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Die Kritiker: «Merz gegen Merz»

Mit Annette Frier und Christoph Maria Herbst vor der Kamera sowie «Stromberg»-Schöpfer Ralf Husmann hinter den Kulissen hat «Merz gegen Merz» zumindest personell ideale Voraussetzungen. Wird daraus ein neues Serienschmuckstück?

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Christoph Maria Herbst als Erik Merz
Annette Frier als Anne Merz
Philip Noah Schwarz als Leon Merz
Michael Wittenborn als Ludwig Reichert
Claudia Rieschel als Maria Reichert
Bernd Stegemann als Günter Merz
Carmen-Maja Antoni als Renate Merz

Hinter der Kamera:
Produktion: Network Movie Film- und Fernsehproduktion GmbH
Headautor und Creative Producer: Ralf Husmann
Autoren: Sonja Schönemann, Christian Martin und Ralf Husmann
Regie: Jan Markus Linhof und Felix Stienz
Kamera: Eddie Schneidermeier und Brendan Uffelmann
Produzenten: Silke Pützer und Wolfgang Cimera
Die Ehe von Erik (Christoph Maria Herbst) und Anne Merz (Annette Frier) ist am Ende. Doch eine Trennung würde sich schwierig gestalten – nicht einmal so sehr wegen der nötigen Rücksicht auf den fünfzehnjährigen Sohn Leon (Philip Noah Schwarz), sondern wegen des mittelständischen Familienbetriebs, der Annes Eltern gehört und der von Erik als Geschäftsführer geleitet wird. Da Annes Vater (Michael Wittenborn) zunehmend an Demenz leidet, dabei aber zunächst nur die unwichtigen Dinge – etwa den Namen seiner Tochter – vergisst, muss Erik sich im Betrieb behaupten und Wasser auf die Mühlen des zunehmend fahrigen Schwiegervaters gießen, der Frauen für Führungsaufgaben für völlig ungeeignet hält.

Während sich alle für einen Kampf um die Unternehmensführung in Stellung bringen, beginnt zwischen Erik und Anne auch im Privaten die große Scharade: Jeder macht dem anderen vor, wie glücklich er über die Trennung ist: Zum ersten Mal Freiheit, das sei ganz wunderbar, sie fühle sich wie die Ossis ’89, jauchzt Anne bei der hoffnungslos überforderten Paartherapeutin, und wirft zuhause schon Mary Roos‘ Trennungshymne „Aufrecht geh’n“ an, bevor Erik ebenfalls ein gespieltes Einsamkeitsglück vorstottert. Doch noch besser als die Zuschauer durchschauen die Beiden selbst das Spiel des jeweils anderen.

Darin liegt eine von zahlreichen Quellen der schier unversieglichen Komik, aus denen Ralf Husmann und sein Autorenteam opulent schöpfen. Schon die Idee einer Scheidungskomödie erfordert Mut und eine gewisse erzählerische Selbstsicherheit, ist dieses Thema in komödiantischer Auffassung doch bisher allenfalls in tiefschwarzer Konterkarierung wie in Danny DeVitos «Rosenkrieg» bearbeitet worden. So weit will «Merz gegen Merz» aber nicht gehen und weder stilistisch in Kämpfe in Kronleuchtern noch erzählerisch in bestialischem Ehegattenhass ausarten.

Exzentrisch wird es trotzdem: Dafür sorgen nicht nur das wunderbare Dialogfeuerwerk, bei dem einem die cleveren Spitzen nur so um die Ohren fliegen, sondern auch die exzentrischeren Nebenfiguren, die hauptsächlich in Form von Eriks bodenständig-provinziellen Eltern und Annes altreicher Etepetete-Familie auftreten. Dass die Demenz ihren Vater etwas wunderlich macht, darf ebenfalls Anstoß für herrliche Einfälle sein – und um die Figur mit Witzen auf Kosten ihrer Krankheit nicht zu entwürdigen, sorgen Husmann und ihr Darsteller Michael Wittenborn nicht nur für eine besonders liebenswert-nahbare Zeichnung, sondern finden auch sehr ergreifende Momente echter Traurigkeit, in denen – auch das ist wunderbar beobachtet und feinsinnig eingeflochten – die Familie ganz kurz wieder zueinanderfindet. Dass diese Episoden sehr schnell wieder ins Komische umgemünzt werden, degeneriert sie derweil nicht zum unaufrichtigen Feigenblatt, sondern ist der goldrichtigen Auffassung von Komik und Tragik geschuldet, die in «Merz gegen Merz» keine polaren Gegensätze, sondern klugerweise einander ergänzende Seiten derselben Medaille sein dürfen.

Mit Hauptdarstellern wie Annette Frier und Christoph Maria Herbst konnte dieses Format natürlich nur gewinnen, und beiden gelingt es erwartungsgemäß vortrefflich, diese haargenau geschriebenen Figuren noch um einige einfallsreiche Nuancen zu erweitern. Schöpfer und Headautor Husmann mag die Vergleiche mit seiner beliebtesten Serie «Stromberg» vielleicht leid sein, aber sie drängen sich hier nicht nur wegen Herbsts Mitwirkung ein wenig auf: Denn was «Stromberg» für den Midlife-Bürohengst war, der im mittleren Management feststeckte, und die hoffnungslosen Untergebenen, die sich von ihm tyrannisieren lassen mussten, ist «Merz gegen Merz» für die Spätphase einer Ehe: perfekt beobachtet, genau richtig zugespitzt, schonungslos in der unbändigen Tristesse und doch zum Schreien komisch. Diese Serie ist ein Fest.

Das ZDF zeigt acht Folgen von «Merz gegen Merz» am Donnerstag, den 18. April ab 22.15 Uhr, am Samstag, den 20. April ab 21.45 Uhr, am Ostersonntag, den 21. April ab 22.05 Uhr und am Ostermontag, den 22. April ab 22.00 Uhr, jeweils in Doppelfolgen. Das ist kein Witz. Ab dem 23. April ist die Serie auf DVD und Blu-Ray im Handel erhältlich.
16.04.2019 12:16 Uhr Kurz-URL: qmde.de/108656
Julian Miller

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Rosenkrieg Merz gegen Merz Stromberg

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