraus RTL II eine putzige, mit ironisch-selbstreferentiellen Off-Kommentaren gespickte Spätabend-Show zimmerte.

«Tot im Wald» fasst den Spielort, wie es der wenig einfallsreiche Titel schon auf den Punkt bringt, hingegen eher als düster und unwirtlich auf. Wo Sonja Zietlows Plüschorgie einer halluzinär-heiteren Wandervogel-Exkursion glich, landet man beim neuen Sat.1-Film eher auf den Spuren der Gebrüder Grimm: An jeder Ecke lauert der böse Wolf, hier dargestellt von einem sonderbaren Trio aus heimgekehrten Afghanistan-Soldaten mit ziemlich offensichtlich sadistischen Neigungen. Der Eine lässt in einem völlig verfallenen Landhaus seinen verhassten Schwiegervater verrotten, nachdem seine Frau sich in der verschimmelten Wohnküche die Rübe weggepustet hat, die zwei anderen halten den umliegenden Wald in Schuss, wo in den letzten Jahren sechs Menschen spurlos verschwunden sind.

Diese Informationen hat die Berliner Polizistin Lucy Palm (Britta Hammelstein) in mühsamem Aktenstudium zusammengetragen: das Rotkäppchen der Geschichte. Sie lässt nicht mehr locker und bittet eine alte Kollegin um Mithilfe, die man auf dem Revier nur „die Irre“ nennt, seitdem sie aufgrund ihrer Panikattacken in den Keller abgeschoben wurde, wo sie Akten aus den 60er Jahren ins System kloppt: Hannah Mangolds (Anja Kling) Antidepressivakonsum bringt sie zwar sogar an den Rand des Sorgerechtsverlustes, aber Rotkäppchen Lucy ist sicher, den Fall nur mit ihrer Hilfe lösen zu können.

Während Lucy nun durch die Wälder streift und die tumben Soldaten bei ihrer degenerierten Freizeitbeschäftigung beobachtet, pflegt Hannah undercover den Patriarchen im vermoderten Landgut: Sequenzen, die wohl sogar Thomas Bernhard zu trostlos wären, und die mangels authentischer Abgründigkeit doch jede dramaturgische Zielsetzung verfehlen.

„Die sind nie aus dem Krieg zurückgekommen“, mag eine treffende Diagnose der psychopathischen Gemütslage der Brandenburger Soldatenjäger sein, doch weil die psychologische Ursachensuche konsequent bei dieser Verkürzung bleibt, wirkt sie gleichsam inhaltsleer und oberflächlich. Ebenso wenig vermag «Tot im Wald» tiefer in das Atmosphärische vorzubringen. Man muss nicht auf das Meisterwerk der unheimlichen Natur- und Kleinstadtserie «Twin Peaks» zurückgreifen, um hier eklatante erzählerische Defizite auszumachen. Es reicht schon der Blick zum deutschen «Weinberg». Anstatt die düsteren Abgründe in all ihrer Vielgestaltigkeit vorzuführen, bleiben sie bloße Kulisse für einen generischen Krimi, der noch dazu um alberne Polizei-Nebenbaustellen erweitert wird: Aus der Asservatenkammer wurden ein paar Tausend Euro entwendet, und der Dezernatsleiter will Rotkäppchen und ihrer Helferin aus dem Keller die Waldspaziergänge verbieten, weil das Revier mit anderen Fällen ohnehin genug zu tun hat: unnötiger erzählerischer Ballast.

Was nach dem zu lange hinausgezögerten Finale übrig bleibt? Die Erkenntnis, sich lieber gleich auf knuffige Eichhörnchen zu beschränken, wenn man vor den düsteren Aspekten des Waldes ohnehin zurückschreckt.

Sat.1 zeigt «Tot im Wald» am Montag, den 18. November um 20.15 Uhr.
18.11.2019 10:29 Uhr Kurz-URL: qmde.de/113738
Julian Miller

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Tot im Wald Twin Peaks Weinberg

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Es gibt 3 Kommentare zum Artikel
Rebecca Azimut
18.11.2019 12:19 Uhr 1
Naja, ganz so "neu" ist der Film nicht mehr, liebe Redaktion. Im Rahmen der Thriller Offensive wird der 2012 gedrehte Film nun halt noch mal aufgelegt.
BungaBunga
18.11.2019 17:06 Uhr 2
Ja die Vorposterin schreibt es bereits, der Film wird mit dem Produktionsjahr 2013 deklariert, der Film dürfte also schon vor Jahren ausgestrahlt worden sein, hier wird es sich um eine erneute Verwertung handeln.



Edit: Scheint gerade auch aktuelle technische Probleme zu geben. In den Kommentaren auf der Quotenmeter-Seite gibt es noch einen Kommentar, der wurde aber nicht hier in diesen Kommentarbereich übernommen.
Kaffeesachse
18.11.2019 19:11 Uhr 3

Doch, doch, alles bestens. Das hier ist halt nun mal trotzdem immer noch das Forum, wo Debüt-Kommentare immer noch freigeschaltet werden müssen. ;)
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